Wir werden in dieser Lektion etwas voranschreiten, und auch etwas wiederholen, was wir schon gelernt haben, und werden auch versuchen, das, was wir studieren, mit dem, was wir fühlen, und in unserem Inneren passieren müssen zu verbinden, von unserer Stufe, unserem jetzigen Zustand, bis zum Gmar Tikkun (der Endkorrektur).
Wie üblich fangen wir beim Beginn an.
Der Wunsch der höchsten Kraft ist es, Ihre Geschöpfe zu erfüllen. Sie schuf das Geschöpf, welches Wille zu empfangen heißt, in vier Phasen. Das Licht schuf also in vier Phasen das Gefäß (Kli), den Willen zu empfangen- einen Willen, der das Licht als Genuss wahrnimmt. Damit einher nahm es aber das Licht als den Geber des Genusses wahr. Das erklärten wir an einem Beispiel vom Gast und Gastgeber. Der Gast- sagen wir, ich, der vor einem Tisch mit Köstlichkeiten (Genüssen) steht- es ist das Licht, welches kommt und mich erfüllt; und damit einher fühle ich denjenigen, der mich erfüllt- den Gastgeber.
Als Ergebnis davon, dass ich sowohl den Tisch mit Genüssen, als auch den Gastgeber wahrnehme, kann ich mich nicht einfach dem Tisch nähern und mir nehmen. Der Gastgeber stört mich. Dadurch, dass er da ist, sagt er mir sozusagen, dass ich der Empfänger bin, und er- der Geber ist. Er ist höher als ich. Dieses Gefühl ist mir so unangenehm, dass ich es bevorzuge, nichts zu empfangen, um nur nicht zu fühlen, dass ich der Empfänger bin. D.h. die Empfindung des Gastgebers ist viel größer als die Empfindung des Genusses.
Also entscheidet das Kli, dass es nichts empfangen wird, nur um nicht fühlen zu müssen, dass es der Empfänger ist. Also vertreibt es aus seinem Inneren sowohl den Genuss, als auch die Empfindung des Gastgebers. Dieser Zustand heißt der erste Zimzum.
Nun bleibt das Kli - das gleiche Geschöpf- leer, und dieser Zustand heißt die Welt des Zimzum (Olam haZimzum). Anschließend überlegt es: was soll ich nun tun? Durch die Situation, wie sie jetzt ist- ich bin leer- tue ich weder mir, noch dem Gastgeber einen Gefallen, also muss man etwas an ihr verändern. Also überlegt es wieder: wie kann man das machen, warum will ich nicht empfangen? Weil der Gastgeber größer ist, Er ist der Geber. Ich bin also in der Tat eifersüchtig, weil der Gastgeber gibt. Vielleicht kann ich auch der Gebende sein? Wenn der Gastgeber so groß ist, der Schöpfer ist, dann kann ich vielleicht wie Er werden, geben- aber wie kann ich geben? Ich kann auf sehr einfache Weise geben: der Gastgeber möchte, dass ich genieße, er will also. Er hat einen Willen, einen Mangel. Wie eine Mutter, die ihrem Kind etwas geben möchte. Wenn das Kind es nicht annehmen möchte, dann leidet die Mutter. Wenn das Kind klug ist, dann überlegt es: dann kann ich also empfangen, nicht weil ich möchte, sondern weil meine Mutter es will. Dann werde ich also wie meine Mutter sein!
Dann beginnt das Geschöpf, sich selbst zu einem Geber umzubauen. Es nimmt sich sein Kli vor, und sagt sich: ich stelle vor mich einen Masach. Der Genuss wird samt des Genussgebers zu mir gelangen, samt des Schöpfers, und ich werde ihn zurückweisen. Ich will ihn nicht empfangen- nicht für mich selbst, und ich berechne, dass ich von dem, was kommt, nur annehme, um damit dem Geber Genuss zu bereiten. Folglich empfange ich also, und gebe dadurch. Wenn ich das also mit der richtigen Intention (Kavana) tue, dem Geber Genuss zu bereiten, dann werde ich durch das Empfangen selbst zum Geber, ich werde dem Gebenden, dem Gebensakt gleich- als würde der Schöpfer mir geben, und ich, das Geschöpf, Nivra, würde Ihm geben.
Er bereitet mir Genuss, und ich bereite ihm Genuss. Er ist ein Geber, und ich bin ein Geber. Folglich sind wir gleich - es ist nicht so, dass Er oben steht, und ich unten stehe, sondern durch diese Handlung beginnt das Geschöpf, dem Schöpfer gleich zu sein, auf der gleichen Stufe zu stehen. Das Geschöpf, welches erst in der vierten Phase hervortrat, gelangt sozusagen nach dem Zimzum und Aufstellung des Masach durch diese Berechnung zu einem Zustand, in dem es dem Schöpfer tatsächlich ähnelt. Es kehrt sozusagen dazu zurück, wie der Schöpfer zu sein, auf Seiner Stufe zu stehen, sozusagen zu dem Zustand, der existierte, bevor es erschaffen wurde und auf die Welt kam. Dieser heißt der Schöpfungsgedanke, die Geschöpfe zu erfüllen- dass der Schöpfer das Geschöpf schuf und ihm die Möglichkeit gab, zu dem Zustand zu gelangen, so zu sein wie der Schöpfer selbst.
D.h. der Schöpfer schuf das Geschöpf „nach unten", unter sich, gab aber diesem Geschöpf die Möglichkeit, zu einer qualitativen Angleichung mit dem Schöpfer zu gelangen, d.h. über die Stufe aufzusteigen, auf dem es geboren wurde, sozusagen in der Zeit über dem Zeitpunkt der eigenen Kreation zu sein. Diese Intention- die Tatsache, dass der Schöpfer dies von Anfang an beabsichtigte, heißt Machschewet HaBrija, der Schöpfungsgedanke, der Gedanke der ganzen Weltschöpfung.
Später werden wir die sehr vielen Vorgänge studieren, die in der Schöpfung stattfanden, wobei wir immer im Gedächtnis behalten müssen, dass diese Absicht- sie heißt Machschewet HaBrija- die ganze Schöpfung (Brija) umschließt, die sich gänzlich in ihr befindet; alles ist drin, und dieser Gedanke- Machschewet HaBrija- wirkt in allem, und tut alles, ordnet alles; und durch sie, von ihr, steigen alle Befehle, und alle Kräfte, und alles, was es bei uns gibt, und was mit uns geschieht, zu uns ab- all das existiert eben nur, weil der Schöpfungsgedanke es so in Bewegung versetzte.
Auch in unserem Privatleben geschieht also nichts, nicht im Gedanken und nicht in der Tat, mit niemandem, nicht mit mir, nicht mit euch, und nicht mit irgendeinem Insekt, oder Tier, oder Pflanze, mit niemandem geschieht etwas, was nicht aus diesem allgemeinen Gedanken resultiert, der die ganze Wirklichkeit und alle Welten umschließt; und er stoßt alle Einheiten der Schöpfung zu dem gleichen höchsten Zustand an, nämlich dazu, dass alle Teile der Wirklichkeit zur qualitativen Übereinstimmung mit dem Schöpfer gelangen müssen. Das wird im eigentlichen Sinne am Ende unserer Entwicklung geschehen- mit jedem, wie Baal Sulam zu Beginn des Artikels „Einführung in den Aufbau der Welten" schreibt, dass sowohl die unlebende, also auch die pflanzliche und die tierische Natur gemeinsam mit dem Menschen auf diese hohe Stufe aufsteigen, denn der ganze Wille, den der Schöpfer schuf, schließt in der Tat alle ein: alle Welten, und alle, die es in den Welten gibt, alle werden zu dem Zustand gelangen, in dem sie dem Schöpfer gleich sein werden.
Anschließend haben wir besprochen, wie der Schöpfungsgedanke beginnt, sich zu realisieren. Hier gibt es einige Dinge, die wir dem voranstellen müssen. Man kann das, was wir studieren, von Beginn an erklären - wie das im Ergebnis der Kollision zwischen den Lichtern und den Gefäßen ineinander fließt - zwischen dem Licht, und dem Willen (Razon), in welchen es eintritt; und man kann es auch vom Gegenteil erklären, dass nämlich das Endziel alles, was in der Mitte stattfindet, und alle Vorgänge (Handlungen) unterwegs zwangsweise bedingt.
Wir werden also den Prozess sowohl auf die eine, als auch auf die andere Weise erklären, denn in Wirklichkeit ist es unwichtig, wie man ihn erklärt, weil er vom gleichen Schöpfungsgedanken ab- und geschlossen ist; wie wir ihn also auch berühren, werden wir immer sehen, dass dieser Prozess gerechtfertigt ist: sowohl wie er an sich selbst in jedem einzelnen Punkt ist, als auch am Ende, dass nämlich das Ende diesen Prozess zwangsweise bedingt, und er auch genau so abläuft.
Wir haben besprochen, dass die gleiche Malchut, die einen Zimzum ausführte, das Licht vertrieb, und anschließend die Entscheidung traf, dass sie mittels eines Masach empfangen würde, auf eine andere Weise eingezeichnet werden kann (siehe Abbildung). Wir zeichnen sie als einen vertikalen Strich an, wobei der Teil an ihr, der Überlegungen anstellt, Rosch (Kopf) heißt. Wir zeichnen ihn oben an. Der Teil, der ein wenig empfängt, der die Kraft hat, Genuss zu empfangen, und dabei daran zu denken, dass er dadurch dem Schöpfer Genuss bereitet- dieser Teil heißt Toch. Der Teil, der nicht empfangen kann, weil er es nicht schafft, während er den Genuss empfängt an den Schöpfer zu denken, weil der Genuss anscheinend „zu gut schmeckt", zu groß ist, dieser Teil bleibt leer, er nimmt ihn nicht an; dieser Teil heißt Sof.
Das höchste Licht kommt an und möchte eintreten. Es stößt auf den Masach, der es ihm nicht erlaubt, ins Innere zu treten. Der Masach steht am Pe; er berechnet, wie viel man empfangen kann und wie viel nicht, und entscheidet, einen Teil aufzunehmen. Das ankommende Licht heißt Or Jaschar (das direkte Licht); das Licht, welches zurückgewiesen wird, heißt Or Choser (das zurückkehrende Licht), das Licht, welches ins Innere eintritt, heißt Or Pnimi (inneres Licht); sagen wir, das innere Licht beträgt zwanzig Prozent, von den Hundert Prozent des Lichtes, die ankommen. Das Licht, welches draußen bleibt, heißt Or Makif. Dieses beträgt achtzig Prozent; es bleibt draußen und wird nicht vom Kli aufgenommen, weil ihm gegenüber im Sof des Kli achtzig Prozent des Gefäßes leer bleiben. Der Ort, bis zu welchem das Licht vordringt und sich in das Kli einkleidet, heißt Tabur (Nabel). Das Ende des ganzen Kli heißt Sijum. Das können wir ebenfalls an dem Kli anzeichnen, welches wir zuvor hatten (siehe Abbildung). Wir zeichnen das aber von oben nach unten, vertikal an. So ist das in der Kabbala üblich, weil es uns in dieser Form leichter fällt, Zeichnungen darüber anzufertigen, wie sich Kelim mithilfe des Lichtes entwickeln; es gibt noch keine Geschöpfe, es gibt noch keinen Menschen, keine Welten, sondern es gibt erst noch die ursprüngliche, elementare Zelle, aus der sich noch alles entwickeln wird.
Wir wissen, dass bei jeder Sache, die sich entwickelt, aus ihrer ersten, elementaren Form heraus anschließend Entwicklung, Akkumulation stattfindet, und so geschah das auch hier. Wir zeichnen außerdem von rechts nach links, und nicht von links nach rechts, wie gewöhnlich, weil es so im Judentum üblich ist. Woher stammt das? Unsere Sprache haben wir aus dem Aramäischen, der Sprache, welcher man sich bediente, als Abraham noch Beduin war, und in Mesopotamien lebte, im antiken Irak. Als Abraham eine Offenbarung von oben zuteil wurde, und er begann, das Spirituelle zu erkunden, entdeckte er, dass das Spirituelle das Geben ist. Und das Geben im Spirituellen gehört zu der rechten Seite. Weil wir daher von der Entwicklung vom Schöpfer aus sprechen, wie sich alles vom Schöpfer aus Richtung der Geschöpfe entwickelt, sagen wir immer, dass der Schöpfer zur Rechten ist, und sich also alle Zeichnungen von rechts nach unten und links entwickeln. Denn das passt zu dem gleichen Konzept, welches wir im Spirituellen haben, denn der Gebende heißt rechts und oben, und der Empfänger heißt links und unten. So sehen alle unsere Zeichnungen aus.
Was geschieht alles in allem in diesem Vorgang, wenn dass Kli zum ersten Mal das Licht empfängt, um dem Schöpfer zu geben? Woher weiß es, wie eine richtige Berechnung anzustellen ist? Denn eine Berechnung muss vollzogen werden, noch bevor man die Genüsse empfängt. Wir sagen also, dass das gleiche Licht, welches das Kli im Zustand vier vor dem Zimzum ausfüllte, Reschimot hinterließ, und zwar Reschimot vier- vier, Arba de-Itlabschut und Arba de-Aviut. Was heißt Arba de-Itlabschut und Arba de-Aviut? Reschimo bedeutet Roschem, Eindruck: was habe ich, was hatte ich. Ich hatte den Willen- den größten Willen, welcher als Wille Nummer Vier bezeichnet wurde; und ich hatte das Licht, ein großes Licht einher mit dem Willen, welches ebenfalls als Nummer Vier bezeichnet wurde. Sogar nachdem es zu einem Zimzum kam, und das Kli leer blieb, blieb in seinem Inneren ein Reschimo, eine Erinnerung, dass ich einmal mit meinem starken Willen eine Erfüllung erhielt.
Als es nun eine Berechnung anstellen möchte, wie viel es mit der Absicht zu geben empfangen kann, weiß es, dass es Reschimo Vier vom Licht und Reschimo Vier vom Kli hat. Danach berechnet es, ob es empfangen kann oder nicht. Es erinnert sich, dass es sehr große Wünsche hatte, und dass diese Wünsche mit sehr großen Genüssen erfüllt wurden, und welche Erfüllung welchem Wunsch in ihm gegenüber stand. So schaue ich mir einen Tisch an, und vor mir befinden sich viele Genüsse: Fleisch, Fisch, Salat, es gibt Früchte, Gemüse, Brot, es gibt vielleicht noch unterschiedliche Arten von Käse, Süßigkeiten... Ich schaue mir alle diese Dinge an, ich weiß, was sie sind. Ich weiß, wie viel Gewicht an Genuss es in ihnen gibt. Warum? Weil ich sie schon einmal geschmeckt habe, und deswegen erinnere ich mich, deswegen weiß ich, und diese Erinnerung heißt Reschimo. Ohne das ist man nicht existenzfähig.
Auch bei uns, in unserer Welt, wenn wir ohne Reschimot aus der Vergangenheit bleiben, sehen wir sofort wie Verrückte aus. Ein Mensch, dessen Reschimo ausgelöscht wurde, heißt senil, es ist eine Gedächtnisschwäche, die gerade in hohem Alter sehr verbreitet ist, wenn sich der Mensch an etwas nicht mehr erinnern kann; wenn man aber einem Menschen alle Reschimot aus dem Kopf, aus dem Gedächtnis auslöscht, dann weiß er überhaupt nicht, wie er in dieser Wirklichkeit zurechtkommen kann. Deswegen sehen wir hier, woher das herrührt, dass immer in einem Gefäß, das erfüllt war, und danach leer wurde, ein Eindruck vom vorhergehenden Zustand hinterlassen wird. Wir werden später studieren, wie man von diesem Eindruck genießen kann. So erinnern wir uns manchmal: einmal war ich, einmal machte ich, einmal genoss ich... wie gut das doch war. Das hat auch zur Ursache, dass wir in uns Reschimot haben. Manchmal laufe ich an irgendeinem Ort vorbei, und rieche plötzlich etwas, und werde daran erinnert, was mir vor zwanzig Jahren zugestoßen ist. Das heißt auch Reschimo. So haben wir von allen Dingen Reschimot, und wir sind uns gar nicht bewusst, wie weit wir ständig anhand der Reschimot, die wir hatten, Berechnungen anstellen; je mehr Reschimot daher ein Mensch hat, desto weiser gilt er, weil er eine Grundlage hat, um auf ihr eine exaktere Berechnung durchzuführen. Deswegen heißt es: Keiner ist weiser als der Erfahrene, oder Nur wer erfahren ist, ist auch weise, denn aus seiner Erfahrung blieb dem Menschen ein Eindruck, und aus ihm heraus führt er richtigere Kalkulationen durch.
Wenn wir aber keine Kalkulationen aus der Vergangenheit haben, dann müssen wir an die Zukunft denken- vielleicht wird es so sein, vielleicht wird es anders sein, und daher ist es ein großes Problem; denn wenn ich nicht weiß, wenn ich keine Erinnerungen habe, aus denen ich die Zukunft exakt kalkulieren könnte, dann stecke ich in einer schlechten Situation.
Und das ist tatsächlich das, was mit uns in dieser Welt geschieht. Der Mensch befindet sich auf dem Pfad der Geschichte - zeichnen wir das ein, mit Marken von, sagen wir, Null, Tausend, Zweitausend, Dreitausend Jahren usw. Angefangen vom ersten Menschen (Adam Rischon) bis heute sind 5765 Jahre vergangen. Wenn ich Reschimot aus der Vergangenheit sammele, die Summe aller meiner Reschimot, dann kann ich wissen, was ich passiert habe. Aber aus dem, was ich passiert habe - sogar wenn ich die ganze Geschichte der Menschheit nehme, und daraus sehr klug werde, weiß ich noch immer nicht, wie ich zu kalkulieren habe, um irgendeinen nächsten Schritt zu machen. Bei uns, in unserer Welt, geben mir die Reschimot aus der Vergangenheit keine Grundlage, um einen richtigen Schritt zur nächsten Situation vorzunehmen. Deswegen irrt sich die Menschheit ständig, weil sie nicht weiß, wie sie anhand der Vergangenheit kalkulieren kann, damit es ihr in der Zukunft gut gehen würde. Sogar wenn wir an der Spitze unserer Gesellschaft, an der Spitze der Menschheit die weisesten Menschen aufstellen, können sie trotz alledem nicht richtig kalkulieren- wir sehen, dass wir uns ständig irren! Und keiner, weder die Wissenschaftler, noch die Psychologen, oder Journalisten, keiner kann sagen, wie es für uns gut ist, uns zu entwickeln, um zurechtzukommen.
Es weiß noch nicht einmal jemand, was auf der Börse mit der Währung sein wird, was uns der morgige Tag bringen wird. Warum? Sehr einfach: wir haben schon besprochen, dass in der Welt der Unendlichkeit das Kli erfüllt war, und zwar war es zu Hundert Prozent mit allem erfüllt, was vom Schöpfer kommt; als es sich anschließend leerte, blieb ihm das Reschimo Vier-Vier mit allem, was nur sein kann. Es unternimmt dann eine partielle Kalkulation, es sagt: ich werde ein wenig empfangen; aber es hat eine Quelle, um diese Kalkulation über dieses wenige vorzunehmen, denn das ist bekannt! Von all dem Licht, welches zu ihm kommt, und von all dem Willen, über den es verfügt, nimmt es eben ein wenig. Es hat eine sichere Basis, um fehlerfrei zu handeln, und keine Misserfolge zu ernten.
Wir aber stehen im Dunkeln, wir können niemals richtig kalkulieren. Ob ganz zu Anfang oder ganz zu Ende der Menschheitsgeschichte: wenn wir wüssten, wohin wir am Ende unserer Entwicklung bei der Marke von sechs Tausend Jahren, gelangen müssen, - wenn wir wüssten, was uns dort erwartet (Vier- Vier), wenn wir das von Anfang an wüssten, würden wir richtig kalkulieren können. Aber dazu müssen wir diese Vier- Vier kennen, die Kalkulation von dem, was wir am Ende der Entwicklung haben werden.
Deswegen sagen die Kabbalisten, dass die Menschheit keine Wahl hat: die Menschen müssen zu einem Zustand gelangen, an dem sie den Endzustand sehen werden, und ausgehend von ihm die alltäglichen Entscheidungen treffen werden.
Deswegen kann man in dieser Welt ohne die Wissenschaft der Kabbala nicht zurechtkommen. Denn diese Reschimot, die richtige Kalkulation, die richtige Formel, kann man nur aufstellen, wenn man den Endzustand kennt, in dem sich das ganze Licht im ganzen Gefäß aufhält, und das ganze Gefäß seinerseits eine Kalkulation hinsichtlich des Lichtes vollzieht, so, dass es sich dem Licht angleicht, wobei das Kli Vier im Geben entgegenbringt, und Vier im Empfangen aufnimmt.
Ohne diese Kenntnis ist keine einzige Tätigkeit in dieser Welt richtig- ohne ein Kabbalist zu werden, der den letzten Zustand sieht, weil er in die Welt Azilut aufsteigt; wenn er auf diese Stufe, die Stufe der Welt Azilut aufsteigt, dann sieht er das Ende, und kann ausgehend davon richtig berechnen. Wir haben ein wenig von den Reschimot gesprochen, nur um zu verstehen, wie wichtig diese Sache ist, und wie wichtig es daher ist, den Endzustand zu kennen, und nur von ihm ausgehend zu kalkulieren.
Deswegen heißt es einerseits, wie wir gesagt haben, Niemand ist weiser als der Erfahrene, d.h. soweit wie er die Vergangenheit spürt, schöpft er daraus Erfahrung, aber trotz alledem reicht ihm das nicht aus, um weise für die Zukunft zu sein; und über die Zukunft heißt es: Wer ist ein Weiser? Derjenige, der den Neugeborenen sieht (Der die Zukunft voraussieht). Ein Weiser ist derjenige, der sieht, was in der Zukunft geboren werden wird- er heißt „weise". Ohne aber von Beginn an zu wissen, was sein wird, werden wir immer Misserfolg haben. In unserer Welt verstehen wir gar nicht: wie ist das möglich, von Anfang an zu wissen, was geschehen wird, und dann kalkulieren? Wenn ich wüsste, was morgen auf der Börse sein wird, würde ich natürlich morgens die besten Aktien kaufen, mit denen ich verdienen würde.
So müssen wir aber wirklich leben! Wir haben uns schon daran gewöhnt, auf dem Wege ständiger Irrtümer zu leben, und jedes Mal Schläge zu ernten. Wir können aber auf eine solche Stufe aufsteigen, dass wir die Zukunft sehen, und anhand der Zukunft für die Gegenwart kalkulieren. Dazu befähigt uns die Wissenschaft der Kabbala.
Was geschieht aber nun? Zurück zu unserem Thema. Wir haben davon gesprochen, dass dieses erste Kli, welches zwanzig Prozent aufnimmt, anhand der Reschimot eine Berechnung Vier- Vier ausführt, und zu einem Zustand gelangt, dass es zu zwanzig Prozent ausgefüllt ist, und nun sieht, dass es nicht mehr als das empfängt. Das umgebende Licht kommt zu dem Kli und übt auf dieses Druck aus, und sagt ihm- du musst alles empfangen! Denn wenn du in der Mitte aufhörst, dann sind deine Kalkulationen falsch, du wirst niemals empfangen, was der Schöpfer von dir will, d.h. du wirst Ihm kein Vergnügen bereiten.
Dann sagt das Kli: wenn ich aber mehr empfange, dann werde ich gänzlich der Empfänger sein! Das bedeutet- fern vom Schöpfer, Ihm entgegengesetzt, ich kann Ihm nichts geben. D.h. in meiner Macht steht nur, zu dem Zustand zurückzukehren, in dem ich war. Also kehrt es zu dem Zustand zurück, in dem es war. Es empfängt nichts. Es wirft das ganze Licht, welches es hatte, zurück. Die grünen Pfeile im Bild bedeuten, dass die Lichter zurück austreten. Als es sodann zurückkommt, uns am Pe de Rosch steht, sieht es wieder den Schöpfer, wie Er auf es drückt, und ihm sagt: empfange. Ich möchte, dass du empfängst. Wie eine Mutter, die das Kind darum bittet, zu essen. Also sagt es: in Ordnung. Das mache ich. Aber ich habe schon eine Berechnung entsprechend Vier- Vier durchgeführt, und anhand davon kann ich nicht empfangen. Vielleicht sollte ich nicht entsprechend der Vier meines Willens zu empfangen aufnehmen, sondern entsprechend einem etwas kleineren Willen zu empfangen. Dann werde ich fähig sein, damit umzugehen.
Dann senkt es sich also bis zu einem Zustand, welches gegenüber dem vorangehenden Chase heißt, berechnet, und kalkuliert nun mit der Vier- Aufzeichnung vom Licht, welches in ihm war, und einer Aufzeichnung vom Kli, die als Drei bezeichnet wird. Es nimmt nicht seinen ganzen großen Willen, sondern es nimmt ein wenig. Anhand davon berechnet es wieder, und empfängt, wobei die Menge, die es empfängt, sich nur bis zum Tabur verbreitet.
So tritt der zweite Parzuf ans Licht. Was ist ein Parzuf? Parzuf bedeutet die Portion des Lichtes, die ins Innere aufgenommen wird, um damit dem Schöpfer gegenüber einen Gebensakt auszuführen. Die Portion des Lichtes, die ins Innere aufgenommen wird: wie ich vom Gastgeber empfangen habe, bei jemandem Gast war, etwas annahm, und ihm dadurch Vergnügen bereitete, dann nahm ich noch etwas an, bereitete ihm noch einmal Genuss, nahm wieder einmal an- und bereitete Ihm Genuss. Ich empfange von ihm also kleine Portionen, und bereite ihm damit im Gegenzug Genuss, wie Er ihn mir bereiten möchte. Das Geschöpf hat also eine Möglichkeit, nach und nach, mithilfe solcher wiederholter Handlungen, alles an den Schöpfer zurückzugeben, was der Schöpfer ihm gibt.
Wie weit? Bis er schließlich seinen ganzen Willen verwirklicht. Sein Wille war Vier, dann Drei. Es finden nun anschließend dieselben Vorgänge erneut statt: das Or Makif kommt zum Kli, und drückt; das Kli leert sich, entscheidet, dass es sich senken muss, und berechnet nicht mehr mit Vier- Drei, sondern mit Drei- Zwei. Auch hier empfängt es ein wenig, das umgebende Licht drückt darauf, und so haben wir erneut eine Leerung, es wirft das Licht zurück, und senkt sich wieder, wobei noch ein Parzuf entsteht. Es senkt sich wieder, und es entsteht wieder ein Parzuf. Im vorletzten und letzten Parzuf haben wir jeweils die Berechnung von Zwei- Eins und Eins- Null Reschimot.
Folglich entstanden nach dem ersten Zimzum und der Entscheidung, mit dem Masach zu arbeiten, fünf Parzufim, die in der Reihenfolge vom ersten an Galgalta (hervorgetreten aus den Reschimot Vier- Vier), AB (Vier- Drei), SAG (Drei- Zwei), MA (Zwei- Eins) und schließlich BON (Eins- Null) heißen. In der Abbildung sind die oberen Zahlen die Reschimot des Lichtes, und die unteren Zahlen- die Reschimot des Kli oder des Willen.
Alle diese fünf Parzufim heißen zusammen die Welt Adam Kadmon (abgekürzt A"K). Damit wird alles abgeschlossen. Man kann keine weiteren Kräfte finden, etwas für den Schöpfer zu tun, damit das Geschöpf sich dem Schöpfer mehr angleicht. Das Geschöpf bediente sich seines ganzen Willens von Pe bis Tabur. Von Tabur bis Sijum jedoch nutzte es nicht die achtzig Prozent seines Willens. Es kann diesen Willen nicht erfüllen. Die Wünsche sind dort zu groß, und die Genüsse, die dorthin gelangen, sind riesig. Einen solchen Genuss zu empfangen, und an den Schöpfer zu denken, dass ich genieße, nur um Ihm Genuss zu bereiten, ist unmöglich.
Jeder von uns hat so eine Grenze. Wir wissen, dass jeder Einzelne ein guter, geradliniger Mensch sein möchte. Jeder hat aber eine Grenze dieser Geradlinigkeit. Sagen wir, ich weiß über mich selbst, dass ich zum Beispiel bis zu einer Summe von zehntausend Dollar nicht stehle. Wenn ich irgendwo eine Summe von bis zu Zehntausend Dollar sehe, dann werde ich das Geld nicht anfassen. Wenn es aber mehr als Zehntausend Dollar sind, dann werde ich stehlen. Warum? Ich habe keinen Masach. Sagen wir, nicht Zehntausend, sondern eine Million, Hundert Millionen Dollar. Die Zahl spielt keine Rolle, es geht nut darum, dass jeder eine Grenze hat, wie weit der Mensch einem Genuss widerstehen kann, ohne den Genuss zu stehlen.
Wir sind erwachsene Menschen und wir wissen, dass wir mit allen möglichen Genüssen- körperlichen, kulinarischen, sexuellen, mit Genüssen, die mit der Ehre zu tun haben, mit dem Geld, oder mit Macht, in Situationen geraten können, wenn der Genuss über uns herrschen wird, wenn wir unseren Kopf verlieren.
Hier sehen wir ein Beispiel, dass das Kli wiedersteht, und davor zurückhält, den Kopf zu verlieren, d.h. es versucht, jederzeit in seinem Kopf zu kalkulieren, damit diese Berechnung immer zugunsten des Schöpfers sein möge.
Wie können wir aber trotz alledem den ganzen Rest des Kli erfüllen? Wenn wir es schaffen würden, auch dort um des Gebens willen zu empfangen, würden wir dadurch zu einer gänzlichen Korrektur des Kli, zu dessen vollkommener Korrektur gelangen. Dann würde dieses Kli, dieses Geschöpf in seiner Ganzheit dem Schöpfer gleichen.
Unsere Frage ist also nun, wie wir zu einem Zustand gelangen können, wenn wir das Sof des Kli mit den ganzen achtzig Prozent Genuss erfüllen, und zwar mit der Absicht dem Schöpfer zu geben (Kavana al-menat lehaschpija).
Lasst uns ansehen, wie das vor sich ging. Unser Kli ist, von Pe bis Tabur und von Tabur bis zum Sijum, in zwei sehr wichtige Teile aufgeteilt, wobei wir von Tabur bis Sijum die Essenz des Willens zu empfangen, den Großteil haben. Wir unterteilen diesen ganzen Parzuf Galgalta (ganz Rosch, Toch und Sof heißen zusammen Parzuf) in zehn Sfirot auf. Rosch ist in Keter, Chochma und Bina aufgeteilt, Toch- in Chesed, Gwura und Tiferet, und Sof unterteilen wir in Nezach, Hod, Jesod und Malchut. Alles in allem sind es zehn Sfirot. Warum sie so heißen, werden wir ein andermal besprechen.
Sicherlich hat jeder Name, jede Bezeichnung ihre Substanz, einen Grund, warum eine Sache genau so bezeichnet wurde; und es gibt auch einen Grund dafür, warum sich die Sfirot genau so anordnen, eine über der anderen, d.h. warum, sagen wir, Chesed über Gwura, oder Gwura über Tiferet steht, worin eine höher als die andere ist, welche Unterschiede es gibt... Alle diese Dinge werden wir später besprechen, und später werden wir auch besprechen, wie sich alle diese Sfirot in Teile aufteilen, die später unseren Parzuf bilden, sowie auch unseren Körper, unsere Seele, - all das resultiert als Konsequenz aus diesem Parzuf.
Bis dahin haben wir aber nur davon gesprochen, wie die fünf Parzufim, die wir oben im Adam Rischon, Adam Kadmon hatten, Chesed, Gwura und Tiferet erfüllten- nur diese Kelim. Rosch dachte nach, wie zu füllen sei, und Toch erfüllte sich davon, Sof aber nicht. Wie kann man den Sof erfüllen? Und womit kann man den Sof erfüllen?
Wir haben schon davon gesprochen, dass das Licht, welches zum Tabur gelangte, in aller Parzufim, die da waren (es gab noch einen Parzuf namens AB, und noch einen Parzuf namens SAG) nur bis zum Tabur vordrang; genauso gilt das für den Rest der Parzufim. Sogar Galgalta, der über den größten Masach auf dem Willen von Vier- Vier verfügt, kann darunter kein Licht empfangen.
Es geschieht aber nun etwas interessantes. SAG ist ein Parzuf, in dem es Reschimot Drei- Zwei gibt. Wenn Galgalta ein Parzuf ist, der Keter heißt, und AB- ein Parzuf ist, der Chochma heißt, so heißt der Parzuf SAG Bina. Was ist Bina? Bina ist, wie wir gesagt haben, ein Kli; das erste Gefäß, welches vom Schöpfer erschaffen wurde, und welches empfing, heißt Kli Chochma, und das darauffolgende Kli, welches nicht empfangen wollte, und das ganze Licht aus sich vertrieb, heißt Kli Bina. Kli Bina ist also ein Kli, welches dem Schöpfer, dem Licht ähnelt: es gibt, möchte alles geben. Das ist das Stadium zwei der Entwicklung der Gefäße (Kelim).
Wenn wir daher einen solchen Parzuf drin haben, der Parzuf Bina ist, dann hat er in seinem Inneren einen Willen zu geben. Wenn er einen Willen zu geben hat, dann empfängt er nicht das Or Chochma, sondern er genießt nur davon, dass er gibt. Der Genuss am Geben heißt Chassadim.
Während sich also sowohl im Galgalta, als auch im AB das Or Chochma verbreitet, verbreitet sich im SAG das Licht (Or) Chassadim, Genuss daran, dass ich gebe.
Dieses Or Chassadim, welches sich im SAG ausbreitet, hat die Möglichkeit herabzusteigen, und das ganze Kli des Sof des Parzuf mit Or Chassadim erfüllen. Hier war das Kli leer; es gab keinerlei Licht, und jetzt gibt es dort Or Chassadim. Was gibt uns das? Das gibt uns ein sehr wichtiges Phänomen.
Dieser Parzuf, der nach unten hinabstieg, um den Sof Galgalta zu erfüllen, bestand aus Or Chassadim, und erfüllte auch den Sof Galgalta mit Or Chassadim. Dieser Parzuf ist der Parzuf Bina, und Sof Galgalta sind sehr große Wünsche, die Malchut heißen.
Folglich haben wir hier zwei Parzufim, die zusammen stehen, sich miteinander verbinden, weil sie über das gleiche Licht verfügen, wobei dieses sie einander annähert. Hier gibt es also eine Verbindung zwischen Bina und Malchut. Was bedeutet das- eine Verbindung zwischen Bina und Malchut?
Wie kann das überhaupt sein? Bina möchte geben, und Malchut möchte empfangen. Es kann tatsächlich sein, und zwar weil die Malchut hier nicht empfangen möchte! Sie sagt- ich nehme nichts an. Die Tatsache, dass sie nichts empfängt, bedeutet noch nicht, dass sie gibt, denn sie hat nichts zu geben. Sie hat keinen Masach, der sie befähigen würde, auch zu nehmen, um zu geben. Aber trotz alledem ist sie daran interessiert. Nur aus dem Mangel an Kräften heraus bleibt sie leer. Daher gleichen sich der Teil des Willens von Galgalta, der Sof Galgalta heißt, und der Wille, den wir im Bild links haben, im Parzuf SAG, der nach unten hinabstieg. Ihre Wünsche (Rezonot) gleichen sich. Und daher verbinden sie sich: Bina und Malchut. Das kann später sehr große Folgen nach sich ziehen. Warum? Weil, wenn Malchut eines Tages in der Zukunft das Geben von der Bina übernehmen würde, sie fähig werden würde, aus der Bina Kräfte zu schöpfen, wie die Bina gebend zu sein- und dann wird sie sich also korrigieren können, und das Geschöpf wird zum Ziel gelangen, wie der Schöpfer zu sein!
Hier also, in der Verbindung zwischen diesen zwei Parzufim, Bina und Malchut, findet ein äußerst wichtiger Prozess statt. Denn wenn es hier dazu kommt, dass sie sich verbinden, dann kann sich die Malchut korrigieren, aus der Bina Kräfte schöpfen, und schließlich zum Tikun (Korrektur) gelangen, sich dem Schöpfer angleichen.
Und tatsächlich verbinden sich diese zwei Parzufim, weil ihnen das gleiche Licht inne wohnt, der gleiche Wille, nichts zu empfangen. In Wirklichkeit ist der Wille links lediglich ein Wille Nummer Zwei, und der Wille rechts- ein Wille Nummer vier, aber diese Willen (Rezonot) wollen im Moment nur geben, und daher wird die Größe des Willens, der empfing, nicht empfunden- er möchte nun gänzlich geben. Und wenn er geben möchte, dann ist unwichtig, ob er Zwei in seinem Willen (Razon) oder Vier in seinem Willen hat, - er möchte geben, er empfängt nichts. Deswegen fühlen die beiden es nicht, ob es Zwei oder Vier ist, und vereinigen sich.
Was hat das zur Folge? Als sie sich verbinden, geschieht etwas interessantes in der Bina.
Wir haben schon gelernt (Abbildung ...), dass die Bina, die nichts empfangen möchte, sich anschließend sagt: wenn ich aber nichts empfange, gebe ich dem Schöpfer nicht! Ich muss empfangen; und wenn ich empfangen werde, wird das wie ein Gebensakt an den Schöpfer sein. Der Zustand nach der Bina, das Stadium drei in der Entwicklung des Kli, heißt Seir Anpin. Wie entstand aber Seir Anpin aus der Bina?
Als Bina am Ende ihrer Entwicklung aufhörte zu empfangen, begann sie, Überlegungen anzustellen: was mache ich nun, ich muss beginnen zu empfangen, um damit dem Schöpfer zu geben. Dann heißt der Teil der Bina, der zu denken begann, wie trotz alledem nicht nur zu empfangen, sondern zu empfangen um dem Schöpfer zu geben möglich sei, Rosch le Seir Anpin; dieser Teil der Bina plant, was im nächsten Schritt zu tun sei.
Das gleicht einer Mutter, die sich überlegt: was kann ich meinem Kind geben? Anscheinend mag es Eis, Süßes, also gehe ich und richte das ein, kaufe ihm gute, süße Sachen, und bringe sie ihm dann, gebe ihm. Was macht sie eigentlich? Sie selbst braucht weder Eis noch Konfekt; sie geht aber, um Dinge zu kaufen, zu empfangen, um sie anschließend dem Kund zu überreichen. In der Bina gibt es also zwei Teile, die sich vollkommen voneinander unterscheiden: es gibt einen höheren Teil, und es gibt auch einen unteren Teil in der Bina, der eben empfängt, um dem Seir Anpin zu geben.
Genau das geschieht hier (Abbildung...). Auch in diesem Parzuf der Bina, der nach unten hinabstieg, gibt es zwei Teile: einen Teil, der nichts empfangen möchte, den höheren Teil; und einen unteren Teil, der empfangen will. So ist die Bina immer, überall aufgebaut. Daraus folgt, dass der gleiche Teil, der nichts empfangen möchte (bezeichnen wir ihn als „Lo"- „Nein"), eben nichts empfangen möchte, er hat nur Chasadim und das ist alles; der Teil aber, der empfangen möchte, um dem Unteren zu geben, fühlt plötzlich, dass es ja einen Unteren gibt, es gibt ja die Arba de- Aviut (Vier der Aviut) (im Sof von Galgalta)! Es gibt hier einen sehr großen Willen! Dann empfange ich doch von oben, um diesem Unteren Licht zu geben! So beginnt dieser untere Teil, empfangen zu wollen.
Er sagt sich: ich möchte empfangen, um dem Sijum von Galgalta zu geben! Aber der Sijum von Galgalta erwidert: gebe mir nicht! Wenn du mir bringst, werde ich trotzdem nicht empfangen, ich möchte nichts empfangen, denn hätte ich empfangen wollen, hätte ich schon von oben empfangen; wenn ich aber damals empfangen hätte, wäre ich gegenüber dem gebenden Schöpfer der Empfänger. Was bringst du mir? Du bringst mir Genüsse? Genüsse will ich nicht. Ich will erst einen Masach erlangen; wenn ich über einen Masach verfügen werde, werde ich kalkulieren, damit die Genüsse, die ich empfange, nur zum Zweck haben würden, dem Schöpfer Genuss zu bereiten; und dann werde ich auch die Genüsse empfangen.
Weil er also hier, im Sof von Galgalta, nicht empfangen möchte, sagt er im Gegenzug zum Parzuf der Bina: ich will nichts empfangen. Malchut gelangt zu diesem Parzuf und vollzieht einen Zimzum auf die Bina (kontrahiert die Bina). Sie sagt: in diesem Teil der Bina (der empfangen möchte, um ihr zu geben) wird niemals ein Empfangen stattfinden! Denn ich will dieses Empfangen nicht, welches die Bina hier ausführen würde, um mir zu bringen. Ich, die Malchut, kann mit der Bina nur in ihrem höheren Teil verbunden sein, wenn ich geben möchte, und sie geben möchte; nicht aber in ihrem unteren Teil!
Folglich vereinigen sich der gleiche Parzuf Galgalta und der Parzuf Bina auf die Weise, wie in Abbildung... dargestellt (M= Malchut und B= Bina). Der untere Teil der Bina ist dabei untätig; er ist eingeschränkt (auf ihn wurde ein Zimzum, eine Einschränkung, vollzogen). Sodann können sie sich miteinander verbinden.
Wir sind also wenigstens an dem Punkt angekommen, wenn sich die zwei Parzufim verbinden. Die Folgen davon werden wir in den fortgeschrittenen Lektionen besprechen. Ich möchte nur hinzufügen, dass die Auswirkung dieser Situation, in der sich diese zwei Parzufim miteinander verbinden, eine ist, die tatsächlich zum Gmar Tikun (Endkorrektur) führt. Sie ist enorm wichtig; denn die Eigenschaft des Schöpfers, die Eigenschaft des Gebens, die es im Geschöpf gibt, die Tatsache, dass das Geschöpf versteht, was es bedeutet, zu geben, verbindet sich nun mit dem Willen des Geschöpfes zu empfangen.
Das bedeutet, dass im Inneren des Geschöpfes nun zwei gegensätzliche Eigenschaften verbunden sind: der Wille des Geschöpfes zu empfangen, und der Wille des Schöpfers zu geben. Diese zwei Eigenschaften sind im Inneren des Geschöpfes verbunden, und wenn das Geschöpf sich ihrer nun richtig bedient, wird es in der Zukunft fähig sein, sich selbst zu korrigieren; wenn Malchut die Bina richtig benutzt, kann sie sich entwickeln. Wenn sie die Bina nicht benutzt, bleibt sie immer wie in der Zeichnung, die kontrahierte Malchut (Malchut ha- mezumzemet).
Deswegen werden wir im Weiteren studieren müssen, wie das Geschöpf, Malchut, von der Bina, vom Schöpfer, die Eigenschaften des Gebens annimmt. Was können wir daraus für unsere Situation lernen? Denn alles, was wir hier lernen, geschieht in der höheren Welt, bevor es in unsere Welt hinabsteigt.
Daraus müssen wir eine simple Sache lernen. Wir befinden uns in dieser Welt im Willen zu empfangen. Das ist das einzige, was wir wollen. Empfangen, empfangen, empfangen... Es fehlt uns die Eigenschaft der Bina zu geben. Diese müssen wir erreichen, um danach zu wissen, wie wir uns mithilfe der Eigenschaft der Bina korrigieren können, um bis zur Höhe des Schöpfers selbst aufsteigen zu können, zur Ewigkeit und Vollkommenheit.
Die Wissenschaft der Kabbala erklärt uns, wie wir diesen Prozess in der Praxis auszuführen und zu vollbringen haben.
Im Folgenden werden wir über den allgemeinen Aufbau der Wirklichkeit sprechen, beginnend von ihrer Entstehung - was eben auch Gegenstand des Studiums der Wissenschaft der Kabbalah ist. Diese antiken Weisheiten tragen zu uns diejenigen, welche die spirituelle Natur erkannt haben, dank den Eigenschaften, Instrumenten und Methoden, die sie für sich erarbeiteten. Das, was sie aus dem tiefen Eindringen in die Struktur der Realität erkannten, durchfühlten und verstanden, übermittelt uns diese Wissenschaft.
Wir existieren in einem bestimmten Bereich der Realität und erforschen sie mittels unserer fünf Sinnesorgane: Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken, Riechen. Dank diesen Erforschungen entwickeln wir auch die Wissenschaften der Welt, in der wir leben - Wissenschaften, die zum Bereich der Naturwissenschaft gehören.
Es gibt aber noch einen anderen Teil der Realität, der vor uns verhüllt ist, d.h. den wir nicht mit unseren fünf Sinnesorganen wahrnehmen können. Wir können ihn nur dann erforschen, wenn wir ein zusätzliches Sinnesorgan entwickeln, neue Eigenschaften. Daher wird Kabbalah als "geheime Wissenschaft" bezeichnet - sie erklärt uns das, was vor uns auf natürliche Weise verhüllt ist.
Warum ist die Realität teilweise verhüllt und teilweise für unsere Wahrnehmung enthüllt? Weil wir immer und alles entsprechend der Angleichung der Eigenschaften wahrnehmen. Im Maße der bei uns vorhandenen Eigenschaften erschließen wir die umgebende Welt. Es mangelt uns allerdings an gewissen Eigenschaften- indem wir diese entwickeln, werden wir ihre unterschiedlichen Erscheinungen außerhalb von uns aufdecken. Mein Sehen und Hören basiert zum Beispiel auf Wellen einer bestimmten Leistung und Frequenz. Wenn solche Wellen außerhalb von mir vorhanden sind, dann empfange ich sie. Wellen können mir Empfindungen von Gerüchen vermitteln, indem sie meine Geruchsrezeptoren reizen, sie können in die Pupille oder auf das Trommelfell gelangen, usw. Alle Signale werden durch Wellen hervorgerufen, und in dem Maße, wie mein innerer Mechanismus fähig ist, sie nach dem Gesetz der Angleichung der Eigenschaften zu empfangen, nehme ich den Gesamtkomplex der mich umgebenden Wellen wahr. Das stellt eben auch das Bild meiner Realität dar, die Empfindung der Wirklichkeit.
Zuallererst hilft also die Methodik der Kabbalah dem Menschen dabei, eine neue innere Eigenschaft zu formen, einen neuen Sensor, Messfühler, der eine Frequenz einfängt, die zuvor nicht wahrgenommen wurde. Eine solche Ergänzung wird das Bild unserer Realität erweitern, und das neue Bild wird höhere Welt heißen. Warum "höhere Welt"? Weil wir einen Teil der Wirklichkeit entdecken werden, der bislang vor uns verhüllt war, und der sich nun dank innerer Veränderungen enthüllte, und Teil unseres vorherigen Bildes der Welt wurde. Wir werden sehen, dass in ihm all jene Kräfte entstehen, die in Folge in allen möglichen Formen von unseren natürlichen Sinnesorganen wahrgenommen werden. Diese Kräfte werden uns als etwas derartiges erscheinen, was über unseren natürlichen Empfindungen vorbereitet wird, und dann von dort in meine Sinnesorgane hinabsteigt, und mir dabei das Bild der sich erneuernden Welt und des Flusses der Zeit vermittelt.
Daher wird diese Realität als die "höhere" bezeichnet: sie geht dem voraus, was ich in meinen natürlichen Sinnesorganen wahrnehme. Kabbalisten (vom Wort lekabel- zu empfangen) werden so bezeichnet, weil sie über die Fähigkeit zu empfangen verfügen, dasjenige Bild der Wirklichkeit aufzunehmen, welches dem natürlichen Bild vorausgeht, welches wir alle in den natürlichen Sinnesorganen wahrnehmen.
Während wir außerdem diese höchste Wurzelrealität wahrnehmen, können wir mittels deren Erkundung zum Verständnis darüber gelangen, woraus sie selbst entspringt. Im Ergebnis erreichen wir eine besondere Kraft, die alle Details, sowohl der höchsten als auch dieser Welt umfasst. Diese Kraft bezeichnen wir als den Schöpfer. Warum? Weil wir herausfinden, dass Er der Erste ist. Er ließ die ganze Realität entstehen - die Höchste sowie die Unterste, die unbelebten, pflanzlichen, tierischen und sprechenden Stufen der Gesamtrealität. Er kontrolliert, lenkt, und beherrscht alle Details durch eine einzige Kraft, einen einzigen Gedanken und ein einziges Ziel.
Das ist es, was die Kabbalisten im Laufe des Studiums der höchsten Realität entdecken.
* * *
Was enthüllt sich ihnen aber genau? Es enthüllt sich ihnen die Natur dieser Höheren Kraft bezüglich der ganzen Realität, d.h. aller Empfindungen, die wir entwickeln können, in welchen wir geboren werden und die Einwirkung der einzigen Kraft wahrnehmen. Es wird uns bewusst, dass diese Kraft Gut und Güte vollbringend ist, dass ihr urtümlicher Punkt die Liebe ist. So ist unsere Wahrnehmung. Von der Liebe ausgehend, von dem, was in der Kabbalah als der "Wille Gutes zu vollbringen" bezeichnet wird, wünschte es der Schöpfer, die ganze Realität auf der unbelebten, pflanzlichen, tierischen und sprechenden Stufe zu erschaffen - zu erschaffen, um ihr Heil zu bringen.
Auf welche Weise aber Heil bringen? Da diese Kraft durch nichts beschränkt und vollkommen ist, weil ihr Wille zu geben, Gutes zu vollbringen, nicht aus einem Mangel resultiert, sondern aus Liebe und Geben, aus der Fülle, die in ihrer Perfektion verspürt wird, - weil der Schöpfer die Geschöpfe zum gleichen Zustand führen will, in dem Er selbst verweilt. Mit anderen Worten möchte Er das Geschöpf zur Perfektion führen, indem Er es Sich ähnlich macht.
Was bedeutet das aber: das Geschöpf - d.h. jemanden außerhalb von Sich - zur Perfektion zu führen, indem Er es Sich ähnlich macht? Birgt sich hier nicht ein Widerspruch? Denn wenn der Schöpfer, die Höchste Kraft in einem vollkommen Zustand weilt - auf welche Weise kann dann jemand anderes in einem vollkommenen Zustand verweilen? Dann müsste er vollkommen mit dieser Kraft übereinstimmen, genau so sein wie sie. Oder reicht es aus, in der gleichen Eigenschaft zu verweilen wie sie?
Hier kommen wir endlich mit ersten kabbalistischen Begriffen in Berührung. Was bedeutet es, "genau so zu sein wie jemand anderes"? Wie jemand zu sein, oder nach Ausdruck der Kabbalisten mit jemandem in qualitativer Ähnlichkeit zu verharren, ihm ähnlich zu sein bedeutet Folgendes: Es gibt zwei Objekte, zwei Körper, zwei Wünsche, zwei Geschöpfe, Schöpfer und Geschöpf, derer natürliche Form unverändert bleibt, während ihre Eigenschaften oder Absichten identisch sind.
Abbildung 1
Der Schöpfer verweilt in der Form des Gebens. Wir sprechen nicht von Seinem Material oder Wesen - das durchspüren wir nicht. Das Wesen des Schöpfers wird als "Azmuto" bezeichnet, und Gespräche darüber sind vollkommen unbegründet, weil wir nur das wahrnehmen, was von Ihm zu uns kommt. Von Ihm kommt zu uns die Form des Gebens. Güte ist das, was wir empfinden. Seine Eigenschaft in Bezug auf uns ist das Geben. Unwichtig, wie unsere Natur ist - wenn wir, d.h. das Geschöpf, den gleichen Grad des Gebens an den Schöpfer erreichen, wie er Ihm selbst eigen ist, werden wir uns mit Ihm in der Angleichung an Ihn hinsichtlich der Form vorfinden, oder anders gesagt, hinsichtlich der äußeren Eigenschaft, des Wunsches, der Absicht. Dadurch werden wir Ihm ähnlich, gleich.
Warum? Weil Sein Geben an uns das einzige ist, was ich verstehe, verspüre und wahrnehme. Für mich ist es Seine Natur. Es genügt mir, den gleichen Selbstausdruck Ihm gegenüber zu erreichen, und dann werden wir gleich. Das Geschöpf wird dem Schöpfer gleich werden. Das Schöpfungsziel besteht vonseiten des Schöpfers darin, die Geschöpfe zu erschaffen und sie zum Zustand der Ähnlichkeit mit Sich zu führen. Denn Sein Zustand ist die Perfektion. Und uns erschuf der Schöpfer auf eine Weise, dass wir nach dieser Perfektion streben, und die Empfindung von deren Mangel wird als Chissaron bezeichnet. Unserer Natur wohnt ein unaufhörlicher Drang inne, die Vollkommenheit des Schöpfers zu erreichen. Das entspringt Seinem Plan im Bezug auf uns, der als "Plan des Schöpfers" bezeichnet wird, "Seine Geschöpfe mit Genuss zu erfüllen".
Abbildung 2
Das Geschöpf verfügt über eine Vielfalt an Eigenschaften, und jede von ihnen muss in die Form des Gebens gebracht werden. Davon ausgehend können wir verstehen, dass die qualitative Angleichung partiell oder vollständig sein kann. Wenn beispielsweise ein Teil der Eigenschaften des Geschöpfes im Bezug auf den Schöpfer im Geben verweilt, und ein Teil nicht, dann sind in einem solchen Fall das Geschöpf und der Schöpfer einander nahe.
Abbildung 3
Die Kabbalah sagt also Folgendes: wenn sich das Geschöpf in keinem seiner Teile im Zustand des Gebens befindet, welcher dem Schöpfer eigen ist, dann sind sie voneinander polar weit entfernt, "wie Ost und West". Es gibt keine größere Gegensätzlichkeit, als die zwischen ihnen. Denn der Schöpfer vollzieht das Geben (Ja) - und das Geschöpf nicht.
Wenn eine der Eigenschaften des Geschöpfes dem Schöpfer ähnlich wird - kommt das Geschöpf in gleichem Maße mit Ihm in Berührung. Wenn mehrere Teile des Geschöpfes die Schöpferähnlichkeit erlangen - sind im gleichen Maße das Geschöpf und der Schöpfer miteinander verbunden. Wir nehmen vom Schöpfer nur Seine Eigenschaft des Gebens wahr, außerdem verspüren wir nichts, können nichts aufdecken. Der Rest gehört zum Wesen des Schöpfers - Azmuto, welches nicht von uns erkannt werden kann. Deswegen sehen wir Ihn ausschließlich in der Eigenschaft des Gebens.
Abbildung 4
Genau aus diese Weise spürt ein Kind, dass seine Mutter ganz ihm gewidmet ist, im Streben, es zu bedienen und zu betreuen. Dabei erfasst er ihr Wesen nicht, lässt die Tatsache außer Acht, dass sie außerdem auch eine Frau ist, die von einem Ehemann, von einer Arbeit und von den Sorgen dieser Welt belastet wird. Das weiß das Kind nicht. Ihm ist nur eines bekannt: "das ist meine Mutter, und sie muss sich um mich kümmern." Es nimmt nur ihr Verhältnis zu ihm persönlich wahr, und nennt sie dementsprechend "Mutter".
Genau so nehmen wir auch den Schöpfer wahr. Unser Material bleibt unverändert (davon werden wir später sprechen), indem wir aber die gleiche Eigenschaft des Gebens erlangen wie Er sie hat, gleichen wir uns Ihm hinsichtlich der äußeren Form an, und im selben Maße werden wir Ihm gleich. Mit anderen Worten fühlen wir, dass wir beisammen sind. Dann tritt das Geschöpf in den Zustand des Schöpfers ein, welcher als das Gute definiert wird, und nähert sich entsprechend dem Schöpfungsvorhaben der Perfektion an.
Abbildung 5
Wenn alle Eigenschaften des Geschöpfes in den Zustand der Schöpferähnlichkeit gelangen, dann werden der Schöpfer und das Geschöpf zu einem Ganzen. Ein solcher Zustand wird als die "Vereinigung", "Perfektion" bezeichnet. In der Kabbalah wird er auch als das "Ende der Korrektur" bezeichnet, weil das Geschöpf alle seine Eigenschaft hin zur Übereinstimmung mit dem Schöpfer korrigierte. Das bezeichnet man auch als Verschmelzung, da der Schöpfer und das Geschöpf miteinander verschmolzen sind, wie zwei Eigenschaften, die sich gleichen. Ein solcher Zustand ist im Wesentlichen das Schöpfungsziel vonseiten des Schöpfers und das Endziel der Entwicklung vonseiten der Natur, vonseiten des Geschöpfes selbst.
Das ist es, was uns die Kabbalisten berichten.
* * *
Abbildung 6
Uns gegenüber unterteilt sich der Schöpfer in zwei Teile: Azmuto (1) und Schöpfer selbst (2), der uns (3) mittels der Eigenschaft des Gebens erschuf und es uns vorbestimmte, Ihm ähnlich zu werden. Nach unserer Entstehung zeigt er uns gegenüber Geben, damit wir Ihn erreichen und Ihm tatsächlich ähnlich werden (4=2). Sein Plan im Bezug auf uns wird als der "Schöpfungsplan" bezeichnet, der darin besteht, seine Geschöpfe mit Genuss zu füllen. Wann wird dieser Plan in dieser Form verspürt? Nachdem das Geschöpf die Ähnlichkeit mit dem Schöpfer erreicht. Dann verspürt es das Gute.
Im Prozess der Selbstkorrektur führt das Geschöpf eine Arbeit in der Angleichung der Eigenschaften durch. So ist der Weg seiner Entwicklung. Auf diesem Wege kann es sein, dass es das Gute nicht fühlt, weil es noch nicht den entsprechenden Endzustand erreichte. Die Kabbalisten erklären Gründe, warum wir die Wissenschaft der Kabbalah erkennen und überhaupt verstehen, was mit uns geschieht, während wir die Welt, in der wir leben, wahrnehmen und öffnen. Darum wurde das ausgerechnet uns gegeben, im Unterschied zu den restlichen Teilen der Realität, die auf der unbelebten, pflanzlichen und tierischen Stufe verharren? Weil wir uns beim Übergang von der dritten zur vierten Phase im Zustand der Wahl befinden - mit anderen Worten bewegen wir uns in diesem Zustand nur mittels unserer freien Wahl fort. Hier wird von uns eine von Innen kommende Anstrengung gefordert, ein Bemühen, Verständnis, ein innerer Drang. Nur dadurch bewegen wir uns fort, und nicht anders.
Daher ist die Wissenschaft der Kabbalah dazu aufgerufen, uns zu erklären, welche Anstrengung auf dieser Etappe unternommen werden muss, um aus dem Zustand der Geburt (3) zum Endzustand (4) zu gelangen. Die Kabbalah erklärt, welche Handlungen wir bewusst und aus eigenem Willen an uns ausführen sollen, um von der entgegen gesetzten Form zum Zustand der Perfektion zu gelangen, dem Ende der Korrektur, der Einigung und der Verschmelzung.
Einen Teil dieses Weges, so sagen uns die Kabbalisten, durchlaufen wir, ohne uns dessen bewusst zu sein, wo wir uns befinden und was wir zu tun haben. Wir existieren einfach: werden geboren, leben und sterben, um wiedergeboren zu werden. Darüber werden wir uns auf der nächsten Etappe bewusst, indem wir beginnen, uns zu interessieren, und dementsprechend zu verstehen, wo wir uns befinden: in welcher Welt, in welcher Realität. Wir werden uns bewusst, was wir zu tun haben, um mit dem Schöpfungsvorhaben, Seine Geschöpfe mit Genuss zu füllen, in einem Fluss zu schwimmen.
Das Schöpfungsvorhaben, welches die ganze Realität in Bewegung versetzt, übt Druck auf uns aus, damit wir uns vom dritten Zustand zum vierten bewegen. Daher besteht, wie es die Kabbalisten sagen, der Grund für alle Probleme, Leiden und Plagen, von den Kleinen bis zu den Großen, der Grund für alle schlechten Empfindungen und alle unerfüllten Wünsche im gleichen Schöpfungsplan, Seine Geschöpfe mit Genuss zu füllen. Wir wollen alles Heil und Segen vom Schöpfer, der Schöpfungsplan stößt uns aber dazu an, die Äquivalenz der Eigenschaften anzunehmen. Daher verspüren wir diesen Druck in einer solch negativen Form.
Alle schlechten, negativen Empfindungen: Leiden und Erschwernisse auf unterschiedlichen Stufen resultieren im Wesentlichen aus dem Mangel an qualitativer Übereinstimmung. Der Zustand, in welchem wir beisammen mit dem Schöpfer verweilen, wird von uns als das Gute empfunden, und bis wir ihn nicht erreicht haben werden uns schlechte Empfindungen verfolgen. Das Böse wird entsprechend der Entwicklungsstufe des Geschöpfes empfunden, in dem Maße wie es vom Schöpfungsplan zur Vorwärtsbewegung, zur Beschleunigung der Geschwindigkeit der Entwicklung usw. verpflichtet wird. All das studieren wir in der Wissenschaft der Kabbalah.
Die Kabbalah studiert also, wer der Schöpfer ist. Denn "Schöpfer" (Bore- בורא) bedeutet "Komme und siehe" (bo u-r'e - בוא וראה). Wir können Ihn offenbaren, uns an Ihn nähern, Ihn verstehen und dementsprechend verstehen, wie wir uns selbst übereinstimmend mit Ihm zu verändern haben.
Außerdem beschäftigt sich die Wissenschaft der Kabbalah mit der ganzen Wirklichkeit der unbelebten, pflanzlichen und sprechenden Stufen - sowohl mit der höheren Realität, die wir nur durch ein zusätzliches Sinnesorgan verspüren, als auch mit der niederen, die wir, mit unseren fünf Sinnesorganen auf die Welt kommend, als unbelebte, pflanzliche und tierische Stufen in unserer Welt wahrnehmen.
Weiterhin studiert die Kabbalah den gesamten Entwicklungsprozess: warum und wodurch wir uns entwickeln, welche die Formen unserer Entwicklung sind, warum die Welt auf genau diese Weise organisiert ist, welche Form der Entwicklung einer jeden Seele, jedem Menschen, jedem Element der Wirklichkeit eigen ist, wodurch die Struktur der Wirklichkeit bedingt ist, wie alle ihre Teile zusammenhängen. Im Endeffekt müssen wir, als die höchsten und den größten Teil der Realität umfassenden Geschöpfe, sie gänzlich zu exakt jenem Zustand der Einigung, Vollkommenheit, Ende der Korrektur und Verschmelzung bringen.
Unser Weg wird also beim Zustand polarer Entferntheit vom Schöpfer beginnen und mit der Angleichung an Ihn, hinsichtlich der Form, der äußeren Eigenschaft, enden: wie Er Geben vollzieht, so wie wir Ihn fühlen, entdecken und erkennen - so müssen auch wir uns in unserer äußeren Erscheinungsform Ihm gegenüber korrigieren.
Warum beginnen wir den Weg beim Gegensatz? Denn nach Worten der Kabbalisten erschuf uns der Schöpfer als Sich gegensätzlich. Im dritten Zustand sind wir dem Schöpfer diametral entgegengesetzt, und im vierten Zustand sind wir Ihm absolut ähnlich, und unser Weg wird als der "Weg der Korrektur" bezeichnet, der sich mittels der Wahl vollzieht. Warum muss man nun all das durchlaufen?
Nach Worten der Kabbalisten ist es für uns notwendig, um den Zustand der Verschmelzung wahrzunehmen, den Zustand des Mangels daran zu erleben. Denn das Geschöpf nimmt jeden Zustand aus dessen Gegensatz heraus wahr. Es heißt: "Der Vorzug des Lichtes wird aus dem Dunkeln erkannt". Das ist uns auch aus der Erfahrung des Lebens in unserer Welt bekannt. Wenn ich etwas will, dann muss ich das Objekt meines Willens in allen seinen Details kennen, indem ich es allen übrigen Eigenschaften, Dingen, Kräften und Zuständen gegenüberstelle. In diesem Fall habe ich im Bezug darauf Wissen, Verständnis und Wahrnehmungsfähigkeit. Ich nehme niemals etwas an sich wahr, meine Wahrnehmung basiert immer auf der Gegenüberstellung, auf dem Kontrast, auf der Korrelation zweier Faktoren. Ich nehme immer vergleichende Messungen vor, und darauf gründet sich meine Erfahrung.
Deswegen müssen wir den unvollkommenen Zustand des Fehlens an Verschmelzung und Korrektur passieren, weil es notwendig ist, das zu verstehen, zu durchfühlen, zu erleben. Dann werden wir es dank der Enthüllung des Mangels erreichen, wie der vollkommene Schöpfer zu werden.
Wir werden noch über die Notwendigkeit solcher Zustände und ihre Gründe sprechen. Das Bild wird sich im Laufe des Studiums allmählich klären.
Abbildung 7
* * *
Nun sollten wir darüber sprechen, wie das Studium der Kabbalah verläuft.
Der Erste, der eine systematische Herangehensweise an die Kabbalah ausarbeitete, war Abraham. Auch vor ihm lebten Kabbalisten, er schrieb aber als Erster davon und hinterließ uns einige seiner Werke. Während die Kabbalisten die höhere Realität und überhaupt die ganze Realität erkennen, einschließlich die unsere - höchste Wurzeln und ihre Folgen in unserer Wirklichkeit - verspüren sie all das als ein einziges Ganzes und erzählen uns von ihren Empfindungen.
Wir beginnen bei einer schwachen Empfindung der Wurzeln der Wirklichkeit, die sich hinter den Grenzen von dem befindet, was wir hier als uns und die uns umgebende Welt wahrnehmen. Von der minimalen Empfindung gehen wir zu der tiefsten Empfindung über, welche alles Seiende umfasst - alles, was aus dem Schöpfer hervorging und als "Geschöpf" bezeichnet wird. Diese Empfindung schließt in sich sowohl die höheren Welten, als auch unsere Welt ein, und auch die Geschöpfe in allen Welten, einschließlich der unseren, sowie die Wege der Lenkung, der Vorsehung, der Korrektur und der Entwicklung - bis hin zum Ende aller Zustände.
Zu der Empfindung aller dieser Zustände, dieser ganzen Realität, gelangen wir aber allmählich. Der Prozess beginnt beim Zustand eines gewöhnlichen Menschen, wie wir es sind. Er nimmt nur das wahr, was er um sich herum sieht, und urteilt auf entsprechende Weise über den Ort, an dem er sich befindet, wenn er überhaupt über solche Fragen nachdenkt, was auch nicht leicht fällt. Dann beginnt er, durch das Bild der sichtbaren Welt hindurch in die Tiefe einzudringen, zu jenen Kräften, die hinter diesem Bild stehen. Dann findet der Mensch heraus, was sie bedeuten.
Nachdem der Mensch dann ins Innere der Realität gelangt, erreicht er diesen Zustand, weil er sie ganz sieht, und sie dabei als einen gewissen Mechanismus, ein gewisses einheitliches System unter der Bezeichnung "Wirklichkeit" wahrnimmt. Die Kabbalisten erzählen gewöhnlich nicht vom Weg, den sie zurückgelegt haben, davon, wie sie die Realität erkennen und erforschen und diese oder jene Ergebnisse erreichen. Das gleiche gilt auch für die Wissenschaftler unserer Welt: wenn einer von ihnen irgendein Arzneimittel oder etwas anderes Nützliches entdeckte, dann interessiert mich nicht die Tatsache, dass er im Laufe von Dutzenden von Jahren Forschungen anstellte, wie er herumirrte und auf seinem schwierigen Weg Fehler machte. Im Endeffekt erklärt er mir, was er erreicht hat, worüber er nun verfügt und was er mir mitteilen kann, wodurch er mir einen Gefallen tut.
So auch die Kabbalisten. Mit Ausnahme einer bestimmten Abteilung der Kabbalah erklären sie uns in der Regel das fertige Bild ihrer Erkenntnis, welches sie von oben wahrnehmen, wenn sie bereits die ganze Realität sehen. Denn im Endeffekt gelangen sie zur Erkenntnis des Schöpfers, der Eigenschaft des Gebens, sie erfahren, wer der Schöpfer ist. Daher beginnen sie ihre Erzählung von diesem "Abenteuer", von diesem Weg der Entdeckung der Realität, nicht beim Prozess, der von unten nach oben führt, nicht bei sich, nicht bei der Geschichte über die eigene Entwicklung von den Anfangsetappen bis zur Erlangung eines allumfassenden Blickwinkels auf die Welt. Nein, sie setzen die Erzählung eben beim Schöpfer an, bei dieser Kraft, Die den Beschluss fasste, die Wirklichkeit zu erschaffen - zuallererst erzählen sie, wie der Schöpfer begann, vom Schöpfungsplan zu Handlungen der Realisierung überzugehen.
Den gleichen Weg wird auch unser Studium gehen. Davon wird im Buch "Baum des Lebens" von Ari gesprochen, bei Baal Sulam in der Einführung in die Wissenschaft der Kabbalah und in der Lehre der zehn Sfirot sowie in anderen Büchern. Es gibt eine Menge Bücher, und wenn sie sich an die systematische Herangehensweise halten, dann beginnen sie im Wesentlichen beim Schöpfer. Wir müssen unsere Wurzel studieren: wie die Schöpfung entstand, aus welchem Wunsch, mit welcher Absicht. Das Ende der Tätigkeit ist im anfänglichen Plan vorhanden, die Endform stellt von Anfang an das Ziel dar, und gerade sie bestimmt die Ergebnisse einer jeden Entwicklungsetappe. Wenn wir den Anfang richtig studieren, wird uns das helfen, unser ganzes Leben mit allen seinen Umständen zu verstehen und uns nicht zu irren, indem wir jeden Zustand mit Inkaufnahme des Schöpfungsplans nutzen. Wir werden diese Zustände genau so sehen, wie der Schöpfer sie sieht, und uns in richtiger Weise vorwärts bewegen, während wir jedes Mal aus dem Zustand des Mangels in einen guten und vollkommenen Zustand eintreten.
* * *
Lasst uns also beim Schöpfungsplan beginnen.
Das Schöpfungsvorhaben ist der Plan des Schöpfers über die Erschaffung des Geschöpfes mit dem Ziel, ihm Heil zu bringen. Auch bezeichnen wir den Schöpfungsplan als das "Licht" oder das "Wurzelstadium" (Bchinat Schoresch), weil er die Wurzel der ganzen Wirklichkeit ist.
Dem Schöpfungsvorhaben, so sagen uns die Kabbalisten, geht der Begriff von Azmuto voraus. In Wirklichkeit unterliegt dieser Begriff keinem Erfassen, wir können ihn nicht erkennen. Er ist für unser Verständnis verschlossen und unzugänglich, außer der Tatsache Seiner Existenz selbst. Wir werden noch von der Möglichkeit solch hoher Zustände in der Zukunft sprechen, wenn der Begriff Azmuto dem Geschöpf näher sein und sich in etwas bekanntes und der Erkenntnis unterliegendes verwandeln wird.
Aber bis dahin, im Prozess des Übergangs aus dem dritten Zustand in den vierten, durchlaufen wir einen Weg der Korrektur - solange wir uns nicht dem Schöpfungsvorhaben angeglichen haben. Eben ihm müssen wir uns angleichen, und nicht der Stufe, die über ihm ist. Das Ziel besteht in der Angleichung an den Schöpfungsplan, und wir sprechen über nichts anderes.
Abbildung 8
Das Licht, oder der Schöpfungsplan, den Kreaturen des Schöpfers Wohl zu bringen, erschafft den Willen zu genießen, den Willen zu empfangen, ein Bedürfnis, welches als das "Erste Stadium" bezeichnet wird. Warum? Weil wenn das Licht, oder der Schöpfer, will, dass jemand genießt, Er zwangsläufig etwas erschaffen muss, was von Ihm Genuss empfangen möchte. Somit ist das erste Stadium der Wille nach Genüssen, ein Bedürfnis, es ist bereits der Anfang der Schöpfung. Während das Geschöpf auf dem Stadium Null nur im Vorhaben existierte, und immer noch zum Schöpfer gehörte, ist das erste Stadium bereits das Geschöpf als solches.
Es ist jedoch noch nicht entwickelt, weil sein Wunsch vom Schöpfer kommt. Es selbst fühlt nicht, das es das Licht genießen möchte, mit dem Licht verschmelzen möchte, dass ihm etwas fehlt. Lasst uns einem solchen Bedürfnis die Bezeichnung der "unbelebten" Stufe geben (Domem). Es verpflichtet das Geschöpf noch zu gar nichts, weil es von außen kommt. Das ganze Material des Geschöpfes, d.h. sein Wunsch, geht nicht auf seine Rechnung. Man kann nicht sagen, dass das Geschöpf in Form eines wahrhaftigen Geschöpfes existiert, eines außerhalb des Schöpfers. Denn alles, was es in ihm gibt, kam direkt vom Schöpfer, vom Licht. Daher steht es unumgänglich unter absoluter Kontrolle des Lichtes, und sein Wunsch trat noch nicht aus dem Schöpfungsplan heraus.
Abbildung 9
Dieser Wille beginnt aber, Empfindungen wahrzunehmen. Das in den Willen eintretende Licht erlaubt es ihm, den Schöpfungsplan von der Erfüllung der Geschöpfe des Schöpfers mit Genuss zu fühlen. Auf diese Weise bringt das Licht dem Willen zwei Empfindungen.
Erstens bringt es Erfüllung, d.h. die Empfindung von ihm selbst. Das Geschöpf fühlt aber fast gar nicht, dass das gut ist, weil es nicht von vorn herein über das entsprechende Bedürfnis verfügte. Es fühlt nicht, dass es ihm jetzt verglichen mit dem vorherigen unerfüllten Zustand gut geht, weil es keinen vorherigen Zustand gab.
Und zweitens bringt das Licht, welches sich im Geschöpf verbreitet, ihm das Gefühl des Gebenden. Es stellt sich heraus, dass ein Schöpfer existiert, der ein Gebender ist und ihm Gutes schickt. Während dabei das Gute selbst, d.h. das Licht, vom Schöpfer direkt kommt, kommt die Empfindung des Gebenden zum ersten Stadium nicht auf direkte Weise - sie ist in das Licht eingekleidet (rote Füllung des Pfeils in der Zeichnung).
Wenn man mir beispielsweise etwas schenkt, dann sehe ich zunächst nur das Geschenk, und anschließend werde ich darauf aufmerksam, wie sehr es mir entspricht und zu mir passt. Dann beginne ich zu verstehen: "Die Person, die mir das geschenkt hat, kennt mich. Diese Person wollte mir Freude bereiten, sie liebt mich, versteht mich, sie ist für mich da". Am Geschenk beginne ich, den Schenkenden zu erkennen - und zwar nicht ihn selbst, sondern sein Verhältnis zu mir. Er versteht und liebt mich, will mir Gutes bringen - genau so hat er gehandelt.
Gleich in der ersten Handlung des Geschöpfes ist die Erkenntnis des Schöpfers veranlagt, und sie bringt das Geschöpf dazu, sich zu entwickeln. Daraus können wir nur eines entnehmen: jedes Element, jeder Zustand des Geschöpfes, welches sich im Laufe seiner Entwicklung verändert, bedeutet eine zusätzliche Erkenntnis des Schöpfers. Sogar in unserer Welt, im momentanen Zustand, wenn wir nicht wissen, wo wir uns genau befinden und in welche Richtung wir uns entwickeln - bringt uns dennoch jede Entwicklungsetappe der Erkenntnis des Schöpfers immer näher. Das resultiert gleich aus der ersten Handlung zu Beginn der Schöpfung.
Was stellt nun dieses erste Stadium dar? Es ist der allgemeine Wunsch nach Genüssen, welcher als "Material" bezeichnet wird.
Bchina Alef (erstes Stadium) besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil ist die Empfindung des Geschenkes, und der zweite Teil ist die Empfindung des das Geschenk Gebenden. Der Unterschied besteht darin, dass der erste Teil ein Zustand ist, und der zweite Teil - die Erkenntnis der Ursache des gegebenen Zustandes ist. Im zweiten Teil des ersten Stadiums erkennt das Geschöpf, dass ein Wurzelstadium existiert, welches es gebar und formte. Das führt bereits zur Entwicklung. Während Bchina Alef beginnt, in sich zwei Teile zu separieren, unterscheidet es denjenigen von ihnen, der vorzuziehen ist. Und bevorzugt ist natürlich der zweite Teil, weil in ihm verglichen mit dem ersten Teil eine höhere Kategorie, Wahrnehmungsdetail, eine höhere Eigenschaft wahrgenommen wird - der Gebende, Höchste, Erste, Ursprüngliche. Daher will das erste Stadium so sein wie Er.
Abbildung 10
Beachtet: der erste Wunsch des Geschöpfes, welches von Ihm selbst ausgeht, ist der Wille, wie der Schöpfer zu sein, der Wille, sich Ihm qualitativ anzugleichen. Der Schöpfungsplan realisiert sich hier bereits in der Tat. Am Ende des ersten Stadiums war er als Potential vorhanden, und der Wunsch des zweiten Stadiums (Bchina Bet) ist von Anfang an darauf gerichtet, sich praktisch der Wurzel anzugleichen, d.h. zu einem Gebenden zu werden. Auf welche Weise kann man nun zu einem Gebenden werden? Wodurch kann sich das zweite Stadium in ein Gebendes verwandeln?
Das zweite Stadium ist die nächste Entwicklungsetappe nach dem ersten, es folgt aus dem ursprünglichen Willen zu genießen. Dieser Wille stellt das ganze Schöpfungsmaterial dar.
Der Schöpfer, den er anschließend wahrnahm, ist nichts anderes als eine Zugabe. Der Wille, sich Ihm anzugleichen, ist eine Zugabe zum Schöpfungsmaterial, zu dem, was der Schöpfer schuf, zum Wunsch, zum Bedürfnis. Alle Bedürfnisse, alle Etappen der Entwicklung, alle Zusätze zum ursprünglichen Material des Wunsches resultieren aus der Gewissheit des Schöpfers, aus dem Wunsch sich zu entwickeln und Ihm ähnlich zu werden. Dadurch entwickelt sich das Material. Alle Zugaben zum ursprünglichen Material resultieren nur aus der Bekanntschaft mit dem Schöpfer, infolge welcher das Material beginnt, zu wachsen, "anzuschwellen".
Abbildung 11
Das zweite Stadium steht im Gegensatz zum ersten, denn es will vollständig geben, während das erste Stadium zu Beginn seiner Entwicklung Genüsse empfangen wollte. Nichtsdestotrotz ist das zweite Stadium eine Zugabe zum ersten, es ist das gleiche Material, welches die Eigenschaft des Gebens in sich kleidete. Im Inneren befindet sich das Wurzelstadium, darüber ist das erste Stadium gekleidet, und darüber - das zweite. Die Rede ist von sich entwickelnden Formen, die sich aufeinander schichten.
Im Wunsch, gleich dem Schöpfer zu geben, beginnt das zweite Stadium nachzudenken: "Wie kann ich nach dem Beispiel des Schöpfers Geben vollziehen? Wem und was geben?" Während es sich entwickelt, geht es tiefer und versucht, sein Wesen zu verstehen und eine Möglichkeit zu finden, in seinem Inneren so zu werden wie der Schöpfer. Dann findet es heraus, dass es sowohl das erste als auch das Wurzelstadium in sich einschließt. Wie soll es sich dann der Wurzel angleichen? Denn es selbst ist in seinem Wesen der Wunsch nach Genüssen, und ein solcher Wunsch ist nur fähig zu genießen. Er kann geben wollen, kann aber nicht wie der Schöpfer geben. Denn der Schöpfer selbst ist der Gebende. Und was kann das Geschöpf geben?
Abbildung 12
Dann beginnt das Geschöpf, Folgendes zu verstehen: "Da der Schöpfer mich liebt, und es bereits im Schöpfungsplan vorgesehen hat, mir Wohl zu bringen, kann ich nun diesen Plan nutzen. Ich kann genießen, nur weil Er mir geben will, nur weil Er mich mit Genuss erfüllen will". Auf diese Weise gebiert im zweiten Teil der Bchina Bet der Wille zu geben den Gedanken an das Geben an den Schöpfer mittels des Empfangens - eben mittels des Erhaltes des Lichtes vom Schöpfer. Das ist es, was das zweite Stadium vorhat.
Abbildung 13
Nun empfängt das Geschöpf genau so wie im ersten Stadium Licht vom Schöpfer. Denn es weiß: "Der Schöpfer erschuf das erste Stadium, um mir Genuss zu bringen.". Es handelt sich sowohl un den gleichen Wunsch, als auch um das gleiche Licht wie im ersten Stadium, jedoch empfängt das Geschöpf dieses Licht, weil es wie das zweite Stadium, wie der Schöpfer sein möchte. Es fühlt, dass es sich damit regelrecht und praktisch dem Schöpfer angleicht. Durch sein Empfangen führt das Geschöpf im Grunde ein reales Geben an den Schöpfer aus. Dann fühlt es sich im Geben wie der Schöpfer, d.h. es nimmt den Zustand eines Gebenden wahr.
Das Geschöpf gelangt zum Verständnis darüber, wo es sich befindet. Die Rede ist vom dritten Stadium (Bchina Gimel). Es widmet sich wieder der Frage: "Wer bin ich? Ich bin ein Wunsch. Was für einer? Irgendwann hatte ich den Wunsch, Genüsse zu erhalten, der meine ursprüngliche Natur war. Dann kam zu ihm ein Zusatz in Form des Willens zu geben. Nun führe ich entsprechend diesem Zusatz Geben aus. Der Wille zu genießen kam zu mir vom Schöpfer, der Wille zu geben kam zu mir ebenfalls aus der Empfindung des Schöpfers. Folglich kam alles, was ich bisher tat, direkt vom Schöpfer. Man hat mich nur manipuliert!" Die Wissenschaft der Kabbalah bezeichnet das auch so: "Eine Kraft, die auf die Objekte ihres Einflusses einwirkt".
Abbildung 14
Und nun beginnt das Geschöpf nachzudenken, was es nun sei und wo sich sein "Ich" befinden würde. "Das erste Stadium empfing Genuss - das bin nicht ich. Es fühlte, dass es sich dem Gebenden angleichen will - auch das bin nicht ich, der Schöpfer trug in mich diesen Wunsch. Anschließend handelte das zweite Stadium mit dem Ziel, sich Ihm anzugleichen - auch das bin wieder nicht ich. Wo ist denn nun mein "Ich" anzusiedeln?!"
Dann beginnt das Geschöpf zu verstehen: "Ich" bin derjenige, der das gleiche fühlt wie der Schöpfer. Dieses Verständnis ist ein embryonales Gefühl, welches nicht vom Schöpfer kommt, es muss dem Geschöpf selbst erwachsen.
Abbildung 15
Dieses Gefühl beginnt im dritten Stadium, sich zu formieren. Die Rede ist vom Wunsch, den Status des Schöpfers zu genießen, den Schöpfer selbst - von einem Wunsch, der im letzten, vierten Stadium der Entwicklung zutage tritt (Bchina Dalet), welches alles empfangen möchte, was vom Schöpfer kommt. Es braucht bereits nicht mehr das Licht des ersten Stadiums, welches es gebar - es will einen Genuss aus dem Zustand beziehen, den es entdeckte. Denn es entdeckte für sich einen Zustand, der dem Schöpfer eigen ist, einen Zustand, in dem man wie der Schöpfer geben kann. Daher besteht ihr Wille darin, Geben zu genießen.
Abbildung 16
Dieser Wunsch des Geschöpfes ist sein erster Wunsch. Alle vorherigen Wünsche waren erzwungen und kamen auf direkte oder indirekte Weise vom Schöpfer. Vom Geschöpf geht nur sein letzter Wunsch aus. Er begann erst gegen Ende des dritten Stadiums, sich herauszukristallisieren und dem Geschöpf zu zeigen, und im vierten Stadium festigte es sich. Man kann sagen, dass Bchina Dalet unabhängig ist, im Unterschied zu allen vorherigen Stadien. Daher wird gerade dieses als "Geschöpf" bezeichnet, und nicht die anderen Stadien. Das ist tatsächlich eine besondere Etappe der Entwicklung.
Die konzentrischen Kreise könnte man auch anders einzeichnen. Stellen wir uns vor, der Schöpfer befände sich außen, und die Entwicklung des Geschöpfes ginge von außen nach innen vor sich. Dann ist das Wurzelstadium gegenüber den anderen das äußere, und das letzte Stadium ist innen - das ist Bchina Dalet. So stellen die Kabbalisten die Entwicklung auf diesen vier Etappen dar, obwohl man sie im Prinzip auf beide Arten einzeichnen kann.
Mit dem Ziel, ein eigenes Bedürfnis zu erreichen und auch den eigenen Wunsch und die eigene Existenz in ihm zu verspüren, muss das Geschöpf sich in vier Stadien entwickeln, beginnend vom Schöpfungsplan, vom Schöpfer, bis es schließlich zum vierten Stadium gelangt.
Manchmal sagen wir, dass das Wurzelstadium nicht zum Geschöpf gehört, weil es dessen Konzeption ist, welche sich vonseiten des Schöpfers im Bezug auf die Geschöpfe äußert. Deswegen zählen wir vier Stadien der Entwicklung des Geschöpfes, die vom Schöpfer bedingt sind: das erste, zweite, dritte und vierte.
Man kann das auch anders ausdrücken: im Wurzel-, ersten, zweiten und dritten Stadium entwickelt der Schöpfer den Wunsch nach Genüssen, um ihn zu einer selbstständigen Existenzform zu führen, die eben auch "Geschöpf" genannt wird.
Abbildung 17
Abbildung 18
Damit sondern wir aus der Gesamtreihe entweder das Wurzelstadium, oder das vierte Stadium aus. Die Wurzel ist der Schöpfer, das vierte Stadium ist das Geschöpf, und dazwischen liegen Entwicklungsetappen, die ebenfalls zur Handlung des Schöpfers gehören und nicht auf Rechnung des Geschöpfes gehen. Während aber das Geschöpf den Schöpfer erkennen will, erkennt es den Weg eigener Entwicklung, versteht, wie der Schöpfer es auf die Welt brachte und großzog. Dadurch gelangt das Geschöpf durch die Erkenntnis der Handlungen des Schöpfers zu der Erkenntnis des Schöpfers Selbst. Davon heißt es: "Aus Deinen Handlungen erkennt man Dich". So studieren Kabbalisten die Realität und gelangen zur Verständnis des Schöpfers.
Das vierte Stadium empfängt Genuss von zwei Arten der Erfüllung: vom aus dem Schöpfungsplan ausgehenden Licht und vom Status des Gebenden - denn es verstand, was es bedeutet, wie der Schöpfer zu sein. Das erfüllt das vierte Stadium vollkommen: sowohl seinen Willen zu genießen als auch seinen Willen zu geben, und auch den Willen sich auf die Stufe des Gebenden zu begeben, um von seinem Status zu genießen.
Im Ganzen ist der Wunsch als solcher nicht auf das Geben, sondern auf den Genuss ausgerichtet. Die Rede ist von einem Willen, Genuss zu erhalten. Das ist eine Weiterentwicklung des Willens zu genießen des ersten Stadiums, der zu einem Zustand gelangte, in dem er weiß, was er genießen möchte. Er will den Status des Gebenden, den Gebenden selbst genießen. Man kann eine Parallele zu einem Kind ziehen, welches sowohl das genießt, was es von der Mutter bekommt, als auch die Tatsache, dass er eben von ihr bekommt, dass eben sie sich um ihn kümmert. Es will nicht einfach Almosen - es will, dass gerade die Mutter es bedient und erfüllt.
Das Geschöpf findet heraus, dass der Schöpfer der Gebende ist, es entdeckt Seine Liebe zu sich - nicht nur das Geschenk, sondern auch die Liebe. Dann will das Geschöpf gerade die Liebe genießen, weil dieser Genuss viel stärker ist, als der Genuss am Geschenk selbst. Das Geschenk kann man auch in einem verschwindend geringem Maße verspüren. Im ersten Stadium ist es unmöglich, etwas Größeres zu verspüren. Alle Zugaben der Genüsse dagegen gründen sich auf dem Bewusstsein der Anwesenheit des Gebenden, wenn das Geschöpf versteht, Wer es mit Wohl beschenkt, und die Wichtigkeit des Schöpfers fühlt.
In dem Maße wie sich mir der Schöpfer als groß, wichtig, ewig und vollkommen offenbart, bekomme ich einen Zusatz an Genuss. Daher stellt das vierte Stadium des Willens zu genießen, welches über dem Ersten heranwuchs, einen Zusatz dar, der aus dem Bewusstsein der Eigenschaften des Schöpfers resultiert, aus dem Bewusstsein des Spalts zwischen der Stufe des Geschöpfes im ersten Stadium und der Stufe des Schöpfers im Wurzelstadium.
An dieser Stelle sehen wir auch, dass wenn irgendwo im Universum etwas unter dem Namen "Geschöpf" existiert, oder einer seiner Teile, irgendein Wunsch, Wesen - es in sich zwingend vier Etappen der Entwicklung enthält, welche die "Vier Stadien (der Verbreitung) des direkten Lichtes" heißen. Dieses direkte Licht, das Schöpfungsvorhaben, entwickelt den in ihm veranlagten Wunsch. Der Wunsch (Razon) ist in ihm als Punkt vorhanden, als das ursprüngliche Material, oder, nach Ausdruck der Kabbalisten, als "etwas aus Nichts" (ex nihilo). Im Schöpfungsplan ist der Wunsch ein rudimentärer Punkt ohne einen vorherigen Zustand. Daher auch die Bezeichnung: "Etwas aus Nichts". Genau dieser Punkt durchläuft eine Entwicklung.
Abbildung 19
Wenn im Geschöpf irgendein Gedanke entsteht, ein Bedürfnis, ein Wille, ein Schub, ein innerer Drang, den er als eine Äußerung des eigenen "Ich" empfindet, darf man nicht vergessen, dass dies Ergebnis der Entwicklung der vier Stadien ist, die diesem Wunsch vorausgingen. Diese Stadien kommen von oben, vom Schöpfer, und entstehen nicht im Geschöpf von sich aus, es zwingend, den einen oder anderen Wunsch zu verspüren. Jeder meiner Gedanken ist Folge vorausgehender Entwicklungsetappen und resultiert aus dem Licht, aus dem Schöpfer.
Daher können wir immer sagen, dass das Geschöpf in sich vier Stadien der Entwicklung einschließt: das Wurzelstadium (Schoresch), erstes, zweites, drittes und viertes (Alef, Bet, Gimel, Dalet - nach den ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets). Auch bezeichnen wir sie mit den Buchstaben: Jud - Kej - Waw - Kej, die den Namen AWAJA zusammensetzen (statt "Hej" sagen wir "Kej", um nicht auf die genaue Aussprache der Buchstaben Nachdruck zu legen, welche die einen oder anderen spirituellen Kräfte bedeuten). Dem Wurzelstadium entspricht der Zipfel des Buchstaben Jud.
Abbildung 20
Warum greifen die Kabbalisten bei der Bezeichnung auf die Grundlage der Buchstaben des Alphabets zurück? Wenn wir damit fortfahren, die Entwicklung der Realität zu studieren, erfahren wir Folgendes. Der Buchstabe Jud bezeichnet den Genuss, welcher das Gefäß ausfüllt und im ursprünglichen Razon wahrgenommen wird. Der Buchstabe Hej verkörpert die Eigenschaft des Gebens. Der Buchstabe Waw symbolisiert die Handlung des Gebens im dritten Stadium vonseiten des zweiten Stadiums, d.h. die Entwicklung des Gebens (Pfeil nach unten). Und schließlich der letzte - Hej, der dem vierten Stadium entspricht und dem ersten Buchstaben Hej ähnlich ist, welcher Bina symbolisiert, zeugt davon, dass das vierte Stadium im Endeffekt die Form des zweiten annimmt und dadurch eine qualitative Angleichung an den Gebenden, d.h. an das Wurzelstadium erreicht, an den Zipfel des Buchstaben Jud.
Der absolut erfüllte und in allen seinen Wünschen vollkommene Zustand des vierten Stadiums wird als Unendlichkeit (Ejn Sof) oder die Welt der Unendlichkeit bezeichnet. "Welt" ist der Zustand, die Empfindung im Inneren des Wunsches. Da das vierte Stadium in allen seinen Wünschen grenzenlos und endlos erfüllt ist, heißt es auch so: "Unendlichkeit".
* * *
Abbildung 21
Die fünf Stadien der Verbreitung des direkten Lichtes werden auch bei Namen der Sfirot benannt. Das Wort "Sfira" (ספירה) kommt vom Wort "Sapir" (ספיר) - der Leuchtende. Wenn der Wille (Razon) mit Licht erfüllt ist, leuchtet er. Die Sfirot heißen wie folgt: Keter, Chochma, Bina, Seir Anpin (SA) und Malchut. Wodurch unterscheidet sich jede dieser Bezeichnungen?
Keter (כתר) kommt vom Wort "Koteret" (כותרת)- die Krone, der Beginn, der Schöpfungsplan, der die ganze Realität krönt und umfasst, in ihr von Beginn bis Ende wirkt und herrscht.
Chochma (Weisheit) heißt so, weil wir hier, im ersten Stadium, das ganze Licht und das ganze Kli sehen, welche der Schöpfer dem Geschöpf geweiht hat. Das, was anschließend im zweiten, dritten und vierten Stadium heranreift und zutage tritt, ist die Entwicklung der Bchina Alef. Dem Zipfel des Buchstaben Jud entspringt die erste Sfira, das erste Stadium, in dem alles veranlagt ist - das ganze Gefäß und das ganze Licht, die aus dem Wurzelstadium ausströmen - allerdings nur in embryonaler Form.
Man könnte entgegnen: Dann, im zweiten Stadium, entsteht doch die Empfindung des Schöpfers und Seiner Eigenschaft, infolge dessen das Kli sich Ihm angleichen möchte, wie Er werden möchte. Das stimmt, aber dieses ganze Potential ist bereits im ersten Stadium veranlagt. Bchina Alef - meint all das, was vom Schöpfer an das Geschöpf geht. Daher wird dieser Zustand "Chochma" genannt. Diese Bezeichnung wird auf unterschiedliche Arten entziffert, sie birgt in sich eine große Tiefe, wir bleiben aber bei dieser, ihrer Besonderheit stehen.
Bina (בנה) kommt vom Wort "Verständnis" (Havana, הבנה). Hier fühlt das Geschöpf und beginnt ein wenig zu verstehen, Wer all das tat, wie Seine Natur ist und was Er will. In der Bina enthüllte sich erstmals der Schöpfungsplan, und in Folge dessen, wollte es geben. Denn nun erkennt und versteht es den Schöpfer. Genau wie bei uns: wenn wir die Eigenschaft des Gebens erreichen wollen, wird das nur möglich, wenn wir verstehen, was sie ist und wie viel größer sie als unser Wunsch ist, der dem Wunsch nach Genüssen im Stadium von Chochma ähnelt.
Seir Anpin - ist das "kleine Gesicht". "Seir"- klein, "Anpin"- Gesicht. "Gesicht" meint das vom Schöpfer ausgehende Leuchten Chochma - das, was Er in Bezug auf uns zeigt, Seine Güte. "Kleines Gesicht" bedeutet die Bemühungen des Geschöpfes, sich dem Schöpfer anzugleichen. Genauso versucht ein Kind, dem Vater ähnlich zu sein, indem es die gleiche Handlung ausführt.
Malchut ("Königreich"/ "Herrschaft") heißt so, weil sie über ihren Wünschen herrscht. Sie erlangt erstmals einen selbstständigen Wunsch, erfüllt ihn und fühlt, dass sie eben selbst das Empfangen ausführt, und sowohl das Geschenk als auch den Geschenkgeber genießt.
Abbildung 22
Wir sehen also, dass es insgesamt fünf Kategorien oder fünf Sfirot gibt. Im Kontext einiger Zustände betonen wir aber das Vorhandensein nicht von fünf, sondern von zehn Sfirot. Warum? Woher kommen die anderen fünf? Sie sind in Seir Anpin eingeschlossen, der zusätzliche charakteristische Eigenschaften enthält: Chesed, Gvura, Tiferet, Nezach, Hod und Jesod. Anders gesagt wird Seir Anpin aufgehoben, und die sechs in ihm vorhandenen Kategorien nehmen seinen Platz ein.
Warum treten aber in Seir Anpin noch ganze sechs Sfirot in Erscheinung? Wodurch ist das bedingt? Denn wir bezeichneten ihn als das "kleine Gesicht" mit dem Hinweis darauf, dass er klein ist und die Bemühungen des Geschöpfes darstellt, dem Schöpfer ähnlich zu werden. In etwas ähnelt er Keter: denn Keter führt Geben an niedere Kategorien aus - und nun will auch Seir Anpin ähnlich wie Keter, ebenfalls geben, von unten nach oben im Bezug auf den Schöpfer handelnd. In ihm tritt eben dieses Bemühen zutage, Geben an den Schöpfer auszuführen.
Im Endeffekt ist in ihm Chesed analog Keter, Gwura analog Chochma, und Tiferet analog Bina. Für Seir Anpin ist es notwendig, diese Eigenschaften in sich einzuschließen, um einen Mechanismus aufzubauen, der gegenüber dem Schöpfer, für den Schöpfer wirksam ist. Ferner ist Nezach die Handlung von Bina, d.h. Seir Anpin als solcher. Hod ist Malchut, d.h. der Wille von Seir Anpin, die gegebene Handlung auszuführen. Und Jesod ist die Summe aller Handlungen von Chesed bis Hod, der Komplex der fünf Kategorien, die den fünf allgemeinen Stadien analog sind und sich in die summarische Handlung gegenüber dem Schöpfer zusammenlegen.
Daraus folgt, Seir Anpin ist zwar klein, aber er enthält fünf Teile und führt auf diese Weise eine Handlung des Gebens von sich zum Schöpfer aus.
Nachdem er die Kategorie des Gebens entdeckt, findet er heraus, was es bedeutet, der Gebende zu sein, was das für ein Genuss ist, welche Horizonte sich dabei erschließen. Dann will das Geschöpf diesen Status genießen, und es entsteht Malchut, das vierte Stadium.
Wünsche, die diesen fünf Stadien eigen sind, reagieren auf ihre Erfüllung, die "Licht" heißt. Welches Licht erfüllt sie aber?
Abbildung 23
In Keter befindet sich das Licht als solches. Wir wissen nicht, was das ist. Es ist einfach das Licht, welches vom Schöpfer kommt. In der Sfira Chochma befindet sich das Licht, welches genauso heißt - Chochma. In Bina - Licht unter dem Namen Bina. In Seir Anpin - beide Lichter zusammen: sowohl Chochma als auch Bina. Denn Seir Anpin, das dritte Stadium, ist das Ergebnis der Handlungen des ersten und des zweiten Stadiums, und daher hat es in sich ein wenig vom Licht Chochma und ein wenig vom Licht Bina. Schließlich gibt es in Malchut alles für den Selbstgenuss, Bina verwandelte sich dort ebenfalls in Chochma. Das vierte Stadium will wirklich genießen.
Außerdem bezeichnen wir diese Lichter mit Namen entsprechend ihrer Stärke: Nefesch, Ruach, Neschama, Chaja und Jechida - oder verkürzt NaRaNChaJ. Nefesch bedeutet den Zustand der Bewegungslosigkeit, der Ruhe (Nefischa), in dem noch nichts wahrgenommen wird. Ruach (Geist, Spiritus, Hauch) zeugt von einer unbedeutenden Veränderung, aber keiner selbständigen. Der Zustand kommt und geht wie der Wind. Ich übe keinen Einfluss darauf aus, sondern spüre lediglich irgendeine Bewegung, mehr nicht. Neschama (Seele) heißt wegen des Verweises auf etwas in meinem Inneren so, was vom Höheren ins Leben gerufen wurde, auf die erste Verbindung des Geschöpfes mit dem Schöpfer, die sich auf die Ähnlichkeit der inneren Eigenschaft gründet. Das geschieht im Stadium von Bina. Chaja (Lebenskraft) bedeutet, dass das Geschöpf zu handeln beginnt und selbst Bewegungen ausführt. Schließlich zeugt Jechida ("einheitlicher Teil") davon, dass das Geschöpf wahrnimmt und fühlt, wer der Schöpfer ist. Es will entweder von Seinem Status genießen, oder, wie wir später sehen werden, sich mit Ihm vereinen.
Diese Bezeichnungen schließen in sich eine Vielfalt an Zuständen ein. Die Rede ist nicht von einem gewissen Zustand in einer der Welten, nicht von einem Einzelfall. Die Wissenschaft der Kabbalah bedient sich stets dieser Bezeichnungen, und vermittelt uns dabei allgemeine Begriffe von dem, was mit den fünf Stadien des direkten Lichtes während ihrer Entwicklung geschieht.
Abbildung 24
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Als wir die Bezeichnungen der fünf Stadien betrachteten - Jud- Kej- Waw- Kej- sprachen wir davon, dass sich jedes Stadium in etwas von den anderen unterscheidet und daher auf andere Weise bezeichnet wird. Wodurch unterscheiden sich nun diese fünf Kategorien? Durch ihren Wunsch. Wenn sich aber die Wünsche unterscheiden, unterscheiden sich auch die Arten der Erfüllung. Denn die Erfüllung hängt vom Wunsch ab.
Abbildung 25
Vom Schöpfer kommt das direkte Licht und formt fünf Stadien. Diese Stadien entwickeln sich, im Ergebnis davon nimmt jedes entsprechend dem Wunsch eine unterschiedliche Erfüllung von ein und demselben Licht wahr. Das ankommende Licht ist abstrakt - es ist einfach das Licht. Es wird als "allumfassend" oder "direkt" bezeichnet. In jedem der von ihm ausgebildeten Stadien ist eigenes Licht enthalten: im Stadium Chochma - das Licht Chochma, im Stadium Bina - das Licht Bina, im dritten Stadium - Chochma und Bina zusammen und großes Licht Chochma im vierten.
Abbildung 26
Das Gefäß verfügt über zwei Haupteigenschaften, denn das Kli ist der Wunsch: der Wunsch, Genuss zu erhalten oder der Wunsch zu geben. Daher gibt es zwei Arten von Genüssen. Auf der Abbildung markieren wir nicht den Genuss, der sich im Gefäß verbreitet, sondern die Richtung seiner Wirkung. Der Genuss am Empfangen wird also als Licht Chochma (Or Chochma) bezeichnet, und der Genuss am Geben - als das Licht Chassadim. Wenn das Gefäß sich mit Empfangen füllt, wird dieser Genuss als das Licht Chochma bezeichnet. Wenn das Gefäß gibt, äußert sich sein Geben im Empfangen mit dem Ziel, dem Gebenden Genuss zu bereiten - und im Inneren des Kli wird dieser Genuss als das Licht Chassadim bezeichnet.
Die Stadien zwei, drei und vier verfügen sowohl über die Empfindung des Gebenden und Seines Gebens, als auch über die Empfindung des Empfangens und der von ihm ausgelösten Handlung ihrerseits. Wie kann das Kli überhaupt geben? Wir sprachen bereits davon, dass es nicht geben kann. Es kann entweder:
· Genießen, wie im ersten Stadium;
· Oder nicht genießen, aus dem Wunsch zu geben heraus, wie im zweiten Stadium.
Abbildung 27
Das zweite Stadium will Geben ausführen, gibt aber nicht. Um zu geben muss es Empfangen ausführen, ähnlich wie Bchina Alef, aber mit der Absicht, dem Gebenden Genuss zu bereiten, ähnlich wie Bchina Bet. Deswegen ist im dritten Stadium sowohl das Licht Chochma, als auch das Licht Bina vorhanden.
Im vierten Stadium genießt das Geschöpf in vollem Umfang, entsprechend seinem Willen zu geben und dem Willen zu genießen. Daher wird Bchina Dalet als Malchut bezeichnet (Königreich/Herrschaft) - sie herrscht und will all die Zustände, die sich vor ihr aufdecken werden, und will sie ohne jegliche Beschränkungen genießen. Daher rührt die Bezeichnung "Welt der Unendlichkeit". "Welt" ist ein Zustand, Zustand des unendlichen, grenzenlosen Empfangens der Genüsse und der Fülle.
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Thema dieser Lektion waren die vier Stadien der Verbreitung des direkten Lichtes. Die gesamte Realität, die wir im Weiteren studieren werden, ist Ergebnis dieser Phasen: der Zipfel des Buchstaben Jud - Jud selbst - der erste Hej - Waw - und der letzte Hej. Anders gesagt ist die Rede von den zehn Sfirot: Keter (K), Chochma (Ch), Bina (B), Seir Anpin (SA) und Malchut (M). Die Aufteilung nach Lichtern innerhalb dieser Sfirot ist die Folgende: Nefesch - Ruach - Neschama - Chaja - Jechida.
Wenn wir ferner jedes Stadium und jede Sfira ausführlich studieren, werden wir dort ganze Welten entdecken. Und tatsächlich werden es fünf Welten sein, mit allen Geschöpfen, Kreaturen, Wesen und anderem - in jeder der sie zusammensetzenden Kategorien. Die Entwicklung des Vorgangs führt dazu, dass sich die Welt Adam Kadmon (AK) bildet, sowie die Welten Azilut, Brija, Jezira und Asija. Alle diese Zustände nahmen ihren Ursprung in der Malchut, der Welt der Unendlichkeit.
Aus den Welten entstanden wiederum die Seelen aller Geschöpfe. Die Geschöpfe unterteilten sich auf fünf Stufen: Wurzelstufe, unbelebte, pflanzliche, tierische und der Mensch. Nur dem Menschen ist die Verpflichtung auferlegt, eine Korrektur in der qualitativen Angleichung zu vollziehen. Der Zustand der Ähnlichkeit der Eigenschaften heißt "Ende der Korrektur". Mit anderen Worten gelangt Malchut durch alle Welten, alle Geschöpfe hindurch zur Korrektur mittels des Menschen, der eine Erhebung der ihm vorausgehenden Stufen auslöst - der tierischen, pflanzlichen, unbelebten - und in seiner Wurzel den Schöpfer erreicht.
In der ganzen Wirklichkeit gibt es nichts außer diesen zwei Stadien: Jud - Kej - Waw - Kej oder Keter - Chochma - Bina - Seir Anpin - Malchut. Alles, was wir studieren, verstehen und erschließen werden, ist in diesen fünf charakteristischen Eigenschaften veranlagt, besonders im letzten Wunsch - der Malchut, die alle vorherigen Stadien in sich einschließt.
Wunsch - das sind wir. Später wird es uns klar werden, dass nur dieser einer Korrektur bedarf. Soweit wie wir mit dem Studium der Struktur der Realität, in welcher wir uns befinden, voranschreiten, soweit wie wir uns der Verpflichtung bewusst werden, das Ende der Korrektur und die dazu notwendigen Mittel zu erreichen, werden wir das Schöpfungsziel realisieren können und zu einem Zustand der Perfektion, der Ewigkeit und der Übereinstimmung der Eigenschaften mit dem Schöpfer gelangen. So ist im Wesentlichen der Inhalt der Wissenschaft der Kabbalah: die gesamte Wirklichkeit, sowohl die Höhere als auch die Niedere, einschließlich der Geschöpfe, der Äußerung des Schöpfers ihnen gegenüber und ihres Weges zu einem Gleichgewicht in ihren Wechselbeziehungen mit dem Schöpfer.
Wir werden im Laufe dieses kleinen Einführungskurses über den Aufbau der Wirklichkeit sprechen, wie die Wirklichkeit an sich ist, und wie wir aufgebaut sind, im Inneren dieser Wirklichkeit, was die Verbindung zwischen uns und dieser Wirklichkeit ist, und wie das von oben nach unten aufgebaut ist, vom Anfangspunkt an und bis hin zu dem Menschen, durch alle Welten hindurch, und wie der Mensch von unten nach oben durch alle Welten hindurch zurück zu dem Punkt gelangt, an dem er über die ganze Wirklichkeit herrscht, und sich über diesem ganzen Leben erhebt, über die Zeit, über den Raum, über die Entfernungen, zu einer völlig anderen Dimension, die als das Spirituelle bezeichnet wird.
Darüber haben wir eine sehr große Ansammlung von Büchern, die bereits Jahrtausende existiert, wir studieren aber die Wissenschaft der Kabbala nach den letzten Quellen, weil sie für unsere Seelen bestimmt sind, für diejenigen, die sich heute in unserer Welt befinden. Deswegen wenden wir uns kaum den älteren Quellen zu, außer wenn es daran einen besonderen Bedarf gibt. Wir lernen aus den Quellen eines sehr großen Kabbalisten Aschlag (Baal Sulam), des letzten Kabbalisten, der im zwanzigsten Jahrhundert lebte, und speziell für uns, für unsere Generation schrieb, und die Wissenschaft der Kabbala in einer Form zubereitete, in der wir sie erkennen, fühlen, verstehen können, er verfasste sie in einer wissenschaftlichen, einfachen Form, in einer Form, in der wir sie aufnehmen und benutzen können.
Seine ganze Kabbala gründet sich jedoch auf älteren Quellen, im Besonderen auf der Kabbala des Ari, eines Kabbalisten, der im sechszehnten Jahrhundert lebte, und von dem wir die Basis der modernen Kabbala haben. Von Ari haben wir alles in allem über zwanzig Volumen, von welchen Ez Chaim- der Baum des Lebens- sein Hauptwerk ist. Darin schreibt er so über den Beginn der Schöpfung: (Hatchalat haBrija) Wisse, dass bevor die Emanationen emanierten und die Geschöpfe erschaffen wurden, das einfache höchste Licht die ganze Wirklichkeit ausfüllte. Und es gab keinen freien Raum, oder leere Atmosphäre oder leeren Platz; sondern es war alles voller jenes einfachen unendlichen Lichtes; und dieses hatte weder Anfang noch Ende, sondern es war alles Einziges Einfaches Licht, gleich in einer einzigen Gleichheit (der Eigenschaften), und dieses hieß Licht der Unendlichkeit.
Damit beginnt der Ari. Und auch wir beginnen damit. Wie sehen wir, erkunden und verstehen wir den Beginn der Schöpfung? Ari sowie der Rest der Kabbalisten, auch Baal Sulam, sagen uns, dass die Schöpfung damit begann, dass das höchste einfache Licht kam, und für sich, sich gegenüber, einen Wunsch, Willen- Razon aufbaute, das Gefäß, oder Kli. Exakt im gleichen Maße wie das Licht geben will, ausgestattet mit der gleichen Potenz und der gleichen Kapazität erschuf es das Kli, den Willen zu empfangen, es erfüllte das Kli und das Kli empfand Vergnügen daran. Aber damit einher, im Licht drin, fühlte das Kli, dass die Quelle des Lichtes größer ist das Licht selbst, und dass es vom Willen zu geben kommt, denn das Licht ist der Genuss, der zum Kli gelangt und so empfunden wird, und der Jemand, der sich über dem Licht befindet, und von dem das Licht ausgeht, ist ein Ort, der erfüllen will, Genuss geben will, Vergnügen geben will. Dieser Ort wird der Schöpfer genannt.
Nachdem also das Licht das Kli erfüllt, fühlt das Kli, dass es etwas über dem Licht gibt. Das Kli fühlt, dass es die Quelle gibt. Aus diesem Gefühl heraus möchte das Kli der Quelle gleichen, möchte wie die Quelle sein, auf einer noch höheren Stufe, in einem noch größeren Willen und Genuss.
Also entwickelt das Kli in seinem Inneren einen Willen zu geben, wie beim Schöpfer. Diese Differenziationen bezeichnen wir als Stadien, Bchinot: Stadium 0, dem alles entspringt, das Licht selbst; wenn das Kli da ist, bezeichnen wir das als das Stadium 1; als das Kli wie das Licht geben möchte, ist es bereits das Stadium 2.
Wie wir also bereits sagten, fühlte das Kli den Genuss in seinem Inneren, fühlte die Erfüllung, und aus dem Gefühl des Genusses heraus, welches das Kli empfand, fühlte es, dass jemand ihm diesen Genuss gibt.
So bekommen wir zum Beispiel in unserer Welt etwas in die Hände, genießen, und in diesem meinem Genießen beginne ich zu fühlen, dass dieser Genuss ja anscheinend von jemandem kommt; dann beginne ich, durch diesen Genuss zum Genussgeber eine Verbindung aufzubauen; und wenn ich zum Genussgeber eine Verbindung aufbaue, der ja größer ist als ich, weil er gibt, und ich empfange, dann möchte ich wie er sein.
Genau das geschah mit dem Kli im ersten Stadium, und so kam es zum zweiten Stadium. Im ersten Stadium ist das Kli Empfänger oder Empfangender genannt, und im zweiten Stadium heißt das Kli Geber oder Gebender.
Dadurch jedoch, dass es gibt, fühlt es sich nur wie die Quelle, die ihm gibt. Dadurch entwickelt es einen anderen Wunsch, und zwar mochte es einen Akt des Gebens vollziehen, nicht nur geben zu wollen, sondern tatsächlich aktiv zu geben. Hier versteht es: wie kann ich eigentlich geben? Die Quelle, der Schöpfer, verfügt über das Licht, über den Genuss; und er gibt mir. Ich empfange und genieße. Das ist mein Baustoff. Zu empfangen, der Empfänger zu sein, ist mein Baustoff. Daraus bin ich gebaut; ich habe nichts weiter als das. Ich bin das Gegenstück vom Licht, das Gegenstück vom Genuss. Wenn das Licht zu mir gelangt, mich erfüllt, empfinde ich Genuss. Ich verstehe, dass es sich mehr lohnt, zu geben als zu empfangen. Dadurch bin ich „kompletter", höherer, vollkommener. Wenn dem so ist, dann möchte ich Geber sein; aber wie soll ich geben, ich habe nichts zu geben! Ich beginne aber zu fühlen- diese Quelle, warum möchte sie mir geben? Sie möchte mir geben, weil sie mich liebt! Während ich das gleiche tue, was sie tut, während ich die Handlung des Gebens ausführe, beginne ich zu sehen, dass Er mich liebt. Warum gibt Er? Weil Er liebt. Wodurch fühle ich diese Liebe, die es in ihm gibt? Dadurch dass ich Ihm ähnlich geworden bin.
So ist das mit kleinen Kindern. Sie können nicht fühlen, dass die Eltern sie lieben- bis sie nicht selbst groß werden und Kinder bekommen. Wenn sie dann ihren Kindern geben, beginnen sie zu verstehen, wie ihre Eltern sie geliebt haben. Wie es heißt:„aus deinen Taten werde ich dich erkennen" (Mi maasecha ikarnucha). Aus den Handlungen heraus erkennen wir ihr Wesen.
In dem Augenblick daher, wenn der Geber, dieses Kli im Studium 2, zu geben wünschte, begann es, in dem Maße wie es geben wollte, zu verstehen, dass der Schöpfer es liebt. Als es sodann fühlte, dass der Schöpfer es liebt, kam ihm die Idee: wenn der Schöpfer mich liebt, mache ich doch Folgendes: er liebt mich und möchte, dass ich genieße; dann empfange ich doch von ihm den Genuss, wie zuvor, wie im Stadium 1. Aber ich empfange ihn, weil ich dem Schöpfer geben möchte; weil ich ihn liebe, wie Er mich liebt. Wenn ich sodann empfange, dann empfange ich nicht für mich, sondern ich empfange, weil ich möchte, dass der Höhere von mir genießt. Ich nutze die Liebe des Höheren zu mir.
Hier müssen wir verstehen, dass wenn wir nicht fühlen, dass der Schöpfer uns liebt, wir ihm nicht geben können werden. Zwischen beiden muss eine Verbindung bestehen. Dann, aus der Tatsache heraus, dass das Kli die Liebe des Schöpfers fühlt, kann es von Ihm empfangen, und dieses Empfangen wird wie das Geben sein. Dieses Kli in dieser Form wird dann Stadium 3 genannt: im Stadium 2 will es nur geben, und im Stadium drei tut es das.
Nachdem es so zur gleichen Handlung gelangt wie die des Schöpfers, - denn in diesem Zustand ähnelt es tatsächlich dem Stadium 0, Wurzelstadium- dadurch, dass es zu diesem Zustand der Schöpferähnlichkeit gelangt, beginnt es wahrzunehmen, in welchem Zustand der Schöpfer ist: in welcher Ewigkeit, in welcher Vollkommenheit, wo er ganz das Geben ist, über allen Einschränkungen eines Empfängers steht.
Also möchte es sein wie Er. Was heißt das? Es möchte vom Zustand genießen, in dem sich der Schöpfer befindet. Nun eröffnet sich ihm das letzte, große Kli. Dieses Kli möchte sowohl den Genuss empfangen, der vom Schöpfer kommt, als auch die Liebe, die von ihm kommt, und auch den Status des Schöpfers: die Tatsache, dass der Schöpfer so groß ist.
All diese Dinge möchte es empfangen und genießen. Das Kli dieser Form heißt Stadium 4, und auch Nivra- das Geschöpf. Warum Geschöpf? Weil es in diesem Stadium alles empfangen möchte, was vom Schöpfer kommt, um es zu genießen. Es möchte nichts weiter als das. D.h. es möchte nichts zurückgeben. Es möchte nicht geben, es möchte nur sich selbst füllen, mit allem, was vom Schöpfer kommt. Deswegen heißt dieser Wille, dieses Material, Nivra, Geschöpf, weil es sich in vollkommener Entgegengesetztheit zum Schöpfer befindet. Der Schöpfer ist ganz das Geben; Er gibt sowohl Genuss, als auch Liebe, und seinen Status, Er ist bereit, alles dem Geschöpf zu geben; und das Geschöpf möchte es nur empfangen, und von all diesen Dingen genießen. D.h. im Stadium 4 steht das Geschöpf in vollkommener Entgegengesetztheit zum Schöpfer (in der Zeichnung mit Delta vermerkt). Den Schöpfer vermerken wir mit Plus- der hundertprozentig Gebende, und das Geschöpf- mit Minus, als das hundertprozentig Empfangende. Damit wird der Schöpfungsakt abgeschlossen. Was heißt „der Schöpfungsakt wird abgeschlossen"? Alles ist vollbracht! Wir haben den Schöpfer, der mittels der erwähnten Stadien das Geschöpf schuf, wobei das letztere alles empfangen möchte, was vom Schöpfer kommt. In Wirklichkeit gibt es außer dem nichts. Hier endet alles.
Jedoch fehlt es noch an einer Entwicklung vonseiten des Geschöpfes. Denn dieses Geschöpf, das wir im vierten Stadium haben, beginnt zu fühlen, wie sehr es im Gegensatz zum Schöpfer steht. Diese Situation des Geschöpfes im vierten Stadium wird als die Welt der Unendlichkeit (Olam Ejn Sof) bezeichnet. Warum Welt der Unendlichkeit? Weil alle hundert Prozent, die vom Schöpfer an das Geschöpf ausgehen, in das Geschöpf eintreten und von den hundert Prozent des Fassungsvermögens, die sich im Geschöpf befinden, aufgenommen werden. Deswegen heißt das „grenzenlos", endlos. Es gibt keine Beschränkung auf die Aufnahme des Lichtes. Welt ist dabei die Situation des Kli- diese heißt Welt.
Wir können eine jede Situation des Kli als seine Welt bezeichnen. Auch der Zustand, die Situation eines Menschen, - er fühlt, dass er sich in einer bestimmten Welt befindet. Im nächsten Augenblick wird seine Empfindung eine andere sein, die einer anderen Welt. D.h. die Welt ist eine Empfindung des Kli über den Ort, an dem es sich befindet.
Jetzt haben wir also die Entwicklung des Kli auf den vier Stufen, den vier Stadien verfolgt, auf welchen aus dem Schöpfer, der das Wurzelstadium darstellt, die Stadien eins, zwei, drei, sowie das letzte, vierte Stadium, entspringen, wobei das vierte Stadium den Abschluss des Kli darstellt, das abschließende Gefäß. Warum? Weil es alles empfangen möchte, was vom Schöpfer kommt, und sich zu hundert Prozent erfüllt. Dieser Zustand des Kli wird dabei als Nivra bezeichnet, und die Erfüllung selbst, die Einheit der Erfüllung, heißt die Welt der Unendlichkeit, in welchem das Kli fühlt, dass es vollkommen ausgefüllt ist, und es ihm an nichts fehlt. In diesem Zustand ist das Kli, das Geschöpf, dem Schöpfer entgegengesetzt, weil der Schöpfer ganz der Gebende, und das Geschöpf ganz das Empfangende ist.
Was geschieht weiter in der Entwicklung des Gefäßes? Das Kli fährt mit seiner Entwicklung fort. Warum? Weil die Welt der Unendlichkeit, in welcher es mit dem, was vorhanden ist, hundertprozentig erfüllt ist, ebenfalls eine Empfindung der Unterscheidung vom Gebenden erweckt. Warum? Es gibt hier einen Gebenden, der hundertprozentig positiv ist. Und das Kli selbst ist hundertprozentig negativ. Es fühlt sich selbst als den Empfangenden, und dass es dem Schöpfer entgegengesetzt, ihm gegenüber niedrig ist. Deswegen gibt es im Kli dieses Gefühl des Unterschieds, dieses Spaltes, dieses Delta, was als Buscha (Scham) empfunden wird. Wir werden diese Begriffe noch lernen müssen, wie sie in der Wissenschaft der Kabbala sind, wie die Kabbalisten sie definieren, eingrenzen, alle diese Definitionen werden wir lernen und sie auswendig wissen müssen, weil es unmöglich, fast unmöglich ist, sie in andere Worte, in eine andere Sprache zu übersetzen; in diesen Begriffen von Buscha (Scham), Unendlichkeit (Ejn Sof), Stadien (Bchinot), Unterscheidungen (Havchanot), Kli (Gefäß), Or (Licht), gibt es viele innere Dinge, so dass es sich für uns lohnt, nicht damit zu beginnen, dass jeder sie in die eigene Sprache übersetzt, sondern bei den gleichen Definitionen zu bleiben, und später, bei weiterem Studium, uns einfacher auszudrücken, denn alles in allem gibt es außer diesen Definitionen in der Wissenschaft der Kabbala nicht viele Worte. Den ganzen Rest der Worte werden wir in jeder Sprache verstehen können; wenn wir die Zustände und die Handlungen des Kli in der Sprache der Kabbala kennen werden, wird es uns auch dabei helfen, miteinander mehr in Verbindung zu bleiben. Der Nutzen dieser Verbindung- und später werden wir noch darüber sprechen- ist sehr groß.
Woran sind wir also nun hier: in einer Situation, in der das Kli in der Welt der Unendlichkeit fühlt, wie sehr es dem Schöpfer gegensätzlich ist. Wir haben oben in der Zeichnung das Wurzelstadium (Bchina Schoresch), und unten- das Stadium vier (Bchinat Dalet). Den Unterschied zwischen ihnen empfindet das Kli in Form von Buscha, der Scham. Was kann das Kli aus dieser Scham heraus tun? Es kann nichts tun. Denn die ganze Scham resultiert aus der Tatsache, dass es empfängt. Dann entscheidet es: um dieses schreckliche Gefühl loszuwerden, sage ich dem Empfangen ab. So stößt es alles, was es in ihm gab, nach draußen, und hört auf zu empfangen. Diese Handlung heißt der erste Zimzum (Kontraktion/ Einschränkung).
Danach bleibt das Kli vollkommen leer. Das ganze Licht hat es verlassen. Diese Welt heißt dementsprechend Olam ha- Zimzum (die Welt der Kontraktion). Das Kli blieb also leer, es kontrahierte- schränkte sich ein, und möchte nicht wieder empfangen.
Was soll es aber weiter tun? Denn bei alledem blieb der Spalt ein Spalt. Dadurch, dass das Kli sich entleert hat, wurde es dem Schöpfer nicht ähnlicher, sondern nun empfängt es lediglich nicht, und hat jetzt auch kein Gefühl der Buscha (Scham). Es ist dem Schöpfer nicht mehr gegensätzlich, dadurch, dass es empfängt, und der Schöpfer gibt; aber bei alledem verbleibt es im Mangel (Chissaron). Der erste Mangel besteht darin, dass das Kli leer ist, und also sein Razon (Wille) bei alledem leer ist; und auch gibt es nichts an den Schöpfer, denn an dieser Stelle besteht der Wille nicht nur darin, zu empfangen; sondern hier befindet sich im Kli bereits auch der Wille zu geben, und auch das Gefühl, dass der Schöpfer es liebt und möchte, dass es genießt; wegen der Tatsache also, dass es leer verblieben ist, leidet es sowohl für sich selbst, als auch, weil es dem Schöpfer keinen Genuss bereiten kann; es fühlt auch das Leid des Schöpfers.
Hier gibt es ein doppeltes Leid, d.h. es blieb hier eine doppelte Leere im inneren des Kli. Warum? Wie wir schon gesagt haben, empfing das Kli vom Schöpfer Genuss, empfing vom Schöpfer Liebe, empfing die Empfindung der Stufe des Schöpfers. Es hatte alles, bevor es sich einschränkte (kontrahierte), und es fühlte alles, diese Vollkommenheit, die ihm gegeben war. Dann kam aber aufgrund der Vollkommenheit das Gefühl der Buscha (Scham). Sodann stößte es die ganze Errfüllung aus sich heraus. Jetzt, da es leer geblieben ist, hat es die Leere wegen des Fehlens des Lichtes in sich; die Leere, weil es die Liebe des Schöpfers nicht spürt- denn jetzt bekommt es nichts von ihm; und es fühlt auch nicht die Größe des Schöpfers, den Zustand, in dem es selbst war, als es dem Schöpfer ähnelte. So offenbart sich nun dieser ganze große Wille in einem Zustand des Kli, welcher Olam ha-Zimzum heißt, die Welt der Kontraktion (wie wir bereits gesagt haben ist die Welt der Zustand des Geschöpfes).
Die Welt des Zimzum geht zu Ende. Womit? Damit, dass das Kli beginnt, nachzudenken: was soll ich tun? Alles in allem habe ich nichts getan. Wie ich zuvor dem Licht gegenüberstand, und das Licht mich erfüllte; so bin jetzt auch im gleichen Zustand: das Licht befindet sich außerhalb von mir, und ich bin leer. Nur bin ich bei weitem leerer als zuvor, was habe ich also erreicht?
Aus all diesen Konsequenzen, die das Licht, welches im Inneren des Kli war, und es verließ, zur Folge hatte; aus diesem Vorgang im Inneren des Kli entstanden nun Differenziationen, Unterscheidungen, so, dass es in diesem Kli nun zwei Dinge gibt: es hat seinen eigenen Willen, den Willen zu empfangen; und es hat später auch einen anderen Willen, den es vorher hatte, den Willen zu geben, so, dass es im Inneren des Kli nun zwei Attribute gibt: der erstere Wille ist ein Attribut des Geschöpfes, und der letztere- ein Attribut des Schöpfers.
Aus der Tatsache heraus, dass es im Kli diese zwei Attribute gibt, beginnt es nun zu denken: was tue ich? Es hat schon Raum zum Überlegen: was soll es im Inneren tun, welche Berechnungen und Prozesse durchführen? Nun bildet es wirklich einen neuen Prozess. Denn alles in allem möchte es empfangen, und mittels dieses Empfangens möchte es auch geben. Wie kann man das also tun? Das Kli an sich ist nur Wille zu genießen, Gefäß der Empfängnis! Also überlegt es sich: der Schöpfer möchte, dass ich empfange. Und ich möchte auf seine Stufe gelangen. Also gelange ich dorthin auf einem einfachen Wege. Durch etwas, was Masach heißt (Schirm). Wenn ich vor meinem Willen zu empfangen eine Bedingung aufbaue, so, dass wenn ein Genuss zu mir kommt, ich ihn nicht für mich empfange, ihn nicht für mich erhalten wollen werde, wie ich ihn zuvor empfing, wonach ich fühlte, dass ich dem Schöpfer entgegengesetzt bin (vorletzte Zeichnung). Bevor ich einen Genuss empfangen werde, werde ich mich dem Schöpfer angleichen. Wie? Ich empfange den Genuss nicht, ihn sende ihn zurück und sage: Ich bin nicht bereit zu empfangen. Dadurch halte ich die Bedingung des ersten Zimzum ein. Ich stoße das ganze Licht weg. Was also später auch geschehen mag, werde ich nicht in Buscha, nicht beschämt, ich werde nicht getrennt sein, ich werde wie der Schöpfer sein. Ich weise ab, ich empfange nicht.
Anschließend empfange ich doch: aber wie empfange ich? Ich empfange alles, was zu mir gelangt, aus dem Grunde, dass ich das nur annehme, damit der Schöpfer genießt. D.h. hier arbeite ich mit der Liebe des Schöpfers zu mir, und meiner Liebe zu Ihm. Dabei erhalten wir beide voneinander, und wir beide geben einander. Auf diese Weise ähnele ich dem Schöpfer vollkommen. Soweit, dass alles, was von mir aufgenommen werden würde, wieder Olam ejn Sof, wieder die Welt der Unendlichkeit wäre. In diesem Zustand werde ich dem Schöpfer gleichen. Während also das Geschöpf in der Welt der Unendlichkeit, welches alles empfing, fühlte, dass es dem Schöpfer entgegengesetzt ist, so fühlt es hier, wenn es durch einen Masach, durch eine Bedingung aufnimmt, dass er das nur für den Schöpfer tut, dass es dem Schöpfer ähnelt, ich würde sogar sagen gleicht.
Dazu gibt uns Baal Sulam ein Beispiel, in einem seiner Artikel, der „die Einführung in die Wissenschaft der Kabbala" heißt. Dieses Beispiel sollten wir uns zu Gemüte führen, es ist sehr schön: „Und ich werde es dir an einem Gleichnis von dem erklären, was in dieser Welt geschieht: es ist in der Natur des Menschen, die Eigenschaft des Gebens, das Beschenken zu respektieren, und die Eigenschaft des Nehmens vom Anderen ist verachtungswürdig und niedrig in seinen Augen." D.h. wenn ich jemandem gebe, dann bin ich dadurch stolz, ich fühle, dass ich größer bin, dass ich gebe. Wenn ich aber von jemandem etwas annehmen muss, dann fühle ich mich minderwertig, ich hänge von jemandem ab, er ist größer als ich. Ich schäme mich davor. Das ist unsere Natur. Woraus resultiert das? Das resultiert aus der Tatsache, dass der Schöpfer der erste, und wir die zweiten sind. Und aus dem, dass er größer und ich kleiner bin, resultiert mein Gefühl der Minderwertigkeit. Diese Minderwertigkeit erschuf der Schöpfer absichtlich in uns, damit wir, indem wir uns des Gefühles der Scham auf richtige Weise bedienen, indem wir fühlen, dass wir Ihm entgegengesetzt sind, daraus Hilfe schöpfen, um Handlungen auszuführen, um auf Seine Stufe zu gelangen, was das Ziel ist.
Baal Sulam sagt nun, dass es in den Augen des Menschen verachtungswürdig sei, der Empfänger zu sein. Aus diesem Grunde, wenn einer in das Haus seines Freundes zu Besuch kommt, und der Freund ihn darum bittet, es sich schmecken zu lassen und etwas bei ihm zu essen, wird der Ankömmling nicht essen können, sogar wenn er hungrig ist, essen möchte; die Scham wird ihm das nicht erlauben. Denn es ist verachtungswürdig und niedrig in seinen Augen, Gaben vom Anderen in Empfang zu nehmen.
So sind wir aufgebaut. Wilde und Haustiere, sowie der ganze Rest der Geschöpfe fühlen das nicht, aber der Mensch fühlt das ja. Er muss für sich selbst eine Rechtfertigung geben, warum er vom Anderen etwas annimmt. Sogar ein Dieb muss trotz alledem sich selbst sagen, sich selbst zeigen, dass er darin, dass er vom anderen nimmt, im Recht ist. Alle stehlen, ich habe das Recht, ich bin arm usw., er muss für sich in seinem Inneren eine Rechtfertigung für seine Handlung finden. So sind wir aufgebaut. Das ist unsere Natur. Aber, sagt Baal Sulam, wenn der Gastgeber vermehrt den Gast bittet und an ihn appelliert, und das in ausreichendem Maße, d.h. wenn der Gastgeber sagt: „bitte, nimm, ich habe alles für dich vorbereitet, ich möchte sehr, dass du es dir schmecken lässt, dass du bei mir genießt, ich wusste, was du möchtest, was du magst, ich habe das extra gemacht, tue mir einen Gefallen", d.h. er appelliert und sagt: du nimmst nichts für dich, du empfängst nicht, in meinen Augen empfängst du überhaupt nichts, in meinen Augen ist es so, dass du mir einen Gefallen tust, wenn du jetzt von mir annimmst! Du bereitest mir damit Genuss. Dann heißt es: Wenn er in ausreichendem Maße an ihn appelliert. Was ist genug? Dass der Gastgeber die ganze Zeit bittet und bittet, bis es sich offenbart, dass er dem Gastgeber einen großen Gefallen tut, wenn er bei ihm isst. Also öffnet er seinen Hunger, hebt seinen Zimzum auf, nicht zu empfangen, und beginnt zu essen. Denn er fühlt schon und ist sich sicher, dass er durch sein Empfangen dem Gastgeber einen Gefallen tun, und ihm Genuss bereiten wird.
Solange der Gastgeber dem Gast nicht beweisen kann, dass er ihm einen Gefallen tut, schafft es der Gast nicht, zu essen. Wenn der gleiche Wille, der gleiche Hunger, der gleiche Appetit, der einmal im Inneren des Kli war, und einmal in der Empfindung des Kli als „Minus" vorhanden war, als das Empfangen, jetzt benutzt wird, wird er gerade in einen „Plus" verwandelt, er wird genau wie der Gastgeber, der bei seinem Empfangen fühlt, dass er genau wie der Gastgeber ist- nicht kleiner als er, sondern, dass er ihm vollkommen gleicht.
Denn der Gastgeber möchte, dass er genießt, der Gastgeber will, er leidet, wenn ich von Ihm nicht empfange. Und wenn ich nur empfange, um damit dem Gastgeber Genuss zu bereiten, ihm einen Gefallen zurückzugeben, dann läuft es darauf hinaus, dass ich nicht nehme, sondern gebe. Ich bereite ihm einen Genuss. Ich werde zu der Quelle des Genusses für den Gastgeber. D.h. (zurück zur Zeichnung), der Schöpfer, der sich oben in der Zeichnung befindet, und sein Licht an das Geschöpf gibt, dieser Schöpfer leidet, Er möchte geben; und wenn das Geschöpf nicht empfängt, dann leidet der Schöpfer.
Also entscheidet das Geschöpf, dass es dem Schöpfer Genuss bereiten möchte, und dann läuft es darauf hinaus, dass sie beide geben, und zwar dadurch, dass sie beide nehmen. Das Geschöpf nimmt Licht vom Schöpfer in Empfang, und der Schöpfer erhält vom Geschöpf das, was bei uns als Kavana (Absicht) bezeichnet wird, die Beziehung des Geschöpfes zum Gastgeber. Das Geschöpf hat nichts, was es geben könnte! Es hat nichts von sich selbst. Was kann er dem Gastgeber geben? Wenn er zum Gastgeber zu Besuch kommt, dann breitet der Gastgeber vor ihm einen Tisch aus, mit aller Geschmacksrichtungen, allen Speisen; der Gastgeber weiß von Beginn an, was der Gast möchte; was kann der Gast tun?! Der Gastgeber braucht nichts. Der Gastgeber ist der Schöpfer! Er ist vollkommen. Es fehlt ihm nur eines: er möchte, dass das Geschöpf, der Mensch, genießt. Wenn also der Mensch dann den Genuss nur mit der Intention (be Kavana) annimmt, dass er damit dem Schöpfer einen Gefallen tut, reicht das aus. Damit wird er zu dem Gebenden.
Deswegen müssen wir alle, alles in einem, nur diese Handlung ausführen: die der Kavana, Intention. Mithilfe eines Schirmes (Masach) können wir zur Intention (Kavana) gelangen, wobei diese unsere Kavana das Geben an den Schöpfer ist.
Diese Kavana ist also unsere eigentliche Handlung im Bezug auf den Schöpfer. Wir geben ihm nichts, außer der Tatsache, dass ich es beabsichtige, dass mein Genuss für Ihn sein soll. Und das reicht aus. Dieser Gedanke reicht aus, um meine Handlung des Empfangens in Geben umzuwandeln.
Wenn also zu mir von oben Licht gelangt, welches der Genuss ist, und ich ihn weiterleite, ihn empfange, jedoch auf dem Rückwege die Kavana aussende- dann empfange ich dieses Licht in mein Inneres, während ich es jedoch in mein Kli weiterleite, wird das bereits nicht so von mir empfunden, als wäre ich der Empfänger; sonder ich fühle mich als den Geber. Dann verdiene ich viel daran; was? Ich schaffe es dadurch, dazu zu gelangen, wie der Schöpfer zu sein. Warum? Weil ich wie Er gebe! Die Hundert Prozent, die zu mir gelangen, empfange ich, um ihm kraft meiner Intention wiederum Hundert Prozent zu geben! Also bin ich genau wie Er. Das bedeutet es, wenn wir sagen, dass der Schöpfer und das Geschöpf ähnlich, gleich werden. Was verdiene ich daran, wenn ich so werde wie der Schöpfer? Dadurch gelange ich zu einem Zustand, der Welt Ejn Sof heißt, ich gelange zum selben Gefühl, wie es der Schöpfer hat.
Wenn also in der nächsten Zeichnung der Schöpfer- der Höhere (Eljon) ist, und das Geschöpf- der Untere ist (Tachton), dann erreiche ich durch diese Handlung Folgendes.
Der Schöpfer schuf das Geschöpf, wobei eine Handlung erfolgte, die Lejda heißt (Geburt), weil dabei das Geschöpf auf die Welt kam. Von dieser Linie und weiter nach unten ist das Geschöpf auf der Welt und existiert. Es ist in der Realität vorhanden. Bis zu diesem Punkt war alles Machschevet HaBrija (der Schöpfungsgedanke). D.h. das eigentliche „Geschöpf" beginnt von diesem Punkt, von dieser Trennungslinie.
Auch wir könnten sagen: wo setzt ein Baby an zu existieren? Es tritt aus dem Bauch der Mutter aus, und beginnt dann, existent zu sein, von da an rechnen wir sein Leben. Wir sagen auch: an dem und dem Datum, zu der und der Zeit, wurde das Kind geboren. Es trat aus der Mutter aus und wurde zu einem eigenständigen Geschöpf. Und zu dem, was vorher war, sagen wir noch nicht, dass das ein Mensch war, es war noch von der Mutter abhängig, an sie gebunden. Oder war es überhaupt nicht existent, es existierte in irgendeinem vorangehenden Gedanken.
Was ernten wir also daran, dass wir eine Handlung des Schöpfers, das Geben, ausführen? Wir steigen von der Stufe des Geschöpfes auf die Stufe des Schöpfers auf. Ich beginne dadurch , die Gedanken des Schöpfers zu erkennen, die existierten, noch bevor Er mich schuf. Ich gehe zurück, noch vor meine Geburt. Ich gehe sozusagen in meiner Geschichte zu den Zeiten, zu den Zuständen zurück, als ich noch nicht existierte. Dann beginne ich, ganz Ejn Sof, die ganze Unendlichkeit zu kennen, wer der Schöpfer ist, was Er ist, noch bevor Seine Geschichte mit mir begann. Das bringt dem Menschen die qualitative Übereinstimmung mit dem Schöpfer, die Kavana, die er entwickelt.
Deswegen gibt es bei uns, in unserer Welt, in unserem Leben, nichts wichtigeres als die Kavana, die Absicht. Sie ist das einzige, was wir tun müssen: eine Kavana zu erreichen, nur für den Schöpfer Empfänger zu sein, wie auch Er nur für uns gibt. Deswegen ist unser ganzes Studium, unsere ganze Arbeit an uns währen des Studiums, die Avodat haShem (Arbeit für den Schöpfer) heißt, Arbeit mit dem Ziel, uns dem Schöpfer anzugleichen, all das ist Arbeit zum Erreichen der richtigen Kavana (Intention).
Und in diesem Zustand der Unendlichkeit (Ejn Sof), den das Geschöpf erkennt und zu dem es gelangt, ist alles drin. Baal Sulam beschreibt uns das an einem anderen Beispiel, an einer anderen Stelle, im Teil 1 der Lehre von den zehn Sfirot, der Innere Betrachtung heißt, im Paragraphen 8. :durch einen einzigen Gedanken wurde die ganze Weltschöpfung emaniert und vollbracht (also der Weg, auf dem alles aus dem Schöpfer emanierte) und er, dieser Gedanke, der Schöpfungsgedanke, ist sowohl die Handlung, als auch die Wirklichkeit, und der Lohn des Hoffnungsvollen, und das Wesen der Anstrengung.
In diesem Schöpfungsgedanken, der da war, bevor wir auf die Welt kamen, ist also alles drin: er ist, wie Baal Sulam sagt, die Handlung des Schöpfers selbst; er schließt in sich die ganze Wirklichkeit ein- alle Welten, alles, was später entspringt; er ist die Wirklichkeit unserer Anstrengung, und auch unser Lohn, den wir am Ende erhalten- wenn wir zu ihm vordringen, dann wird das als „Lohn" bezeichnet; und er ist das Wesen der Anstrengung- das, wofür wir uns anstrengen müssen, um ihn, den Schöpfungsgedanken, zu erkennen. Was wir also erkennen, wozu wir schließlich vordringen, ist der „Kopf" des Schöpfers, Seine Gedanken und Absichten, alles, was sein Wesen heißt. Von der Stufe des Geschöpfes gelangen wir zu einer noch höheren Stufe als die Schöpfung, auf die Stufe des Schöpfers.
Dabei steht dieses Ziel vor jedem einzelnen von uns, und keiner kann davor fliehen. Wie viele Menschen es auch auf der Welt gibt, 9, vielleicht werden es 10 Milliarden Menschen sein, unwichtig, wie viele, das ist ein Sache der Aufteilung der Seelen auf eine größere oder kleinere Zahl von Einzelnen.
Jeder Einzelne wird in seinem Leben Wiedergeburten durchlaufen, wird wieder und wieder in diese Welt zurückkehren, und von dieser Welt aus müssen wir zu diesem Schöpfungsgedanken gelangen, und dann gelangen wir zum Ziel und hören auf, wiedergeboren zu werden, gelangen zu einem Zustand, der sich nicht verändert, weil er an sich Vollkommenheit und Ewigkeit ist.
In einem Buch, das Schamati (Gehörtes) heißt, im einundsechszigsten Artikel, erklärt Baal Sulam unseren jetzigen Zustand durch ein interessantes Gleichnis, zu dem wir gleich kommen werden.
Er sagt, dass wir uns in unserem heutigen Zustand nicht in der Situation von Ejn Sof befinden, sondern wir befinden uns weit darunter. Wenn also vom Schöpfer, aus dem Wurzelstadium, die Stufen eins, zwei, drei und vier ausgehen, wobei die vierte Stufe als das Geschöpf bezeichnet wird, oder die Welt Ejn Sof; dann vollzieht diese Welt Eij Sof den ersten Zimzum (den ersten, weil es später noch einen zweiten geben wird, von dem wir noch sprechen werden); nach dem Zimzum denkt das Kli nach, was es tun soll, und baut einen Masach (Schirm); und nach dem Masach beginnt es bereits, bestimmte Handlungen auszuführen. Wir werden noch von diesen Handlungen sprechen, welche es ausführt. Nach dem Masach folgen also die Handlungen des Geschöpfes.
Diese Handlungen äußern sich bei uns in fünf Welten. Die Welt Adam Kadmon (des ersten Menschen, abgekürzt A"K), dann- die Welten Azilut, Brija, Jezira, Asija. Darauf folgt noch ein Bruch, der Machsom heißt, und unter dem Machsom befindet sich das, was wir als unsere Welt (Aolam Ase) bezeichnen. Hier befinden wir uns alle. Wir befinden uns also weit von der Welt Ejn Sof, und von unserer Entscheidungen, mit den Schirmen zu arbeiten, und zwar auf Entfernung der fünf Welten. Dabei ist unser Dasein hier vollkommen finster und abgeschnitten, abgeschnitten vom Verständnis davon, was wir zu tun haben. Wir sind nicht in einer Situation, in der wir Licht haben oder nicht haben; der Schöpfer klar ist, wie ihn fühlen- oder nicht fühlen. Warum befinden sich zwischen der ersten Trennlinie, einer uns klaren Situation, und dem unseren Zustand die fünf Welten? Welten- Olamot- vom Wort Elem, Verhüllung (Alama). D.h. sie sind sozusagen Filter, die immer und immer mehr das Licht verhüllen, und wir uns erst dort vorfinden, wo das Licht zur letzten Stufe gelangt, wobei es hier, im Zustand, in dem wir uns befinden, kein Licht gibt, und alles Finsternis ist. Was ist Finsternis? Fehlen der Empfindung davon, wo wir uns befinden.
So öffnen wir zum Beispiel langsam, nach und nach das Licht im Zimmer. Wir haben einen Regler mit Regelwiderstand, mit dessen Hilfe wir das Licht weiter und weiter runterdrehen, bis es vollkommen finster wird. Das geschieht mit uns, die wir nach allen diesen Welten stehen. Sie absorbieren, blockieren das Licht, damit es nicht zu uns gelangt. Und wir müssen aus unserem Zustand heraus durch all diese Verhüllung hindurch zu dem Zustand von Ejn Sof (der Unendlichkeit) zurückkehren.
Nun sagt Baal Sulam Folgendes: unser jetziger Zustand ähnelt einem Gleichnis über den Menschen, der ein schweres Vergehen an der Regierung des Königtums beging. In diesem Gleichnis gab es also einen König, der über ein Land herrschte, und in diesem Land lebte ein Mensch, der etwas schlechtes dem König gegenüber tat. Man richtete ihn, und man beschloss, dass man ihn wegschicken, ihn des Landes verweisen muss. Der Ort seines Exils war sehr weit von seinem Land.
So auch bei uns- man schickte uns nach unten, in diese Welt, wobei dieser Zustand Galut, Exil, und die Rückkehr in den Zustand von Ejn Sof- Befreiung, Geula genannt wird. Man vertrieb den Menschen aus dem Zustand, in dem er war, als er im Lande des Königs lebte („König" meint den Schöpfer), und als er Ihn fühlte, mit ihm zusammen war. Man warf ihn von dort an irgendeinen fernen Ort. Dort, an diesem Ort, fand er noch viele Menschen wie ihn- Menschen, die auch leben und nicht verstehen, wo sie sich befinden. Und außer dass er aus dem Ort abstieg, an dem er war, vergaß er auch, wo er war. Unsere Seelen fühlen nicht, dass sie einmal in Ejn Sof waren. In jedem Einzelnen von uns gibt es einen Teil von Ejn Sof, der Seele heißt, dieser Teil ist aber leer. Er wird nicht in uns beleuchtet, wird nicht gefühlt.
Der Mensch, der sich in diesem Zustand befindet, kann nichts tun; er vergisst einfach alles, seine ganzen Gedanken, alle seine Erinnerungen wurden gelöscht, und er weiß nicht, wo er sich befindet. Was geschieht aber? Nach und nach beginnt er zu fühlen, dass das nicht sein Platz ist. Woher kommt in ihm dieses Empfindung? Sie kommt davon, dass der Mensch sich entwickelt. Bis er zu einem Zustand gelangt, an dem er versteht, dass er steigen muss, vergehen viele Wiedergeburten. Im Fortschreiten dieser Geburten beginnt er, sich zu entwickeln, und Fragen zu stellen: woher komme ich? Und dann fällt ihm plötzlich ein Buch in die Hände- ein Buch über die Kabbala. Er trifft einen Lehrer und findet eine Lerngruppe- all das wird als ein Mittel bezeichnet, um zum Ziel zu gelangen. Das läuft einher mit der Entwicklung des Menschen. In dem Moment, wenn der Mensch einen Wunsch nach etwas verspürt, „nach etwas" bedeutet, in den Zustand der Unendlichkeit zurückzukehren, zu seiner Wurzel (Schoresch) zurückzukehren, dorthin, woher er kommt, wenn in ihm ein solcher Wunsch entsteht, dann kommen zu ihm auch von außen drei Dinge, die Lehrer, Buch und Lerngruppe heißen. Ob der Mensch das will oder nicht will, richtet man das für ihn ein. Dann hat er einerseits sowohl den Willen (Razon), als auch andererseits das Mittel, wie dieser Wunsch erfüllt werden kann. Durch diese beiden findet er sich in einem Zustand wieder, der als die Wahl (Bchira) bezeichnet wird. Wenn der Mensch in dieser Situation ist- über einen Willen und über einen Weg, zusammengesetzt aus diesen drei Dingen, verfügt, dann heißt dieser Zustand Bchira (Wahl). Dann kann er seinen Aufstieg nach oben, zu seiner Wurzel, in den Zustand von Unendlichkeit beginnen.
Wie kommt das zum Menschen? Wie Baal Sulam es sagt: dort beginnt man, mithilfe von Lehrer, Buch und Lerngruppe, ihm Gesetze und Verdikte zu lehren, d.h. was die Bedingung dafür ist, in der Welt Ejn Sof zu existieren, und was die Stufen sind, die er erklimmen muss, um in seinem Inneren Veränderungen zu erhalten, um zu diesem Zustand zurückzukehren. Dann beginnt er zu verstehen, was mit ihm geschah, als er aus der Welt der Unendlichkeit in diese Welt abstieg, welche Unkorrigiertheiten in seinem Inneren stattfanden, als er abstieg; und daraus beginnt er zu verstehen, welche Korrekturen er auszuführen hat, um aufzusteigen. Dieser Weg nach oben heißt Tikkunim (Korrekturen). Dann wird ihm also daraus klar, was er zu tun hat.
Während er das sodann lernt, erhält er von oben durch sein Studium das sogenannte Or Makif, das umgebende Licht, welches ihn korrigiert, und ihm Kräfte zum Aufstieg verleiht. Wie geschieht das? Baal Sulam erklärt das so: bevor der Mensch zu diesem Zustand gelangt, während er einfach in diesem Leben wiedergeboren wird, wie der ganze Rest der Menschen- wenn wir unsere ganze Aufmerksamkeit nur der Antwort auf eine einzige Frage schenken, bin ich sicher, dass diese Frage uns zum Ziel führen wird (aus dem Vorwort zu TES; Kapitel 2) Welche Frage? Diese Frage ist: „Was ist der Sinn unseres Lebens"?
Wofür leben wir? Was ist dieses Leben, welches wir leben, und nach dem wir sterben, um wieder hierher zurückzukehren; um wieder zu leben, und wieder zu sterben. Was tun wir letzten Endes? Was will man von uns? Und was wollen wir von uns selbst? Einfach zu leben, und zu warten, bis wir sterben, um dem ein Ende zu setzen?
Wem gebe ich, oder von wem nehme ich? Was tue ich, und was ist das Ergebnis des Lebens? Die Menschheit, sagt Baal Sulam, hat bereits im Laufe von Jahrtausenden und Jahrtausenden ihrer Existenz versucht, auf diese Fragen eine Antwort zu geben, und vermochte es nicht. Und wenn diese Frage uns, unsere Natur in einen erniedrigten Zustand versetzt, einen Zustand, der uns demütigt, weil es sich ja angeblich nicht für den Menschen gehört, welcher doch trotz alledem das intelligenteste, höchste, erhobenste Geschöpf der ganzen Wirklichkeit ist- existiert dieser Mensch etwa nicht für irgendein besonderes Ziel? Wir schauen auf unser Leben, auf die Betrachtungsstufe unter der Stufe des Menschen- auf die leblose, pflanzliche, tierische Natur, auch in unserem Körper- wir können aus unserer Kenntnis heraus, aus der Wissenschaft heraus sagen, dass jede Sache ein Ursache hat. Und jede Sache hat auch irgendein Ziel. D.h. sowohl der Beginn, als auch ihre Tätigkeit führen zu irgendeinem Ziel und Ende. Alles existiert für etwas. So weiß ich zum Beispiel, wozu jede einzelne Zelle in meinem Organismus existiert: es gibt ein Ziel, ein Programm; alles tickt in einer sehr exakten Weise. Wir wissen nur nicht, wozu wir existieren. Unter unserer Stufe sehen wir Ursache und Ziel einer jeden Sache. Über uns selbst wissen wir das aber nicht. Wir wissen nicht, was unser Ziel ist, die wir einfach sterben, verschwinden, und das ist alles. Jede Generation ist irgendeine Reihe von Menschen, die aufsteht, ein Stück läuft und verschwindet; dann erhebt sich eine neue Generation, läuft ein Stück und verschwindet.
Baal Sulam sagt also: letzten Endes versuchte die Menschheit im Laufe von Jahrtausenden, eine Antwort darauf zu geben, und hatte keinen Erfolg darin. Und trotz alledem bohrt diese Frage unseren Verstand, und gibt uns keine Ruhe. Und was können wir gegen diese Frage tun? Alles in allem ist die bekannte Antwort- aufhören, an sie zu denken, und im Strom des Lebens weiterzumachen, wie die ganze Menschheit- und daher entwickelte die Menschheit für sich selbst alle möglichen Schutzmechanismen gegen diese Frage; sie entdeckte für sich die Religion- alle möglichen Religionen; sie entdeckte für sich die Psychologie; sie begann, sich mit Geld, Ehre, mit Fortschritt aller Arten zu beschäftigen, mit der Verbesserung dieses Lebens, mit allen möglichen Sachen, nur damit dieses Leben von morgens bis abends erfüllt sein würde, und damit dem Menschen keine Ruhe gelassen wird, um über diese Frage nachzudenken. Wir sehen einen Paradox: heute kann der Mensch weniger arbeiten als früher. Früher mussten alle auf dem Land arbeiten, um für alle genug Lebensmittel zu besorgen. Jetzt hat man Gott sei dank die Technik, wir haben das Wissen, in der Landwirtschaft sowie in allem anderen; wir können genug Ernte erwirtschaften, um alle zu versorgen. Die Computer und die Technologie geben uns solche Möglichkeiten, dass es keinen Zweck hat, noch zu arbeiten! Jeder braucht nur zwei-drei Stunden zu arbeiten. Aber stattdessen arbeitet der Mensch mehr Stunden, als zuvor. Wenn man zuvor in der Produktion sechs- sieben, acht Stunden am Tag arbeitete, so erwartet man heute sogar in High Tech von uns, dass wir 10-13 Stunden arbeiten. Warum? Damit der Mensch nicht über diese Frage nachdenkt: wozu lebe ich? Man sollte sich nur vorstellen, was wäre, wenn jeder von uns noch weitere zehn Stunden am Tag frei hätte. Man kann verrückt werden! Denn dann weiß ich nicht, wozu ich nun lebe? So weiß ich: um zu arbeiten. D.h. wir füllen auf instinktive, innere Weise unser Leben aus.
Baal Sulam sagt nun, dass eine Situation kommt, wenn der Mensch nicht mehr davor fliehen kann, und vor der Wahl steht. Was heißt „vor der Wahl"? Im gleichen Vorwort zu TES, im Kapitel 4, sagt er: Der Schöpfer führt den Menschen zum guten Schicksal, und zwar dadurch, dass er ihm den Willen (Razon) gibt, zu wachsen, den Willen nach dem Spirituellen, nach der Welt der Unendlichkeit einerseits, und andererseits dadurch, dass Er ihm auch die drei Mittel gibt, den Lehrer, das Buch und die Gruppe: einen Leiter, richtige, wahre Bücher, und eine Lerngruppe, die sich damit beschäftigt, und die den Menschen unterstützen und ihm helfen kann. Dann muss der Mensch nur seinen Willen und seine Mittel kombinieren- so, dass wenn er seinen Willen richtig in Kombination mit Lehrer, Buch, und Lerngruppe betätigt, er auf sich das umgebende Licht von oben zieht, welches beginnt, ihn wachsen zu lassen und ihn diese Stufen (siehe Zeichnung) zum Ziel erklimmen lässt.
Darüber schreibt Baal Sulam im Kapitel 155 des Vorwortes zu TES. „Kabbalisten schrieben ihre Bücher", schreibt er, „für diejenigen, die sich noch nicht in der höheren Welt befinden" - und er selbst tat das insbesondere. Und in diesen Büchern geht es um die höhere Welt. Wozu? Was hilft es mir, wenn ich in meiner Welt, in einem Zustand, wenn ich nichts über die Welt der Unendlichkeit verstehe, von dem lese, was in der Welt der Unendlichkeit geschieht? Also sagt er, dass wir das brauchen, um aus dem Ort, an dem das Buch angesiedelt ist, höheres Licht anzuziehen. Denn ich befinde mich in meiner Wurzel in Ejn Sof. Ich bin dort geboren, ich stieg von dort in diese Welt hinab; wenn ich davon lese, wie ich oben, in meiner Wurzel verweile, dann ziehe ich von dort Energie an mich, ein spezifisches Licht, welches an mir arbeitet, und mich dorthin zurückbringt.
Denn wir sprachen bereits davon, dass nur das Licht ein Kli (Gefäß) erbaut, das Kli betritt, das Kli aus dem Empfangenden in ein Gebendes verwandelt... Das Licht macht alles. Deswegen müssen wir auch hier das Licht anziehen. Keine andere Tätigkeit im Leben eines Menschen wird ihm helfen- nur die, dieses umgebende Licht an uns heranzuziehen. Ihm wohnt die ganze Kraft inne, um uns zu korrigieren, um uns zurück in die Welt Ejn Sof zu erheben.
Es gibt nur eine Kraft, die etwas verändern kann: es ist die Kraft des Lichtes. Dadurch, dass wir uns sowohl im Willen zu steigen befinden, als auch die Mittel erhalten- Lehrer, Bücher, Lerngruppe, bekommen wir die Wahl, die Option, zu steigen: das umgebende Licht heranzuziehen und mit dessen Hilfe aufzusteigen.
Deswegen müssen wir uns in diesem Moment nur konzentrieren; im Voranschreiten dieses kleinen Kurses, angefangen von der nächsten Lektion, nicht einfach zu lernen, sondern wie folgt zu lernen: wir studieren von einem Buch, mithilfe eines Lehrers, und wir sind letzten Endes eine Lerngruppe aus Studenten in der ganzen Welt; wir müssen auch an die Tatsache denken, dass wir viele sind, und jeder von uns zur gleichen Wurzel, aus der wir hinabstiegen, zurückkehren möchte.
Deswegen sollten wir von nächster Lektion an vor dem Antritt des Studiums daran denken, dass wir studieren, um das Or Makif (Umgebendes Licht) an uns heranzuziehen.
In der ersten Lektion sprachen wir von den vier Stadien des direkten Lichtes, davon, wie das erste Kli erschaffen wurde, und zwar mithilfe einer höchsten Kraft, die Licht (Or) heißt. Wir werden nun all diese Vorgänge noch einmal kurz durchgehen und ergänzen, und überhaupt werden wir, soweit es möglich sein wird, immer wieder an den Beginn der Wirklichkeit zurückkehren, und von dort an durchsehen, wiederholen, wie sie sich entwickelte, bis hin zu dem Punkt, an dem wir in der Lektion davor angelangt sind.
Kurzum haben wir also davon gesprochen, dass es das höchste Licht gibt, welches sich ausbreitet, und sich gegenüber ein Kli erzeugt, welches Wille, Wunsch heißt, und es füllt dieses Kli.
Als das Licht das Gefäß ausfüllt, fühlt das letztere Genuss, und aus der Tatsache heraus, dass es Genuss verspürt, fühlt es auch am Ende der Entwicklung, am Ende des Gefühls des Genusses, woher der Genuss kommt; dieser kommt von Jemandem, der beschenken, geben möchte, ihm Gutes tun möchte.
Dann möchte das Kli das gleiche tun wie dessen Quelle, und zwar tut es das auf natürliche Weise. Und so möchte es beschenken, geben, exakt so, wie dieser Gute beschenken möchte. So verwandelt sich das erste Stadium in das zweite Stadium, wobei das letztere dem ersten Stadium gegensätzlich ist: das erste Stadium möchte empfangen, und das zweite Stadium möchte geben. Noch einmal: warum möchte es geben? Weil im Licht, welches zu ihm gelangt, die Empfindung des Gebenden enthalten ist- wer er ist, was Seine Natur ist. Oder man kann auch so sagen: wenn das Licht von oben in Form des Genusses hinabsteigt, so steigt es auch in Form des Gebenden herab, als die Empfindung des Gebenden, und so entsteht im Kli diese Empfindung des Gebers.
Deswegen heißt das Kli im ersten Stadium Chochma, und das Kli im zweiten Stadium- Bina. Dabei sind sie einander gegensätzlich.
Dann entsteht ein Kli, welches ausführen möchte, was die Bina ausführen möchte: den Akt des Gebens. Aber wie kann ein Kli, welches der Wille zu empfangen ist, geben, beschenken? Das kann es nur dadurch, dass es empfängt. Und so nimmt es in Empfang, nur um damit zu beschenken, nur um zu geben. Diese Stufe heißt die dritte Stufe, und dieses Kli heißt Seir Anpin. Was vollbringt das Kli jedoch, dadurch dass es empfängt, um zu geben? Es unternimmt dadurch die selbe Anstrengung, wie der Schöpfer sie unternimmt, wenn Er gibt. Im ersten Stadium empfing es nur; im zweiten Stadium möchte es sich der gebenden Kraft angleichen; im dritten Stadium möchte es sich der Tätigkeit (Peula) angleichen.
Während es sich jedoch die gleiche Handlung ausführt, wie der Schöpfer, entdeckt es, wie sein Zustand, seine Erhabenheit, seine Größe die größten, die höchsten sind; wie sehr Er in Vollkommenheit weilt; und dieser Zustand der Perfektion des Schöpfers ist genau das, was das Kli jetzt will. So entwickelt sich in ihm der Wille zu empfangen zu allem: sowohl zu dem Empfang des Lichtes im Form des Genusses, als auch zu dem Empfang des Lichtes in Form des Genussgebers. D.h. das Kli möchte sowohl vom Empfang des Genusses genießen, als auch vom Status des Gebers- es will also im Prinzip alles, was es oben im Schöpfer gibt. Das will es für sich. Wenn es im zweiten oder im dritten Stadium dem Schöpfer ähneln will, zu tun, was Er tut, so möchte es im vierten Stadium vom Status des Schöpfers genießen, möchte es als Empfänger in seinem Inneren haben. Deswegen heißt dieses Kli Malchut, weil in ihm der Wille zu empfangen im höchsten, größten Maße herrscht (Malchut wörtl. Königreich, Herrschaft). Dieses Kli stellt die abschließende Form des Kli dar, und heißt daher auch Nivra, Geschöpf.
Nachdem es das ganze Licht empfangen hat, wenn es vom Licht ausgefüllt wird, beginnt es zu fühlen, dass es Empfänger ist. Der Zustand des Kli im vierten Stadium, wenn es von Licht ausgefüllt ist, heißt Ejn Sof (Unendlichkeit). Im Zustand, in dem es nun angelangt ist, wenn es sich selbst als den Empfänger, und das Licht- als den Geber fühlt, fühlt es zwischen dem einen und dem Anderen eine Gegensätzlichkeit- in der Zeichnung Delta.
Das führt es zu einem Zustand, in dem es sich selbst nicht ertragen kann, es kann diesen Zustand nicht mehr aushalten. Das führt das Kli zum Zustand vom ersten Zimzum. Das Kli stößt das ganze Licht heraus. Das Gefühl des Kli, wenn es die Gegensätzlichkeit zwischen sich, dem Empfänger, und dem Schöpfer, dem Geber, wahrnimmt, wird als Buscha (Scham) bezeichnet. Sie führt das Kli zum Zimzum, und das Kli findet sich in der Situation der Leere wieder. Das Licht befindet sich vor dem Kli, und das Kli bleibt leer. Frei. Drin gibt es nichts, es gibt kein Licht. Das Licht verließ es, trat auch ihm heraus. Dieser Zustand, der nach dem Zustand von Ejn Sof, nach der Welt Ejn Sof kommt, heißt Olam HaZimzum- die Welt des Zimzum.
So kommt es zu einem sehr besonderen Zustand. Denn jetzt wurde dieses Kli, die gleiche Nivra, allein, isoliert, nicht mit dem Licht verbunden. Es steht nicht in der Herrschaft des Lichtes, es steht frei. Folglich sind also der Schöpfer, das Licht, und das Geschöpf voneinander getrennt, separat.
Hier beginnen wir zu verstehen, warum all diese Vorgänge im Kli stattfanden: um dem Kli die Möglichkeit zu geben, allein zu sein, abgeschnitten vom Licht, und allein festzulegen, was es von seinem Zustand will. In diesem Kli gibt es alle Eindrücke von dem, was voranging, und was es selbst unternahm; und nun, da es sich im Zustand der Leere befindet, kann es nach den gleichen Eindrücken, Erinnerungen, nach der gleichen Information handeln, die in ihm von vorangehenden Zuständen blieb, und nun entscheiden, was es will. Und wirklich, was kann es wollen?
Also wendet sich das Kli den vorangehenden Zuständen zu, und sieht sich an, was mit ihm geschah: mein Zustand, der Olam Ejn Sof hieß, ähnelte dem ersten Stadium, als ich erfüllt war; danach, als ich mich leerte, Scham verspürte, und zum leeren Zustand gelangte, fand ich mich in einem Zustand vor, der wie das zweite Stadium war- als ich das Licht nicht wollte, wollte, dass es aus mich heraustrete; aber ich gelangte durch den zweiten, dritten und vierten Zustand nicht zu einer Befriedigung, zum Guten- ich fühlte trotz alledem Scham danach. Was muss ich nun mit mir selbst machen?
Was ist der beste mögliche Zustand? Leer zu bleiben? Leer von Genüssen, leer von der Empfindung des Schöpfers? Das ist der äußerste Zustand. Empfangen? Kann ich nicht, dann fühle ich Scham. Diese Scham fühle ich als eine so große und so schreckliche Kraft, dass ich bereit bin, allen Genüssen, allen Erfüllungen abzusagen, nur um keine Buscha zu empfinden. So unangenehm ist das. Erfüllt sein kann ich also nicht, weil ich dann Scham fühlen werde. Leer zu sein- dann fühle ich, dass mit die ganze Lebenskraft, das ganze Leben fehlt. Was tun also? Wenn ich aber etwas tue, dann muss ich zu einem Zustand gelangen, der in sich vollkommen ist- einem Zustand, der ewig sein würde, den man nicht verändern müsste- weil wenn er vollkommen ist, er automatisch ewig ist; vollkommen bedeutet, dass man daran nichts verändern muss. Sicher ist also Vollkommenheit auch gleichzeitig die Ewigkeit: denn wenn es der Vollkommenheit an etwas mangelt, man an ihr etwas ergänzen muss, dann ist sie nicht vollkommen. Und wenn es vollkommen ist, dann wird es sich niemals verändern.
Wie kann man also einen solchen Zustand entstehen lassen, der ewig, vollkommen, der beste mögliche wäre, der mich zu nichts verpflichten würde, und in dem ich erfüllt, befriedigt und groß sein würde, in dem ich alles sein würde? Das möchte das Kli in seinem Willen zu empfangen.
So gelangt es zu einem Zustand, in dem es überhaupt nur eine einzige Sache will: dieser vollkommene Zustand ist nur der Zustand des Schöpfers. So, wie der Schöpfer- so muss ich sein! Ich muss mir Ihn, den Schöpfer, als ein Beispiel nehmen, und mich anstrengen, wie Er zu sein. D.h. zu einem Zustand zu gelangen, in dem ich auf der gleichen Stufe wie die des Schöpfers stehe. Wie kann ich das aber tun?
Hier findet das Kli eine Lösung. Es sagt sich: der Schöpfer gibt. Er liebt mich, und Er gibt mir alle Erfüllungen. Wenn ich es schaffe, Ihm so zu geben, wie Er mir gibt, dann werde ich wie Er sein. Wie kann ich Ihm geben? Ich habe nichts zu geben. Aber Er liebt mich! Dann nutze ich doch Seine Liebe.
Sehr einfach. Was gelangt zu mir vom Schöpfer? Vom Schöpfer gelangen zu mir Genuss und die Empfindung der Liebe. Ich bediene mich dieser beiden. Ich werde vom Schöpfer den Genuss in Empfang nehmen. Nicht weil ich genießen will, weil ich ein Kli, einen Razon (Willen) zu genießen habe. Ich werde den Genuss in Empfang nehmen, weil ich Ihn lieben werde, wie Er mich liebt. Nur soweit werde ich Genuss empfangen. Dann wird mein Empfangen zum Zweck haben, dass Er Genuss an mir nimmt. Dann werden wir gleich sein. Wie werde ich das tun? Das tue ich mithilfe der Kavana (Intention). Was heißt Kavana? Alles in allem ein Gedanke, ein Gedanke während des Empfangens des Genusses.
Wir sehen in der Zeichnung einen Masach, oder Kavana, was das gleiche ist. Wenn zu mir das Licht, der Genuss vom Schöpfer gelangt, dann nehme ich ihn nicht für mich selbst in Empfang, sondern ich stoße ihn weg; dann berechne ich entsprechend meiner Kavana, wie viel ich empfangen kann, damit Er genießt- nicht damit ich genieße; wenn ich aus diesen zwei Seiten eine richtige Berechnung anstelle, dann empfange ich entsprechend meiner Berechnung Genuss in mein Inneres. In der spezifischen Menge, Größe- so weit wie ich es schaffe, an der Intention festzuhalten.
Ich unterteile also mein Kli, welches zuvor leer war, in zwei Teile: in einen Bereich, in dem ich Vergnügen empfangen kann, und einen Bereich, in dem ich keinen Genuss empfangen kann. Der ganze Bereich, an dem ich die Berechnung unternehme, was zu tun ist, soll Rosch (Kopf) heißen; der Bereich, in den ich den Genuss empfange, soll Toch heißen, und der Bereich, der wegen des Fehlens eines Masach, wegen des Fehlens einer Intention „um zu geben", wegen des Fehlens meiner Liebe zum Schöpfer leer bleibt, soll Sof heißen.
So spaltet sich mein Kli, anstatt weiterhin ein Gesamtkli zu sein, in drei Teile: Rosch, Toch, Sof. Diese Unterteilung in drei Teile übernehmen wir in unsere Zeichnungen. Alles in allem ist es das gleiche Kli (siehe Abbildung). Von diesem Kli sprechen wir. All das zusammen heißt Nivra (Geschöpf). Und dieses Geschöpf muss zu einem Zustand gelangen, der dem Schöpfer ähnlich sein wird. Wie? Dadurch, dass es auf der Trennungslinie zwischen Rosch und Toch einen Masach aufstellt, damit dieser Masach immer festlegt, wie viel das Kli in sein Inneres empfangen wird, d.h. wie er sich selbst in Toch und Sof aufteilt. Wenn der Masach größer sein wird, dann wird Toch größer und Sof- kleiner sein. Toch und Sof zusammen heißen Guf (Körper). Somit unterteilt sich das Kli in Rosch und Guf. Ähnlich wie wir uns aufteilen.
Später werden wir lernen, wie sich dieses Kli in Arme und Beine unterteilt, in die gleichen Teile, wie wir sie haben, wobei seine Aufteilung nach und nach zu dem Zustand führt und im Zustand mündet, in dem wir in unserer Wirklichkeit sind. Wir werden sehen, dass dieses Kli an sich existiert, und dass es um das Kli herum seine äußere Teile gibt, die Olamot (Welten) heißen.
Dieses Kli selbst unterteilt sich ebenfalls in viele Teile, wobei diese Teile- die Menschen in unserer Welt sind. Im Inneren und im äußeren- alles, was wir in unserer Welt fühlen: all das kommt und steigt herab aus diesem allgemeinen Kli, von dem wir gerade sprechen, der nach Ejn Sof entstand.
Von diesem Punkt an sprechen wir davon, wie dieses Kli hinabsteigt, und bis zu unserer Welt gelangt. Unser ganzes Studium der Wissenschaft der Kabbala ist im Eigentlichen Sinne das Studium davon, wie aus der höchsten Kraft, dem Schöpfer, mittels der vier Stadien das Kli entsteht; wie dieses Kli den ersten Zimzum ausführt; dann einen Masach aufstellt; und danach ausgehend vom Masach die Welten erbaut.
Die erste Welt heißt die Welt Adam Kadmon (A"K). Wir werden noch sehen, wie diese aufgebaut ist. Darauf folgt die Welt Azilut, die Welt Brija, die Welt Jezira, Welt Asija, bis es schließlich zu dieser Welt gelangt. Und wir, die wir uns in dieser Welt befinden, nach Jahrtausenden der Entwicklung, die wir in dieser Welt verbrachten, beginnen, uns zu entwickeln, und in die Unendlichkeit zurückzukehren. Dann gelangen wir bis zur Stufe des Schöpfers, was der Abschluss unserer Entwicklung ist. Alles was wir studieren- wir studieren von Anfang bis Ende die ganze Wirklichkeit- all das heißt die Wissenschaft der Kabbala, all das werden wir in ihr studieren.
Unten in der Mitte, in unserer Welt, in der wir uns befinden, stehen alle Wissenschaften der Welt, unser ganzes Verhalten, unsere Psychologie, alles, was zu dieser Welt gehört- all das ist ebenfalls in die Kabbala eingeschlossen. Wir studieren also die Wurzel der ganzen Wirklichkeit, und alles, was sich sowohl in allen Welten, als auch in unserer Welt befindet.
Von hier verstehen wir, was dieses allgemeine Programm ist, welches wir ausführen müssen. Davon schreibt mein Lehrer in einem sehr kurzen Artikel, den ich hier anbringen möchte. Der Titel des Artikels lautet wie folgt: Auf welche Stufe muss der Mensch gelangen, um nicht mehr in unsere Welt zurückkehren (wiedergeboren werden) zu müssen. Was heißt das? Wir alle befinden uns in Form eines Gesamtkli in der Welt der Unendlichkeit. Wir alle. Sagen wir, wir sind heute 8 Milliarden Menschen; und wir alle befinden uns dort (siehe Abbildung). Wenn wir uns in mehr oder weniger Teile aufteilen, ist das unwichtig; wir alle sind dieses eine Kli. Und wir- jeder einzelne von uns, sind verpflichtet, immer wieder wiedergeboren zu werden, bis wir im niedrigsten Ort, unserer Welt, ankommen - es gibt keinen schrecklicheren Zustand als diese Welt; und von dieser Welt aus wieder zu beginnen, aufzusteigen. Dabei ist jeder einzelne Teil verpflichtet, entlang aller dieser Stufen aufzusteigen, bis er zurück zum Gesamtkli gelangt.
Wer also seine Arbeit während der Zeit, die er in dieser Welt, in diesem Leben verbringt, nicht zu Ende führt, muss wiedergeboren werden, in dieser Welt als Mensch leben, und den Weg nach oben fortführen; wenn er es wieder nicht schafft, muss er wieder ein Mensch in dieser Welt sein, und wieder weitermachen, usw. Deswegen fragt mein Lehrer in seinem Artikel: Auf welche Stufe muss der Mensch gelangen, um nicht mehr in unsere Welt zurückkehren (wiedergeboren werden) zu müssen? Darauf antwortet er so: Im Schaar HaGilgulim von Ari heißt es, dass jeder Mensch wiedergeboren werden muss, solange er sich nicht mit dem ganzen NaRaNChaJ erfüllt. D.h. bis er nicht in sein Kli das ganze Licht erhält, welches für ihn vorgesehen war; dieses Licht heißt NaRaNChaJ- fünf Lichter zusammen: Nefesch, Ruach, Neschama, Chaja, Jechida, die das vollkommene Kli erfüllen müssen. Deswegen schreibt Ari, dass wenn der Mensch in irgendeiner Reinkarnation auf die Welt kommt, im Kreislauf seines Lebens, und nicht am Ziel ankommt, er noch einmal wiedergeboren werden muss, und, auf dieser Welt lebend, auf seinem spirituellen Wege voranschreiten muss. Auch wir waren schon auf dieser Welt, gingen durch alle möglichen Prozesse, und die Tatsache, dass wir heute im Kontakt mit der Kabbala sind, sagt nur aus, dass wir das in unseren vorherigen Leben schon berührt haben, schon in irgendeiner Verbindung dazu standen, in der Nähe dazu, und deswegen machen wir heute in der gleichen Richtung weiter. Plötzlich bekommt der Mensch inmitten seines Lebens einen Wunsch nach der Kabbala. Das bedeutet, dass er bereits einen Teil seines Weges in den vorhergehenden Leben beschritten hat, und nun weitermacht. Dann muss er wiedergeboren werden, d.h. mehrere Male dieses Leben auf dieser Welt leben, bis er zur Erfüllung seines ganzen Gesamtkli mit dem Licht gelangt.
Lasst uns nun sehen, wie wir das ausführen. Zuallererst schließt unser ganzer Weg von Anfang bis Ende zwei Wege ein, wie wir sehen. Einer von ihnen ist der Abstieg von oben nach unten, auf dem wir bis in unsere Welt hinabsteigen. Auf diesem Wege bilden sich sowohl die Welten, als auch die Seelen. Von oben, aus der Welt Ejn Sof, steigen sowohl Welten als auch Seelen bis in diese Welt ab, und hier, in unserer Welt, existieren wir in unserem Körper und in unserer Seele. Von hier beginnen wir auch, aufzusteigen.
In der Wissenschaft der Kabbala lernen wir sowohl wie alle Welten erschaffen wurden, wie die Seelen bis in unsere Welt hinabstiegen, als auch, wie wir von dieser Welt aus in die Welt der Unendlichkeit (Ejn Sof) aufsteigen können und müssen. Und wie ich bereits sagte, ist die erste Welt, die wir studieren müssen, die Welt Adam Kadmon - wie sie erschaffen wurde, wie sie dem vorangehenden Zustand entsprang.
Das Kli, welches von oben erschaffen wurde, auf den Stufen eins, zwei, drei und vier, und welches alles empfing, und Olam Ejn Sof hieß, führte anschließend einen Zimzum aus, stoß alles aus (Zimzum A), und daraufhin blieb es leer, und beschloss, nur mithilfe eines Masach zu arbeiten, um soviel, wie es konnte, in sein Inneres zu empfangen, und soviel wie es nicht konnte, nicht zu empfangen. All das sind Entscheidungen, nach welchen die Welt Adam Kadmon sich herauszubilden beginnt. Von all diesen Zuständen bleiben auf allen diesen Stufen Reschimot (Aufzeichnungen) über jede einzelne Stufe übrig. D.h. jede folgende Stufe- sagen wir, die zweite Stufe: sie schließt die Stufe 1 ein, auf deren Grundlage die Stufe 2 entstand. Das dritte Stadium schließt die Stadien eins und zwei ein, auf welche sich das dritte Stadium kleidet, usw.- bis wir zum letzten Zustand gelangen, und es sich herausstellt, dass in ihm alle vorangehenden Zustände enthalten sind. Und wenn das Kli hier entscheidet, dann entscheidet es auf der Basis all der Zustände, die es passierte.
Wie überlegt es nun also? Diesmal zeichnen wir das Kli in die Höhe, siehe Abbildung- die ganze Größe des Kli ist diesmal in die Höhe gestreckt, als Strich eingezeichnet. Es ist aber das gleiche Kli.
Nun kommt also das Höchste Licht beim Kli, beim Willen an, und möchte herein. Das Kli stoßt es ab, denn wenn es wieder empfangen würde, würde es Scham empfinden; und es entscheidet, wie viel es empfangen kann, ohne sich zu schämen, um sich dem Licht vollkommen anzugleichen, weil es dadurch genau der Gebende, der Beschenkende sein würde.
Davon haben wir bei dem Gleichnis über den Gastgeber und den Gast gesprochen. Wenn ich zu jemandem als Gast komme, und er mir Erfrischung anbietet, dann sage ich: ich möchte nicht essen, ich bin nicht hungrig, ich stoße alles ab. Warum? Weil es mir nicht angenehm ist. Ich empfinde Scham. Warum? Weil ich fühle, dass ich der Empfänger, und der andere der Geber ist. D.h. er ist der Gebende, er steht oben, und ich bin der Empfänger und stehe darunter. Deswegen fühle ich in der Stufendifferenz zwischen uns Scham. Wie kann ich empfangen und genießen, und mich nicht schämen? So sage ich normaleweiße zum Gastgeber- wir alle kennen diese Dinge, ich sage: ich möchte nicht. Und dann übt der Gastgeber, oder der Freund, zu dem ich gekommen bin, Druck auf mich aus, sagt nein, du musst, ich habe das alles für dich zubereitet; und dann, wenn ich mehrere Male zurückweise, wobei er ständig auf mich Druck ausübt; sobald sich sodann meine Zurückweisungen seinem Druck angleichen, läuft es darauf hinaus, dass wir gleich sind: Er gibt nicht und ich gebe nicht; Er empfängt nicht und ich empfange nicht, wir sind sozusagen gleich. Die Erfrischungen bleiben in der Mitte zwischen uns.
Nun habe ich bereits die Möglichkeit, das Gegenteil zu sein, Ihm gegenüber der Geber zu sein. Weil er mir sagt- ich habe für dich zubereitet, ich liebe dich, ich möchte, dass du genießt, verletze mich nicht dadurch, dass du nicht von mir nimmst... Dann beginne ich zu überlegen: Ich werde empfangen, nur damit er genießt. Nicht also, dass er oben und ich- unten sein werden, nein, ich werde oben, und er- unten sein! Ich, das Kli, werde den Schöpfer beschenken! Aber beschenkt er mich nun oder nicht? Wie kann ich Ihm geben? Ich werde Ihm geben, indem ich Genüsse empfange, und dann werden wir gleich sein.
Nivra (Geschöpf) empfängt also vom Schöpfer, weil es will, dass Er genießt, und dabei sind sie beide gleich (siehe Bild). Der Schöpfer gibt Genüsse an das Geschöpf, und das Geschöpf bereitet dem Schöpfer Vergnügen, indem es diese annimmt. Was fehlt hier? Das einzige, was hier fehlt, ist die Kavana vonseiten des Geschöpfes, dass es eben nur für den Schöpfer Genuss annimmt. Und das ist genau das, was im Kli im Rosch der Stufe geschehen ist. Der Kopf (Rosch) prüft alles, prüft, ob sie tatsächlich gleich sind, entsprechend seinem Wunsch (Razon), und sagt: ich kann meinen Wunsch bis zu einer bestimmten Höhe betätigen- bis zu einer Marke, die Tabur heißt (Nabel). Diese Wünsche, die Wünsche von Rosch bis Tabur, kann ich mit Genüssen erfüllen; dieser Bereich heißt dann Toch, und im Inneren von Toch hält sich das Licht, der Genuss auf.
Der Bereich, der sich nicht mit Genüssen füllen kann, heißt Sof (Ende, Abschluss). Warum kann er nicht? Das Kli weist von dort Genüsse zurück, und dieser Bereich bleibt leer. Denn die Genüsse, die ihm der Schöpfer bringt, sind so groß, dass das Kli es nicht schafft, sie mit der Absicht zu geben in Empfang zu nehmen. Sagen wir, vor mir stehen auf dem Tisch Fleisch, Fisch, Wein, Kuchen, und Cola. Und ich berechne: was kann ich annehmen, damit mein Empfangen die Empfindung des Genusses sein würde, aber in Verbindung damit, dass ich dass nur tue, um dem Schöpfer, und nicht mir selbst Genuss zu bereiten. Also denke ich nach, berechne- mit den Genüssen, mit meinem Wunsch, mit der Erkenntnis der Größe des Gastgebers, mit mir selbst, und alles in allem sehe ich, dass ich, sagen wir, Cola trinken kann, und diesen Genuss vom Gastgeber annehmen kann; auch Kuchen kann ich essen, das ist kein allzu großer Genuss, in Ordnung, das kann ich annehmen und damit dem Schöpfer Genuss bereiten. Vielleicht auch ein wenig Fisch. Aber Fleisch, zum Beispiel- das kann ich nicht. Das ist ein so großer Genuss- sagen wir, ein gutes Steak, dass wenn ich es essen würde, ich nicht an den Gastgeber denken würde, sondern nur an den Genuss. Also setze ich mir Grenzen, und es läuft darauf hinaus, dass ich einen Teil der Genüsse in mein Inneres empfange, und einen Teil- kann ich nicht. Anhand welcher Daten berechne ich? Ich berechne anhand gleicher Daten, die ich in den vorgängigen Phasen erlangt habe, in meiner vorherigen Arbeit, in der ganzen Erfahrung, die ich aus dem, was ich zuvor durchlaufen habe, eingesammelt habe.
Ich bitte den Leser sehr, zur Übung zu versuchen, darüber nachzudenken, wie man das machen könnte. Man sollte sich die Situation vorstellen, dass man selbst als Gast bei jemandem ist, und die Weise, wie man berechnen würde: dieses Nachdenken entwickelt die Kelim (Gefäße) des Menschen. Man wird beginnen zu verstehen, dass es wirklich eine sehr exakte innere Berechnung gibt, ob ich für mich genieße, oder um den Gastgeber zu erfreuen.
Wenn man nach dieser Übung beginnt, auf richtige Weise zu berechnen, dass der eigene Genuss zum Zweck hat, den Gastgeber zu erfreuen, wird man aufhören, die Genüsse zu spüren, die es im Essen gibt: so sehr stecken wir alle im Genießen für uns selbst. Sagen wir, ich nehme eine Tasse Kaffee. Ich nehme sie in die Hand und berechne, dass ich davon genießen will, nur weil ich möchte, dass der Gastgeber diesen Genuss spürt; nur für ihn tue ich das, und nicht für mich; wenn ich sodann den Kaffee schmecke, werde ich in ihm keinerlei Genuss verspüren, denn ich möchte das an den Gastgeber weiterleiten, und den Gastgeber spüre ich nicht. So schwindet der Genuss.
Wenn jemand das versucht, wird er danach spüren, dass er unbedingt eine Offenbarung des Gastgebers braucht. Denn ohne dass ich ihn spüre, ohne dass ich ihn sehe, kann ich keinen Gebensakt ausführen!
Daher gibt es keine Wahl! Ich werde die Offenbarung des Gastgebers verlangen, um ihn zu beschenken. Sonst werde ich nichts von Ihm empfangen. Und wenn der Gastgeber, wenn der Schöpfer sieht, dass ich darauf bestehe, dass ich nur empfangen werde, um Ihm Genuss zu bereiten, und dass ich anders nichts in Empfang nehmen werde, - beginnt er, sich mir zu enthüllen. Er beginnt, sich zu zeigen, und hilft mir dabei, die Berechnung des Gebensaktes auszuführen. So treten wir miteinander in Kontakt, wobei sich mir die Kraft des Schöpfers, die höhere Kraft, Kraft des Lichtes enthüllt, und ich in eine Verbindung mit ihr eintrete. Das aber nur unter der Bedingung, dass ich auf meinem Standpunkt bestehe, und nichts empfangen möchte, was nicht für den Gastgeber ist, wenn das nicht ein Akt des Gebens sein wird. Damit verpflichte ich ihn, sich mir zu enthüllen.
Deswegen können wir jetzt schon beginnen, in allen möglichen Lebenssituationen sogenannte „praktische Kabbala" zu betreiben, eine Art Übungen, um zu beginnen, lediglich zu versuchen, von der Welt nur die Dinge zu empfangen, die mit dem Schöpfer verbunden sind. Lasst uns sehen, ob wir es schaffen oder nicht.
Wenn ein Mensch mithilfe des Studiums der Kabbala, mithilfe einer solchen Erfahrung, sich selbst zu einem Zustand bringt, wenn er wahrhaftig sagt- ich empfange nichts für mich selbst, sondern nur um des Gastgebers willen, und wenn er sich nicht enthüllt, dann empfange ich gar nichts, dann muss sich der Gastgeber enthüllen. Überprüft das an einem Fall, wenn ihr zu jemandem als Gast kommt, und das von ihm verlangt. Ich werde nichts annehmen, außer wenn das für dich ist. Er muss sich dann zeigen, muss in eine Verbindung mit euch treten. Folglich erreichen wir in diesem Fall die Enthüllung des Schöpfers, die Enthüllung des Göttlichen.
Je mehr wir es also schaffen, die Offenbarung zu verlangen, um geben zu können, wird sich der Schöpfer enthüllen. Denn damit hilft er uns letzten Endes, auf höhere Stufen des Gebens zu gelangen. Nehmen wir uns das als Hausarbeit, und so werden wir fähig sein, daran zu arbeiten.
Was geschieht, nachdem nun dieser Parzuf, d.h. dieses Kli, eine Berechnung durchführte, und ein wenig in sein Inneres empfing? Sagen wir, es empfing in sein Inneres 20%, von den 100% des ankommenden Gesamtlichtes, und zu 80% blieb es leer. Und was geschieht weiter? Weiter findet eine neue Entwicklung statt.
Der Teil des Lichtes, welchen das Kli in sein Inneres empfing, heißt Or Pnimi (Inneres Licht), der Ort, wo die Berechnung durchgeführt wurde, heißt Pe (Mund); der Ort, bis zu dem es empfing, heißt Tabur, und der Ort, an dem das Kli endet, heißt Sium (Ende).
Zu achtzig Prozent blieb das Kli leer; und das Licht, welches mit 100% ankommt, lässt also nun die achtzig Prozent draußen. Dieses draußen gebliebene Licht übt von außen Druck auf das Kli aus, es möchte weiter drinnen aufgenommen werden. Dieses Licht heißt Or Makif (das umgebende Licht). Es umgibt das Kli von außen und drückt darauf, in der Hoffnung, vom Kli aufgenommen zu werden. Diese zwei Formen des Drucks- vom inneren Licht, und vom umgebenden Licht, üben auf den Tabur Druck aus, damit das Kli mehr empfängt.
Dann fühlt das Kli, dass es das nicht mehr aushalten kann, und das ganze Licht zurückweisen muss. Also stoßt es aus, vertreibt das ganze innere Licht nach außen, und gelangt zu einem leeren Zustand. Wenn wir das stufenweise einzeichnen, dann tritt das Licht auf die Weise nach außen, wie es in der Abbildung () eingezeichnet ist, bis es gänzlich austritt. Und wieder kehrt das Kli zum vorigen Zustand zurück: weist das ganze Licht zurück, und bleibt leer. Die Lichter, die sich von oben nach unten ausbreiten (das Innere Licht), heißen Taamim, Genüsse, weil sie in das Kli einen Geschmack (Taam) von dem tragen, was dieses Licht ist. Die Lichter, die aus dem Kli hinaustreten, es verlassen, heißen Nekudot (Punkte).
Nachdem das Licht im Inneren des Kli war, hinterließ es ein Reschimo, eine Erinnerung, eine Aufzeichnung. Nach den Taamim heißt diese Aufzeichnung Tagin: das ist das, was nach den Lichtern von Taamim übrig bleibt. Und die Aufzeichnung, die nach den Nekudot bleibt, heißt Otiot (Buchstaben).
Wir haben hier also schon eine sehr besondere Entwicklung im Kli, das Licht trat nämlich in das Innere des Kli hinein; dieses teilte das Kli entsprechend dem Rosch in zwei Teile auf, Toch und Sof; in den Sof trat es nicht ein; im Toch war es, und verließ es daraufhin; und hinterließ sodann im Inneren des Kli zwei Reschimot, die Tagin und Otiot heißen.
Als dann das Kli leer blieb, behielt es die Reschimot, Tagin und Otiot in seinem Inneren. Nun ist es schon klüger. Es weiß nun: in mir war Licht, ich fühlte es, und ich konnte es nicht ertragen, den es kam und drückte auf mich so sehr, dass ich es nicht aushalten konnte. Und daher verlangte ich es von ihm, dass es weggehen würde, und blieb wieder leer. Wir haben also in der gleichen Situation, von der wir gesprochen haben, bereits eine Entwicklung. Wir hatten die vier Stadien der Entwicklung des Kli, dann die Welt Ejn Sof, dann die Welt des Zimzum, dann einen Masach, der aus der Entscheidung des Kli zu geben entstand, und die erste Handlung mit dem Masach: das Licht in das Innere zu empfangen, und anschließend die zweite Handlung: sich vom Licht zu befreien.
Was ging aus all dem hervor? Daraus ging ein Eindruck hervor, eine Aufzeichnung, Reschimot, die es im Inneren des Kli gibt. Das Kli wurde klüger darüber, was dieses Licht ist, welches zu mir kommt, und mich erfüllt, und was es mit mir tut.
Nun entscheidet das Kli in der Situation 2, nach dem Weggehen des Lichtes, was weiter zu tun ist, bereits aus der Information heraus, die in ihm vom vergangenen Zustand blieb.
Es führt also seine Aktionen fort. Das Licht kommt zum ersten Parzuf, wird zu einem geringen Anteil aufgenommen, bis zum Tabur, wird ausgeworfen, der Parzuf möchte das Licht nicht aufnehmen; empfängt daraufhin ein wenig, weniger, als zuvor, steigt auf eine gegenüber dem vorausgehenden Parzuf niedrigere Stufe ab; im ersten Fall heißt sein Niveau Pe, im zweiten - Chase.
Er berechnet wieder, wie viel er aufnehmen kann, und empfängt einen Teil. Und leert sich wieder, senkt sein Niveau (Höhe) wieder, bis zum Chase des vorangehenden Parzuf. Berechnet ebenfalls, empfängt ebenfalls, und leert sich ebenfalls, aus den gleichen Gründen wie wir es zuvor studiert haben. Senkt sich wieder bis zum Chase, das Licht verbreitet sich wieder, und der Parzuf leert sich erneut. Senkt sich wieder bis zum Chase, das Licht verbreitet sich erneut, und damit endet der Vorgang.
Somit haben wir die Parzufim 1, 2, 3, 4 und 5, die wie folgt heißen: der erste heißt Galgalta, der zweite- AB, der dritte- SAG, der vierte- MA, der fünfte- BON. Fünf Parzufim. Alle diese Parzufim heißen zusammen die Welt Adam Kadmon, oder Olam Adam Kadmon (abgekürzt A"K) (Adam Kadmon- wörtl. der Erste Mensch). Wir werden noch studieren müssen, warum diese Malchut, die wir in Ejn Sof hatten, einen Zimzum ausführte, und anschließend begann, in ihr Inneres Licht zu empfangen, es verstieß, noch ein wenig empfing; sich in der zweiten Aktion etwas mehr erfüllte, bei der dritten Aktion- noch ein wenig, ihre Grenze erweiterte sich bei jedem Mal ein bisschen mehr; und bei der vierten und fünften Aktion- noch und noch. Nur ihr Sof blieb trotz alledem leer, und in ihren Sof kann sie nichts empfangen, sogar nachdem sie all die fünf Parzufim entstehen ließ.
Die aller erste Frage ist: warum fünf Parzufim? Das lernen wir aus dem Aufbau der Malchut selbst. Wir wissen, dass die Malchut selbst, die durch das Licht erschaffen wurde, in vier Phasen erschaffen wurde, wobei nur das vierte Stadium als Nivra, das Geschöpf, bezeichnet wird. D.h. wir haben alles in allem fünf Phasen. Deswegen muss die Malchut fünf Phasen passieren, um sich zu erfüllen, um eine abgeschlossene Handlung auszuführen. Die ganze Welt ist also aus diesen fünf Handlungen zusammengesetzt, von welchen jede Parzuf heißt. Diese Welt ist also aus fünf Welten zusammengesetzt, oder aus fünf Portionen, wobei das Geschöpf versucht, mehr und mehr zu empfangen, soviel wie man vom Gastgeber empfangen kann, um dem Schöpfer damit zu geben. Trotz alledem bleibt es aber in seinem Sof leer.
Nach der Welt Olam Kadmon wird ein Zustand kommen, in dem Überlegungen angestellt werden müssen, wie wir diesen Sof erfüllen können. Und hier, unten, im Sof des Parzuf, befinden uns wir- die Seelen, die Geschöpfe, mit unserer ganzen Welt, und mit allem, was wir im Laufe unseres Lebens hier, in dieser Welt tun müssen.
Vielleicht scheint das, was wir bis jetzt besprochen haben, zu Beginn sehr merkwürdig, schwer, kompliziert, voller Einzelheiten, aber nach und nach wird sich das ordnen. Wir wissen wie. Sagen wir, man kommt als Außerirdische aus einer fernen Welt. Wenn man in diese, unsere Welt kommt, dann wird es einem auch scheinen, dass es hier Milliarden an Einzelheiten gibt, alles kompliziert, alles unverständlich, wie sich das verbindet und einander beeinflusst, bis man nicht diese Welt als ein einziges System studiert.
Das gleiche gilt für die spirituelle Welt. Die Tatsache aber, dass wir die spirituelle Welt studieren, gibt uns einen sehr großen Vorteil. So oder anders befinden wir uns dort. Wir werden so oder anders versuchen, dorthin aufzusteigen. Wenn jeder von uns sein Leben hier, in dieser Welt zu Ende führt, kehrt er in die spirituelle Welt zurück. Er ist in alle diese Parzufim eingeschlossen.
Baal Sulam schreibt sehr einfach- und es lohnt sich, sich diese Zeile, diesen Satz zu merken, er ist sehr interessant. Er schreibt, dass wie ein Mensch nicht in dieser Welt Erfolg haben kann, und überhaupt in dieser Welt leben, verharren kann, wenn er die Gesetze dieser Welt nicht kennt, so auch die Seele des Menschen: nachdem der Mensch stirbt und in die spirituelle Welt kommt, wenn sie nicht die spirituellen Gesetze kennt, wenn sie nicht weiß, wie sie in der spirituellen Welt zu leben hat, nicht in der spirituellen Welt existieren kann, und daher sofort wieder in diese Welt zurückkehren muss, und hier Korrekturen fortsetzen, bis sie im Laufe solcher Wiedergeburten zu einem Zustand gelangt, dass der Mensch bereits die spirituelle Welt zu verstehen beginnt, beginnt, sich in sie einzuschließen, und zu wissen, wie man in ihr leben, es in ihr aushalten, und sogar sich in ihr entwickeln kann. Und dann erreicht er einen Zustand, wie wir gesagt haben, dass er zum ganzen NaRaNChaJ, zur vollkommenen Empfängnis des Lichtes gelangt, und nicht wiedergeboren werden muss.
Mithilfe unseres Studiums können wir auch in der Tat zu solchen Zuständen gelangen.
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