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Aufbau der Welten, Einführungskurs II - Lektion 1

Wir werden im Laufe dieses kleinen Einführungskurses über den Aufbau der Wirklichkeit sprechen, wie die Wirklichkeit an sich ist, und wie wir aufgebaut sind, im Inneren dieser Wirklichkeit, was die Verbindung zwischen uns und dieser Wirklichkeit ist, und wie das von oben nach unten aufgebaut ist, vom Anfangspunkt an und bis hin zu dem Menschen, durch alle Welten hindurch, und wie der Mensch von unten nach oben durch alle Welten hindurch zurück zu dem Punkt gelangt, an dem er über die ganze Wirklichkeit herrscht, und sich über diesem ganzen Leben erhebt, über die Zeit, über den Raum, über die Entfernungen, zu einer völlig anderen Dimension, die als das Spirituelle bezeichnet wird.


Darüber haben wir eine sehr große Ansammlung von Büchern, die bereits Jahrtausende existiert, wir studieren aber die Wissenschaft der Kabbala nach den letzten Quellen, weil sie für unsere Seelen bestimmt sind, für diejenigen, die sich heute in unserer Welt befinden. Deswegen wenden wir uns kaum den älteren Quellen zu, außer wenn es daran einen besonderen Bedarf gibt. Wir lernen aus den Quellen eines sehr großen Kabbalisten Aschlag (Baal Sulam), des letzten Kabbalisten, der im zwanzigsten Jahrhundert lebte, und speziell für uns, für unsere Generation schrieb, und die Wissenschaft der Kabbala in einer Form zubereitete, in der wir sie erkennen, fühlen, verstehen können, er verfasste sie in einer wissenschaftlichen, einfachen Form, in einer Form, in der wir sie aufnehmen und benutzen können.   

Seine ganze Kabbala gründet sich jedoch auf älteren Quellen, im Besonderen auf der Kabbala des Ari, eines Kabbalisten, der im sechszehnten Jahrhundert lebte, und von dem wir die Basis der modernen Kabbala haben. Von Ari haben wir alles in allem über zwanzig Volumen, von welchen Ez Chaim- der Baum des Lebens- sein Hauptwerk ist. Darin schreibt er so über den Beginn der Schöpfung: (Hatchalat haBrija) Wisse, dass bevor die Emanationen emanierten und die Geschöpfe erschaffen wurden, das einfache höchste Licht die ganze Wirklichkeit ausfüllte. Und es gab keinen freien Raum, oder leere Atmosphäre oder leeren Platz; sondern es war alles voller jenes einfachen unendlichen Lichtes; und dieses hatte weder Anfang noch Ende, sondern es war alles Einziges Einfaches Licht, gleich in einer einzigen Gleichheit (der Eigenschaften), und dieses hieß Licht der Unendlichkeit.

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Damit beginnt der Ari. Und auch wir beginnen damit. Wie sehen wir, erkunden und verstehen wir den Beginn der Schöpfung? Ari sowie der Rest der Kabbalisten, auch Baal Sulam, sagen uns, dass die Schöpfung damit begann, dass das höchste einfache Licht kam, und für sich, sich gegenüber, einen Wunsch, Willen- Razon aufbaute, das Gefäß, oder Kli. Exakt im gleichen Maße wie das Licht geben will, ausgestattet mit der gleichen Potenz und der gleichen Kapazität erschuf es das Kli, den Willen zu empfangen, es erfüllte das Kli und das Kli empfand Vergnügen daran. Aber damit einher, im Licht drin, fühlte das Kli, dass die Quelle des Lichtes größer ist das Licht selbst, und dass es vom Willen zu geben kommt, denn das Licht ist der Genuss, der zum Kli gelangt und so empfunden wird, und der Jemand, der sich über dem Licht befindet, und von dem das Licht ausgeht, ist ein Ort, der erfüllen will, Genuss geben will, Vergnügen geben will. Dieser Ort wird der Schöpfer genannt.

Nachdem also das Licht das Kli erfüllt, fühlt das Kli, dass es etwas über dem Licht gibt. Das Kli fühlt, dass es die Quelle gibt. Aus diesem Gefühl heraus möchte das Kli der Quelle gleichen, möchte wie die Quelle sein, auf einer noch höheren Stufe, in einem noch größeren Willen und Genuss.

Also entwickelt das Kli in seinem Inneren einen Willen zu geben, wie beim Schöpfer. Diese Differenziationen bezeichnen wir als Stadien, Bchinot: Stadium 0, dem alles entspringt, das Licht selbst; wenn das Kli da ist, bezeichnen wir das als das Stadium 1; als das Kli wie das Licht geben möchte, ist es bereits das Stadium 2.

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Wie wir also bereits sagten, fühlte das Kli den Genuss in seinem Inneren, fühlte die Erfüllung, und aus dem Gefühl des Genusses heraus, welches das Kli empfand, fühlte es, dass jemand ihm diesen Genuss gibt.

So bekommen wir zum Beispiel in unserer Welt etwas in die Hände, genießen, und in diesem meinem Genießen beginne ich zu fühlen, dass dieser Genuss ja anscheinend von jemandem kommt; dann beginne ich, durch diesen Genuss zum Genussgeber eine Verbindung aufzubauen; und wenn ich zum Genussgeber eine Verbindung aufbaue, der ja größer ist als ich, weil er gibt, und ich empfange, dann möchte ich wie er sein.

Genau das geschah mit dem Kli im ersten Stadium, und so kam es zum zweiten Stadium. Im ersten Stadium ist das Kli Empfänger oder Empfangender genannt, und im zweiten Stadium heißt das Kli Geber oder Gebender.  

Dadurch jedoch, dass es gibt, fühlt es sich nur wie die Quelle, die ihm gibt. Dadurch entwickelt es einen anderen Wunsch, und zwar mochte es einen Akt des Gebens vollziehen, nicht nur geben zu wollen, sondern tatsächlich aktiv zu geben. Hier versteht es: wie kann ich eigentlich geben? Die Quelle, der Schöpfer, verfügt über das Licht, über den Genuss; und er gibt mir. Ich empfange und genieße. Das ist mein Baustoff. Zu empfangen, der Empfänger zu sein, ist mein Baustoff. Daraus bin ich gebaut; ich habe nichts weiter als das. Ich bin das Gegenstück vom Licht, das Gegenstück vom Genuss. Wenn das Licht zu mir gelangt, mich erfüllt, empfinde ich Genuss. Ich verstehe, dass es sich mehr lohnt, zu geben als zu empfangen. Dadurch bin ich „kompletter", höherer, vollkommener. Wenn dem so ist, dann möchte ich Geber sein; aber wie soll ich geben, ich habe nichts zu geben! Ich beginne aber zu fühlen- diese Quelle, warum möchte sie mir geben? Sie möchte mir geben, weil sie mich liebt! Während ich das gleiche tue, was sie tut, während ich die Handlung des Gebens ausführe, beginne ich zu sehen, dass Er mich liebt. Warum gibt Er? Weil Er liebt. Wodurch fühle ich diese Liebe, die es in ihm gibt? Dadurch dass ich Ihm ähnlich geworden bin.

So ist das mit kleinen Kindern. Sie können nicht fühlen, dass die Eltern sie lieben- bis sie nicht selbst groß werden und Kinder bekommen. Wenn sie dann ihren Kindern geben, beginnen sie zu verstehen, wie ihre Eltern sie geliebt haben. Wie es heißt:„aus deinen Taten werde ich dich erkennen" (Mi maasecha ikarnucha). Aus den Handlungen heraus erkennen wir ihr Wesen.

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In dem Augenblick daher, wenn der Geber, dieses Kli im Studium 2, zu geben wünschte, begann es, in dem Maße wie es geben wollte, zu verstehen, dass der Schöpfer es liebt. Als es sodann fühlte, dass der Schöpfer es liebt, kam ihm die Idee: wenn der Schöpfer mich liebt, mache ich doch Folgendes: er liebt mich und möchte, dass ich genieße; dann empfange ich doch von ihm den Genuss, wie zuvor, wie im Stadium 1. Aber ich empfange ihn, weil ich dem Schöpfer geben möchte; weil ich ihn liebe, wie Er mich liebt. Wenn ich sodann empfange, dann empfange ich nicht für mich, sondern ich empfange, weil ich möchte, dass der Höhere von mir genießt. Ich nutze die Liebe des Höheren zu mir.

Hier müssen wir verstehen, dass wenn wir nicht fühlen, dass der Schöpfer uns liebt, wir ihm nicht geben können werden. Zwischen beiden muss eine Verbindung bestehen. Dann, aus der Tatsache heraus, dass das Kli die Liebe des Schöpfers fühlt, kann es von Ihm empfangen, und dieses Empfangen wird wie das Geben sein. Dieses Kli in dieser Form wird dann Stadium 3 genannt: im Stadium 2 will es nur geben, und im Stadium drei tut es das.

Nachdem es so zur gleichen Handlung gelangt wie die des Schöpfers, - denn in diesem Zustand ähnelt es tatsächlich dem Stadium 0, Wurzelstadium- dadurch, dass es zu diesem Zustand der Schöpferähnlichkeit gelangt, beginnt es wahrzunehmen, in welchem Zustand der Schöpfer ist: in welcher Ewigkeit, in welcher Vollkommenheit, wo er ganz das Geben ist, über allen Einschränkungen eines Empfängers steht.

Also möchte es sein wie Er. Was heißt das? Es möchte vom Zustand genießen, in dem sich der Schöpfer befindet. Nun eröffnet sich ihm das letzte, große Kli. Dieses Kli möchte sowohl den Genuss empfangen, der vom Schöpfer kommt, als auch die Liebe, die von ihm kommt, und auch den Status des Schöpfers: die Tatsache, dass der Schöpfer so groß ist.

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All diese Dinge möchte es empfangen und genießen. Das Kli dieser Form heißt Stadium 4, und auch Nivra- das Geschöpf. Warum Geschöpf? Weil es in diesem Stadium alles empfangen möchte, was vom Schöpfer kommt, um es zu genießen. Es möchte nichts weiter als das. D.h. es möchte nichts zurückgeben. Es möchte nicht geben, es möchte nur sich selbst füllen, mit allem, was vom Schöpfer kommt. Deswegen heißt dieser Wille, dieses Material, Nivra, Geschöpf, weil es sich in vollkommener Entgegengesetztheit zum Schöpfer befindet. Der Schöpfer ist ganz das Geben; Er gibt sowohl Genuss, als auch Liebe, und seinen Status, Er ist bereit, alles dem Geschöpf zu geben; und das Geschöpf möchte es nur empfangen, und von all diesen Dingen genießen. D.h. im Stadium 4 steht das Geschöpf in vollkommener Entgegengesetztheit zum Schöpfer (in der Zeichnung mit Delta vermerkt). Den Schöpfer vermerken wir mit Plus- der hundertprozentig Gebende, und das Geschöpf- mit Minus, als das hundertprozentig Empfangende. Damit wird der Schöpfungsakt abgeschlossen. Was heißt „der Schöpfungsakt wird abgeschlossen"? Alles ist vollbracht! Wir haben den Schöpfer, der mittels der erwähnten Stadien das Geschöpf schuf, wobei das letztere alles empfangen möchte, was vom Schöpfer kommt. In Wirklichkeit gibt es außer dem nichts. Hier endet alles.

Jedoch fehlt es noch an einer Entwicklung vonseiten des Geschöpfes. Denn dieses Geschöpf, das wir im vierten Stadium haben, beginnt zu fühlen, wie sehr es im Gegensatz zum Schöpfer steht. Diese Situation des Geschöpfes im vierten Stadium wird als die Welt der Unendlichkeit (Olam Ejn Sof) bezeichnet. Warum Welt der Unendlichkeit? Weil alle hundert Prozent, die vom Schöpfer an das Geschöpf ausgehen, in das Geschöpf eintreten und von den hundert Prozent des Fassungsvermögens, die sich im Geschöpf befinden, aufgenommen werden. Deswegen heißt das „grenzenlos", endlos. Es gibt keine Beschränkung auf die Aufnahme des Lichtes. Welt ist dabei die Situation des Kli- diese heißt Welt.

Wir können eine jede Situation des Kli als seine Welt bezeichnen. Auch der Zustand, die Situation eines Menschen, - er fühlt, dass er sich in einer bestimmten Welt befindet. Im nächsten Augenblick wird seine Empfindung eine andere sein, die einer anderen Welt. D.h. die Welt ist eine Empfindung des Kli über den Ort, an dem es sich befindet.

Jetzt haben wir also die Entwicklung des Kli auf den vier Stufen, den vier Stadien  verfolgt, auf welchen aus dem Schöpfer, der das Wurzelstadium darstellt, die Stadien eins, zwei, drei, sowie das letzte, vierte Stadium, entspringen, wobei das vierte Stadium den Abschluss des Kli darstellt, das abschließende Gefäß. Warum? Weil es alles empfangen möchte, was vom Schöpfer kommt, und sich zu hundert Prozent erfüllt. Dieser Zustand des Kli wird dabei als Nivra bezeichnet, und die Erfüllung selbst, die Einheit der Erfüllung, heißt die Welt der Unendlichkeit, in welchem das Kli fühlt, dass es vollkommen ausgefüllt ist, und es ihm an nichts fehlt. In diesem Zustand ist das Kli, das Geschöpf, dem Schöpfer entgegengesetzt, weil der Schöpfer ganz der Gebende, und das Geschöpf ganz das Empfangende ist.

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Was geschieht weiter in der Entwicklung des Gefäßes? Das Kli fährt mit seiner Entwicklung fort. Warum? Weil die Welt der Unendlichkeit, in welcher es mit dem, was vorhanden ist, hundertprozentig erfüllt ist, ebenfalls eine Empfindung der Unterscheidung vom Gebenden erweckt. Warum? Es gibt hier einen Gebenden, der hundertprozentig positiv ist. Und das Kli selbst ist hundertprozentig negativ. Es fühlt sich selbst als den Empfangenden, und dass es dem Schöpfer entgegengesetzt, ihm gegenüber niedrig ist. Deswegen gibt es im Kli dieses Gefühl des Unterschieds, dieses Spaltes, dieses Delta, was als Buscha (Scham) empfunden wird. Wir werden diese Begriffe noch lernen müssen, wie sie in der Wissenschaft der Kabbala sind, wie die Kabbalisten sie definieren, eingrenzen, alle diese Definitionen werden wir lernen und sie auswendig wissen müssen, weil es unmöglich, fast unmöglich ist, sie in andere Worte, in eine andere Sprache zu übersetzen; in diesen Begriffen von Buscha (Scham), Unendlichkeit (Ejn Sof), Stadien (Bchinot), Unterscheidungen (Havchanot), Kli (Gefäß), Or (Licht), gibt es viele innere Dinge, so dass es sich für uns lohnt, nicht damit zu beginnen, dass jeder sie in die eigene Sprache übersetzt, sondern bei den gleichen Definitionen zu bleiben, und später, bei weiterem Studium, uns einfacher auszudrücken, denn alles in allem gibt es außer diesen Definitionen in der Wissenschaft der Kabbala nicht viele Worte. Den ganzen Rest der Worte werden wir in jeder Sprache verstehen können; wenn wir die Zustände und die Handlungen des Kli in der Sprache der Kabbala kennen werden, wird es uns auch dabei helfen, miteinander mehr in Verbindung zu bleiben. Der Nutzen dieser Verbindung- und später werden wir noch darüber sprechen- ist sehr groß.

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Woran sind wir also nun hier: in einer Situation, in der das Kli in der Welt der Unendlichkeit fühlt, wie sehr es dem Schöpfer gegensätzlich ist. Wir haben oben in der Zeichnung das Wurzelstadium (Bchina Schoresch), und unten- das Stadium vier (Bchinat Dalet). Den Unterschied zwischen ihnen empfindet das Kli in Form von Buscha, der Scham. Was kann das Kli aus dieser Scham heraus tun? Es kann nichts tun. Denn die ganze Scham resultiert aus der Tatsache, dass es empfängt. Dann entscheidet es: um dieses schreckliche Gefühl loszuwerden, sage ich dem Empfangen ab. So stößt es alles, was es in ihm gab, nach draußen, und hört auf zu empfangen. Diese Handlung heißt der erste Zimzum (Kontraktion/ Einschränkung).

Danach bleibt das Kli vollkommen leer. Das ganze Licht hat es verlassen. Diese Welt heißt dementsprechend Olam ha- Zimzum (die Welt der Kontraktion). Das Kli blieb also leer, es kontrahierte- schränkte sich ein, und möchte nicht wieder empfangen.

Was soll es aber weiter tun? Denn bei alledem blieb der Spalt ein Spalt. Dadurch, dass das Kli sich entleert hat, wurde es dem Schöpfer nicht ähnlicher, sondern nun empfängt es lediglich nicht, und hat jetzt auch kein Gefühl der Buscha (Scham). Es ist dem Schöpfer nicht mehr gegensätzlich, dadurch, dass es empfängt, und der Schöpfer gibt; aber bei alledem verbleibt es im Mangel (Chissaron). Der erste Mangel besteht darin, dass das Kli leer ist, und also sein Razon (Wille) bei alledem leer ist; und auch gibt es nichts an den Schöpfer, denn an dieser Stelle besteht der Wille nicht nur darin, zu empfangen; sondern hier befindet sich im Kli bereits auch der Wille zu geben, und auch das Gefühl, dass der Schöpfer es liebt und möchte, dass es genießt; wegen der Tatsache also, dass es leer verblieben ist, leidet es sowohl für sich selbst, als auch, weil es dem Schöpfer keinen Genuss bereiten kann; es fühlt auch das Leid des Schöpfers.

Hier gibt es ein doppeltes Leid, d.h. es blieb hier eine doppelte Leere im inneren des Kli. Warum? Wie wir schon gesagt haben, empfing das Kli vom Schöpfer Genuss, empfing vom Schöpfer Liebe, empfing die Empfindung der Stufe des Schöpfers. Es hatte alles, bevor es sich einschränkte (kontrahierte), und es fühlte alles, diese Vollkommenheit, die ihm gegeben war. Dann kam aber aufgrund der Vollkommenheit das Gefühl der Buscha (Scham). Sodann stößte es die ganze Errfüllung aus sich heraus. Jetzt, da es leer geblieben ist, hat es die Leere wegen des Fehlens des Lichtes in sich; die Leere, weil es die Liebe des Schöpfers nicht spürt- denn jetzt bekommt es nichts von ihm; und es fühlt auch nicht die Größe des Schöpfers, den Zustand, in dem es selbst war, als es dem Schöpfer ähnelte. So offenbart sich nun dieser ganze große Wille in einem Zustand des Kli, welcher Olam ha-Zimzum heißt, die Welt der Kontraktion (wie wir bereits gesagt haben ist die Welt der Zustand des Geschöpfes).

Die Welt des Zimzum geht zu Ende. Womit? Damit, dass das Kli beginnt, nachzudenken: was soll ich tun? Alles in allem habe ich nichts getan. Wie ich zuvor dem Licht gegenüberstand, und das Licht mich erfüllte; so bin jetzt auch im gleichen Zustand: das Licht befindet sich außerhalb von mir, und ich bin leer. Nur bin ich bei weitem leerer als zuvor, was habe ich also erreicht?

Aus all diesen Konsequenzen, die das Licht, welches im Inneren des Kli war, und es verließ, zur Folge hatte; aus diesem Vorgang im Inneren des Kli entstanden nun Differenziationen, Unterscheidungen, so, dass es in diesem Kli nun zwei Dinge gibt: es hat seinen eigenen Willen, den Willen zu empfangen; und es hat später auch einen anderen Willen, den es vorher hatte, den Willen zu geben, so, dass es im Inneren des Kli nun zwei Attribute gibt: der erstere Wille ist ein Attribut des Geschöpfes, und der letztere- ein Attribut des Schöpfers.

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Aus der Tatsache heraus, dass es im Kli diese zwei Attribute gibt, beginnt es nun zu denken: was tue ich? Es hat schon Raum zum Überlegen: was soll es im Inneren tun, welche Berechnungen und Prozesse durchführen? Nun bildet es wirklich einen neuen Prozess. Denn alles in allem möchte es empfangen, und mittels dieses Empfangens möchte es auch geben. Wie kann man das also tun? Das Kli an sich ist nur Wille zu genießen, Gefäß der Empfängnis! Also überlegt es sich: der Schöpfer möchte, dass ich empfange. Und ich möchte auf seine Stufe gelangen. Also gelange ich dorthin auf einem einfachen Wege. Durch etwas, was Masach heißt (Schirm). Wenn ich vor meinem Willen zu empfangen eine Bedingung aufbaue, so, dass wenn ein Genuss zu mir kommt, ich ihn nicht für mich empfange, ihn nicht für mich erhalten wollen werde, wie ich ihn zuvor empfing, wonach ich fühlte, dass ich dem Schöpfer entgegengesetzt bin (vorletzte Zeichnung). Bevor ich einen Genuss empfangen werde, werde ich mich dem Schöpfer angleichen. Wie? Ich empfange den Genuss nicht, ihn sende ihn zurück und sage: Ich bin nicht bereit zu empfangen. Dadurch halte ich die Bedingung des ersten Zimzum ein. Ich stoße das ganze Licht weg. Was also später auch geschehen mag, werde ich nicht in Buscha, nicht beschämt, ich werde nicht getrennt sein, ich werde wie der Schöpfer sein. Ich weise ab, ich empfange nicht.

Anschließend empfange ich doch: aber wie empfange ich? Ich empfange alles, was zu mir gelangt, aus dem Grunde, dass ich das nur annehme, damit der Schöpfer genießt. D.h. hier arbeite ich mit der Liebe des Schöpfers zu mir, und meiner Liebe zu Ihm. Dabei erhalten wir beide voneinander, und wir beide geben einander. Auf diese Weise ähnele ich dem Schöpfer vollkommen. Soweit, dass alles, was von mir aufgenommen werden würde, wieder Olam ejn Sof, wieder die Welt der Unendlichkeit wäre. In diesem Zustand werde ich dem Schöpfer gleichen. Während also das Geschöpf in der Welt der Unendlichkeit, welches alles empfing, fühlte, dass es dem Schöpfer entgegengesetzt ist, so fühlt es hier, wenn es durch einen Masach, durch eine Bedingung aufnimmt, dass er das nur für den Schöpfer tut, dass es dem Schöpfer ähnelt, ich würde sogar sagen gleicht.

Dazu gibt uns Baal Sulam ein Beispiel, in einem seiner Artikel, der „die Einführung in die Wissenschaft der Kabbala" heißt. Dieses Beispiel sollten wir uns zu Gemüte führen, es ist sehr schön: „Und ich werde es dir an einem Gleichnis von dem erklären, was in dieser Welt geschieht: es ist in der Natur des Menschen, die Eigenschaft des Gebens, das Beschenken  zu respektieren, und die Eigenschaft des Nehmens vom Anderen ist verachtungswürdig und niedrig in seinen Augen." D.h. wenn ich jemandem gebe, dann bin ich dadurch stolz, ich fühle, dass ich größer bin, dass ich gebe. Wenn ich aber von jemandem etwas annehmen muss, dann fühle ich mich minderwertig, ich hänge von jemandem ab, er ist größer als ich. Ich schäme mich davor. Das ist unsere Natur. Woraus resultiert das? Das resultiert aus der Tatsache, dass der Schöpfer der erste, und wir die zweiten sind. Und aus dem, dass er größer und ich kleiner bin, resultiert mein Gefühl der Minderwertigkeit. Diese Minderwertigkeit erschuf der Schöpfer absichtlich in uns, damit wir, indem wir uns des Gefühles der Scham auf richtige Weise bedienen, indem wir fühlen, dass wir Ihm entgegengesetzt sind, daraus Hilfe schöpfen, um Handlungen auszuführen, um auf Seine Stufe zu gelangen, was das Ziel ist.

Baal Sulam sagt nun, dass es in den Augen des Menschen verachtungswürdig sei, der Empfänger zu sein. Aus diesem Grunde, wenn einer in das Haus seines Freundes zu Besuch kommt, und der Freund ihn darum bittet, es sich schmecken zu lassen und etwas bei ihm zu essen, wird der Ankömmling nicht essen können, sogar wenn er hungrig ist, essen möchte; die Scham wird ihm das nicht erlauben. Denn es ist verachtungswürdig und niedrig in seinen Augen, Gaben vom Anderen in Empfang zu nehmen.

So sind wir aufgebaut. Wilde und Haustiere, sowie der ganze Rest der Geschöpfe fühlen das nicht, aber der Mensch fühlt das ja. Er muss für sich selbst eine Rechtfertigung geben, warum er vom Anderen etwas annimmt. Sogar ein Dieb muss trotz alledem sich selbst sagen, sich selbst zeigen, dass er darin, dass er vom anderen nimmt, im Recht ist. Alle stehlen, ich habe das Recht, ich bin arm usw., er muss für sich in seinem Inneren eine Rechtfertigung für seine Handlung finden. So sind wir aufgebaut. Das ist unsere Natur. Aber, sagt Baal Sulam, wenn der Gastgeber vermehrt den Gast bittet und an ihn appelliert, und das in ausreichendem Maße, d.h. wenn der Gastgeber sagt: „bitte, nimm, ich habe alles für dich vorbereitet, ich möchte sehr, dass du es dir schmecken lässt, dass du bei mir genießt, ich wusste, was du möchtest, was du magst, ich habe das extra gemacht, tue mir einen Gefallen", d.h. er appelliert und sagt: du nimmst nichts für dich, du empfängst nicht, in meinen Augen empfängst du überhaupt nichts, in meinen Augen ist es so, dass du mir einen Gefallen tust, wenn du jetzt von mir annimmst! Du bereitest mir damit Genuss. Dann heißt es: Wenn er in ausreichendem Maße an ihn appelliert. Was ist genug? Dass der Gastgeber die ganze Zeit bittet und bittet, bis es sich offenbart, dass er dem Gastgeber einen großen Gefallen tut, wenn er bei ihm isst. Also öffnet er seinen Hunger, hebt seinen Zimzum auf, nicht zu empfangen, und beginnt zu essen. Denn er fühlt schon und ist sich sicher, dass er durch sein Empfangen dem Gastgeber einen Gefallen tun, und ihm Genuss bereiten wird.

Solange der Gastgeber dem Gast nicht beweisen kann, dass er ihm einen Gefallen tut, schafft es der Gast nicht, zu essen.  Wenn der gleiche Wille, der gleiche Hunger, der gleiche Appetit, der einmal im Inneren des Kli war, und einmal in der Empfindung des Kli als „Minus" vorhanden war, als das Empfangen, jetzt benutzt wird, wird er gerade in einen „Plus" verwandelt, er wird genau wie der Gastgeber, der bei seinem Empfangen fühlt, dass er genau wie der Gastgeber ist- nicht kleiner als er, sondern, dass er ihm vollkommen gleicht.

Denn der Gastgeber möchte, dass er genießt, der Gastgeber will, er leidet, wenn ich von Ihm nicht empfange. Und wenn ich nur empfange, um damit dem Gastgeber Genuss zu bereiten, ihm einen Gefallen zurückzugeben, dann läuft es darauf hinaus, dass ich nicht nehme, sondern gebe. Ich bereite ihm einen Genuss. Ich werde zu der Quelle des Genusses für den Gastgeber. D.h. (zurück zur Zeichnung), der Schöpfer, der sich oben in der Zeichnung befindet, und sein Licht an das Geschöpf gibt, dieser Schöpfer leidet, Er möchte geben; und wenn das Geschöpf nicht empfängt, dann leidet der Schöpfer.

Also entscheidet das Geschöpf, dass es dem Schöpfer Genuss bereiten möchte, und dann läuft es darauf hinaus, dass sie beide geben, und zwar dadurch, dass sie beide nehmen. Das Geschöpf nimmt Licht vom Schöpfer in Empfang, und der Schöpfer erhält vom Geschöpf das, was bei uns als Kavana (Absicht) bezeichnet wird, die Beziehung des Geschöpfes zum Gastgeber. Das Geschöpf hat nichts, was es geben könnte! Es hat nichts von sich selbst. Was kann er dem Gastgeber geben? Wenn er zum Gastgeber zu Besuch kommt, dann breitet der Gastgeber vor ihm einen Tisch aus, mit aller Geschmacksrichtungen, allen Speisen; der Gastgeber weiß von Beginn an, was der Gast möchte; was kann der Gast tun?! Der Gastgeber braucht nichts. Der Gastgeber ist der Schöpfer! Er ist vollkommen. Es fehlt ihm nur eines: er möchte, dass das Geschöpf, der Mensch, genießt. Wenn also der Mensch dann den Genuss nur mit der Intention (be Kavana) annimmt, dass er damit dem Schöpfer einen Gefallen tut, reicht das aus. Damit wird er zu dem Gebenden.

Deswegen müssen wir alle, alles in einem, nur diese Handlung ausführen: die der Kavana, Intention. Mithilfe eines Schirmes (Masach) können wir zur Intention (Kavana) gelangen, wobei diese unsere Kavana das Geben an den Schöpfer ist.

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Diese Kavana ist also unsere eigentliche Handlung im Bezug auf den Schöpfer. Wir geben ihm nichts, außer der Tatsache, dass ich es beabsichtige, dass mein Genuss für Ihn sein soll. Und das reicht aus. Dieser Gedanke reicht aus, um meine Handlung des Empfangens in Geben umzuwandeln.

Wenn also zu mir von oben Licht gelangt, welches der Genuss ist, und ich ihn weiterleite, ihn empfange, jedoch auf dem Rückwege die Kavana aussende- dann empfange ich dieses Licht in mein Inneres, während ich es jedoch in mein Kli weiterleite, wird das bereits nicht so von mir empfunden, als wäre ich der Empfänger; sonder ich fühle mich als den Geber. Dann verdiene ich viel daran; was? Ich schaffe es dadurch, dazu zu gelangen, wie der Schöpfer zu sein. Warum? Weil ich wie Er gebe! Die Hundert Prozent, die zu mir gelangen, empfange ich, um ihm kraft meiner Intention wiederum Hundert Prozent zu geben! Also bin ich genau wie Er. Das bedeutet es, wenn wir sagen, dass der Schöpfer und das Geschöpf ähnlich, gleich werden. Was verdiene ich daran, wenn ich so werde wie der Schöpfer? Dadurch gelange ich zu einem Zustand, der Welt Ejn Sof heißt, ich gelange zum selben Gefühl, wie es der Schöpfer hat.

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Wenn also in der nächsten Zeichnung der Schöpfer- der Höhere (Eljon) ist, und das Geschöpf- der Untere ist (Tachton), dann erreiche ich durch diese Handlung Folgendes.

Der Schöpfer schuf das Geschöpf, wobei eine Handlung erfolgte, die Lejda heißt (Geburt), weil dabei das Geschöpf auf die Welt kam. Von dieser Linie und weiter nach unten ist das Geschöpf auf der Welt und existiert. Es ist in der Realität vorhanden. Bis zu diesem Punkt war alles Machschevet HaBrija (der Schöpfungsgedanke). D.h. das eigentliche „Geschöpf" beginnt von diesem Punkt, von dieser Trennungslinie.

Auch wir könnten sagen: wo setzt ein Baby an zu existieren? Es tritt aus dem Bauch der Mutter aus, und beginnt dann, existent zu sein, von da an rechnen wir sein Leben. Wir sagen auch: an dem und dem Datum, zu der und der Zeit, wurde das Kind geboren. Es trat aus der Mutter aus und wurde zu einem eigenständigen Geschöpf. Und zu dem, was vorher war, sagen wir noch nicht, dass das ein Mensch war, es war noch von der Mutter abhängig, an sie gebunden. Oder war es überhaupt nicht existent, es existierte in irgendeinem vorangehenden Gedanken.

Was ernten wir also daran, dass wir eine Handlung des Schöpfers, das Geben, ausführen? Wir steigen von der Stufe des Geschöpfes auf die Stufe des Schöpfers auf. Ich beginne dadurch , die Gedanken des Schöpfers zu erkennen, die existierten, noch bevor Er mich schuf. Ich gehe zurück, noch vor meine Geburt. Ich gehe sozusagen in meiner Geschichte zu den Zeiten, zu den Zuständen zurück, als ich noch nicht existierte. Dann beginne ich, ganz Ejn Sof, die ganze Unendlichkeit zu kennen, wer der Schöpfer ist, was Er ist, noch bevor Seine Geschichte mit mir begann. Das bringt dem Menschen die qualitative Übereinstimmung mit dem Schöpfer, die Kavana, die er entwickelt.

Deswegen gibt es bei uns, in unserer Welt, in unserem Leben, nichts wichtigeres als die Kavana, die Absicht. Sie ist das einzige, was wir tun müssen: eine Kavana zu erreichen, nur für den Schöpfer Empfänger zu sein, wie auch Er nur für uns gibt. Deswegen ist unser ganzes Studium, unsere ganze Arbeit an uns währen des Studiums, die Avodat haShem (Arbeit für den Schöpfer) heißt, Arbeit mit dem Ziel, uns dem Schöpfer anzugleichen, all das ist Arbeit zum Erreichen der richtigen Kavana (Intention).

Und in diesem Zustand der Unendlichkeit (Ejn Sof), den das Geschöpf erkennt und zu dem es gelangt, ist alles drin. Baal Sulam beschreibt uns das an einem anderen Beispiel, an einer anderen Stelle, im Teil 1 der Lehre von den zehn Sfirot, der Innere Betrachtung heißt, im Paragraphen 8. :durch einen einzigen Gedanken wurde die ganze Weltschöpfung emaniert und vollbracht (also der Weg, auf dem alles aus dem Schöpfer emanierte) und er, dieser Gedanke, der Schöpfungsgedanke, ist sowohl die Handlung, als auch die Wirklichkeit, und der Lohn des Hoffnungsvollen, und das Wesen der Anstrengung.

In diesem Schöpfungsgedanken, der da war, bevor wir auf die Welt kamen, ist also alles drin: er ist, wie Baal Sulam sagt, die Handlung des Schöpfers selbst; er schließt in sich die ganze Wirklichkeit ein- alle Welten, alles, was später entspringt; er ist die Wirklichkeit unserer Anstrengung, und auch unser Lohn, den wir am Ende erhalten- wenn wir zu ihm vordringen, dann wird das als „Lohn" bezeichnet; und er ist das Wesen der Anstrengung- das, wofür wir uns anstrengen müssen, um ihn, den Schöpfungsgedanken, zu erkennen. Was wir also erkennen, wozu wir schließlich vordringen, ist der „Kopf" des Schöpfers, Seine Gedanken und Absichten, alles, was sein Wesen heißt. Von der Stufe des Geschöpfes gelangen wir zu einer noch höheren Stufe als die Schöpfung, auf die Stufe des Schöpfers.

Dabei steht dieses Ziel vor jedem einzelnen von uns, und keiner kann davor fliehen. Wie viele Menschen es auch auf der Welt gibt, 9, vielleicht werden es 10 Milliarden Menschen sein, unwichtig, wie viele, das ist ein Sache der Aufteilung der Seelen auf eine größere oder kleinere Zahl von Einzelnen.

Jeder Einzelne wird in seinem Leben Wiedergeburten durchlaufen, wird wieder und wieder in diese Welt zurückkehren, und von dieser Welt aus müssen wir zu diesem Schöpfungsgedanken gelangen, und dann gelangen wir zum Ziel und hören auf, wiedergeboren zu werden, gelangen zu einem Zustand, der sich nicht verändert, weil er an sich Vollkommenheit und Ewigkeit ist.   

In einem Buch, das Schamati (Gehörtes) heißt, im einundsechszigsten Artikel, erklärt Baal Sulam unseren jetzigen Zustand durch ein interessantes Gleichnis, zu dem wir gleich kommen werden.

Er sagt, dass wir uns in unserem heutigen Zustand nicht in der Situation von Ejn Sof befinden, sondern wir befinden uns weit darunter. Wenn also vom Schöpfer, aus dem Wurzelstadium, die Stufen eins, zwei, drei und vier ausgehen, wobei die vierte Stufe als das Geschöpf bezeichnet wird, oder die Welt Ejn Sof; dann vollzieht diese Welt Eij Sof den ersten Zimzum (den ersten, weil es später noch einen zweiten geben wird, von dem wir noch sprechen werden); nach dem Zimzum denkt das Kli nach, was es tun soll, und baut einen Masach (Schirm); und nach dem Masach beginnt es bereits, bestimmte Handlungen auszuführen. Wir werden noch von diesen Handlungen sprechen, welche es ausführt. Nach dem Masach folgen also die Handlungen des Geschöpfes.

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Diese Handlungen äußern sich bei uns in fünf Welten. Die Welt Adam Kadmon (des ersten Menschen, abgekürzt A"K), dann- die Welten Azilut, Brija, Jezira, Asija. Darauf folgt noch ein Bruch, der Machsom heißt, und unter dem Machsom befindet sich das, was wir als unsere Welt (Aolam Ase) bezeichnen. Hier befinden wir uns alle. Wir befinden uns also weit von der Welt Ejn Sof, und von unserer Entscheidungen, mit den Schirmen zu arbeiten, und zwar auf Entfernung der fünf Welten. Dabei ist unser Dasein hier vollkommen finster und abgeschnitten, abgeschnitten vom Verständnis davon, was wir zu tun haben. Wir sind nicht in einer Situation, in der wir Licht haben oder nicht haben; der Schöpfer klar ist, wie ihn fühlen- oder nicht fühlen. Warum befinden sich zwischen der ersten Trennlinie, einer uns klaren Situation, und dem unseren Zustand die fünf Welten? Welten- Olamot- vom Wort Elem, Verhüllung (Alama). D.h. sie sind sozusagen Filter, die immer und immer mehr das Licht verhüllen, und wir uns erst dort vorfinden, wo das Licht zur letzten Stufe gelangt, wobei es hier, im Zustand, in dem wir uns befinden, kein Licht gibt, und alles Finsternis ist. Was ist Finsternis? Fehlen der Empfindung davon, wo wir uns befinden.

So öffnen wir zum Beispiel langsam, nach und nach das Licht im Zimmer. Wir haben einen Regler mit Regelwiderstand, mit dessen Hilfe wir das Licht weiter und weiter runterdrehen, bis es vollkommen finster wird. Das geschieht mit uns, die wir nach allen diesen Welten stehen. Sie absorbieren, blockieren das Licht, damit es nicht zu uns gelangt. Und wir müssen aus unserem Zustand heraus durch all diese Verhüllung hindurch zu dem Zustand von Ejn Sof (der Unendlichkeit) zurückkehren.

Nun sagt Baal Sulam Folgendes: unser jetziger Zustand ähnelt einem Gleichnis über den Menschen, der ein schweres Vergehen an der Regierung des Königtums beging. In diesem Gleichnis gab es also einen König, der über ein Land herrschte, und in diesem Land lebte ein Mensch, der etwas schlechtes dem König gegenüber tat. Man richtete ihn, und man beschloss, dass man ihn wegschicken, ihn des Landes verweisen muss. Der Ort seines Exils war sehr weit von seinem Land.

So auch bei uns- man schickte uns nach unten, in diese Welt, wobei dieser Zustand Galut, Exil, und die Rückkehr in den Zustand von Ejn Sof- Befreiung, Geula genannt wird. Man vertrieb den Menschen aus dem Zustand, in dem er war, als er im Lande des Königs lebte („König" meint den Schöpfer), und als er Ihn fühlte, mit ihm zusammen war. Man warf ihn von dort an irgendeinen fernen Ort. Dort, an diesem Ort, fand er noch viele Menschen wie ihn- Menschen, die auch leben und nicht verstehen, wo sie sich befinden. Und außer dass er aus dem Ort abstieg, an dem er war, vergaß er auch, wo er war. Unsere Seelen fühlen nicht, dass sie einmal in Ejn Sof waren. In jedem Einzelnen von uns gibt es einen Teil von Ejn Sof, der Seele heißt, dieser Teil ist aber leer. Er wird nicht in uns beleuchtet, wird nicht gefühlt.

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Der Mensch, der sich in diesem Zustand befindet, kann nichts tun; er vergisst einfach alles, seine ganzen Gedanken, alle seine Erinnerungen wurden gelöscht, und er weiß nicht, wo er sich befindet. Was geschieht aber? Nach und nach beginnt er zu fühlen, dass das nicht sein Platz ist. Woher kommt in ihm dieses Empfindung? Sie kommt davon, dass der Mensch sich entwickelt. Bis er zu einem Zustand gelangt, an dem er versteht, dass er steigen muss, vergehen viele Wiedergeburten. Im Fortschreiten dieser Geburten beginnt er, sich zu entwickeln, und Fragen zu stellen: woher komme ich? Und dann fällt ihm plötzlich ein Buch in die Hände- ein Buch über die Kabbala. Er trifft einen Lehrer und findet eine Lerngruppe- all das wird als ein Mittel bezeichnet, um zum Ziel zu gelangen. Das läuft einher mit der Entwicklung des Menschen. In dem Moment, wenn der Mensch einen Wunsch nach etwas verspürt, „nach etwas" bedeutet, in den Zustand der Unendlichkeit zurückzukehren, zu seiner Wurzel (Schoresch) zurückzukehren, dorthin, woher er kommt, wenn in ihm ein solcher Wunsch entsteht, dann kommen zu ihm auch von außen drei Dinge, die Lehrer, Buch und Lerngruppe heißen. Ob der Mensch das will oder nicht will, richtet man das für ihn ein. Dann hat er einerseits sowohl den Willen (Razon), als auch andererseits das Mittel, wie dieser Wunsch erfüllt werden kann. Durch diese beiden findet er sich in einem Zustand wieder, der als die Wahl (Bchira) bezeichnet wird. Wenn der Mensch in dieser Situation ist- über einen Willen und über einen Weg, zusammengesetzt aus diesen drei Dingen, verfügt, dann heißt dieser Zustand Bchira (Wahl). Dann kann er seinen Aufstieg nach oben, zu seiner Wurzel, in den Zustand von Unendlichkeit beginnen.

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Wie kommt das zum Menschen? Wie Baal Sulam es sagt: dort beginnt man, mithilfe von Lehrer, Buch und Lerngruppe, ihm Gesetze und Verdikte zu lehren, d.h. was die Bedingung dafür ist, in der Welt Ejn Sof zu existieren, und was die Stufen sind, die er erklimmen muss, um in seinem Inneren Veränderungen zu erhalten, um zu diesem Zustand zurückzukehren. Dann beginnt er zu verstehen, was mit ihm geschah, als er aus der Welt der Unendlichkeit in diese Welt abstieg, welche Unkorrigiertheiten in seinem Inneren stattfanden, als er abstieg; und daraus beginnt er zu verstehen, welche Korrekturen er auszuführen hat, um aufzusteigen. Dieser Weg nach oben heißt Tikkunim (Korrekturen). Dann wird ihm also daraus klar, was er zu tun hat.

Während er das sodann lernt, erhält er von oben durch sein Studium das sogenannte Or Makif, das umgebende Licht, welches ihn korrigiert, und ihm Kräfte zum Aufstieg verleiht. Wie geschieht das? Baal Sulam erklärt das so: bevor der Mensch zu diesem Zustand gelangt, während er einfach in diesem Leben wiedergeboren wird, wie der ganze Rest der Menschen- wenn wir unsere ganze Aufmerksamkeit nur der Antwort auf eine einzige Frage schenken, bin ich sicher, dass diese Frage uns zum Ziel führen wird (aus dem Vorwort zu TES; Kapitel 2) Welche Frage? Diese Frage ist: „Was ist der Sinn unseres Lebens"?

Wofür leben wir? Was ist dieses Leben, welches wir leben, und nach dem wir sterben, um wieder hierher zurückzukehren; um wieder zu leben, und wieder zu sterben. Was tun wir letzten Endes? Was will man von uns? Und was wollen wir von uns selbst? Einfach zu leben, und zu warten, bis wir sterben, um dem ein Ende zu setzen?

Wem gebe ich, oder von wem nehme ich? Was tue ich, und was ist das Ergebnis des Lebens? Die Menschheit, sagt Baal Sulam, hat bereits im Laufe von Jahrtausenden und Jahrtausenden ihrer Existenz versucht, auf diese Fragen eine Antwort zu geben, und vermochte es nicht. Und wenn diese Frage uns, unsere Natur in einen erniedrigten Zustand versetzt, einen Zustand, der uns demütigt, weil es sich ja angeblich nicht für den Menschen gehört, welcher doch trotz alledem das intelligenteste, höchste, erhobenste Geschöpf der ganzen Wirklichkeit ist- existiert dieser Mensch etwa nicht für irgendein besonderes Ziel? Wir schauen auf unser Leben, auf die Betrachtungsstufe unter der Stufe des Menschen- auf die leblose, pflanzliche, tierische Natur, auch in unserem Körper- wir können aus unserer Kenntnis heraus, aus der Wissenschaft heraus sagen, dass jede Sache ein Ursache hat. Und jede Sache hat auch irgendein Ziel. D.h. sowohl der Beginn, als auch ihre Tätigkeit führen zu irgendeinem Ziel und Ende. Alles existiert für etwas. So weiß ich zum Beispiel, wozu jede einzelne Zelle in meinem Organismus existiert: es gibt ein Ziel, ein Programm; alles tickt in einer sehr exakten Weise. Wir wissen nur nicht, wozu wir existieren. Unter unserer Stufe sehen wir Ursache und Ziel einer jeden Sache. Über uns selbst wissen wir das aber nicht. Wir wissen nicht, was unser Ziel ist, die wir einfach sterben, verschwinden, und das ist alles. Jede Generation ist irgendeine Reihe von Menschen, die aufsteht, ein Stück läuft und verschwindet; dann erhebt sich eine neue Generation, läuft ein Stück und verschwindet.

Baal Sulam sagt also: letzten Endes versuchte die Menschheit im Laufe von Jahrtausenden, eine Antwort darauf zu geben, und hatte keinen Erfolg darin. Und trotz alledem bohrt diese Frage unseren Verstand, und gibt uns keine Ruhe. Und was können wir gegen diese Frage tun? Alles in allem ist die bekannte Antwort- aufhören, an sie zu denken, und im Strom des Lebens weiterzumachen, wie die ganze Menschheit- und daher entwickelte die Menschheit für sich selbst alle möglichen Schutzmechanismen gegen diese Frage; sie entdeckte für sich die Religion- alle möglichen Religionen; sie entdeckte für sich die Psychologie; sie begann, sich mit Geld, Ehre, mit Fortschritt aller Arten zu beschäftigen, mit der Verbesserung dieses Lebens, mit allen möglichen Sachen, nur damit dieses Leben von morgens bis abends erfüllt sein würde, und damit dem Menschen keine Ruhe gelassen wird, um über diese Frage nachzudenken. Wir sehen einen Paradox: heute kann der Mensch weniger arbeiten als früher. Früher mussten alle auf dem Land arbeiten, um für alle genug Lebensmittel zu besorgen. Jetzt hat man Gott sei dank die Technik, wir haben das Wissen, in der Landwirtschaft sowie in allem anderen; wir können genug Ernte erwirtschaften, um alle zu versorgen. Die Computer und die Technologie geben uns solche Möglichkeiten, dass es keinen Zweck hat, noch zu arbeiten! Jeder braucht nur zwei-drei Stunden zu arbeiten. Aber stattdessen arbeitet der Mensch mehr Stunden, als zuvor. Wenn man zuvor in der Produktion sechs- sieben, acht Stunden am Tag arbeitete, so erwartet man heute sogar in High Tech von uns, dass wir 10-13 Stunden arbeiten. Warum? Damit der Mensch nicht über diese Frage nachdenkt: wozu lebe ich? Man sollte sich nur vorstellen, was wäre, wenn jeder von uns noch weitere zehn Stunden am Tag frei hätte. Man kann verrückt werden! Denn dann weiß ich nicht, wozu ich nun lebe? So weiß ich: um zu arbeiten. D.h. wir füllen auf instinktive, innere Weise unser Leben aus.

Baal Sulam sagt nun, dass eine Situation kommt, wenn der Mensch nicht mehr davor fliehen kann, und vor der Wahl steht. Was heißt „vor der Wahl"? Im gleichen Vorwort zu TES, im Kapitel 4, sagt er: Der Schöpfer führt den Menschen zum guten Schicksal, und zwar dadurch, dass er ihm den Willen (Razon) gibt, zu wachsen, den Willen nach dem Spirituellen, nach der Welt der Unendlichkeit einerseits, und andererseits dadurch, dass Er ihm auch die drei Mittel gibt, den Lehrer, das Buch und die Gruppe: einen Leiter, richtige, wahre Bücher, und eine Lerngruppe, die sich damit beschäftigt, und die den Menschen unterstützen und ihm helfen kann. Dann muss der Mensch nur seinen Willen und seine Mittel kombinieren- so, dass wenn er seinen Willen richtig in Kombination mit Lehrer, Buch, und Lerngruppe betätigt, er auf sich das umgebende Licht von oben zieht, welches beginnt, ihn wachsen zu lassen und ihn diese Stufen (siehe Zeichnung) zum Ziel erklimmen lässt.

Darüber schreibt Baal Sulam im Kapitel 155 des Vorwortes zu TES. „Kabbalisten schrieben ihre Bücher", schreibt er, „für diejenigen, die sich noch nicht in der höheren Welt befinden" - und er selbst tat das insbesondere. Und in diesen Büchern geht es um die höhere Welt. Wozu? Was hilft es mir, wenn ich in meiner Welt, in einem Zustand, wenn ich nichts über die Welt der Unendlichkeit verstehe, von dem lese, was in der Welt der Unendlichkeit geschieht? Also sagt er, dass wir das brauchen, um aus dem Ort, an dem das Buch angesiedelt ist, höheres Licht anzuziehen. Denn ich befinde mich in meiner Wurzel in Ejn Sof. Ich bin dort geboren, ich stieg von dort in diese Welt hinab; wenn ich davon lese, wie ich oben, in meiner Wurzel verweile, dann ziehe ich von dort Energie an mich, ein spezifisches Licht, welches an mir arbeitet, und mich dorthin zurückbringt.

Denn wir sprachen bereits davon, dass nur das Licht ein Kli (Gefäß) erbaut, das Kli betritt, das Kli aus dem Empfangenden in ein Gebendes verwandelt... Das Licht macht alles. Deswegen müssen wir auch hier das Licht anziehen. Keine andere Tätigkeit im Leben eines Menschen wird ihm helfen- nur die, dieses umgebende Licht an uns heranzuziehen. Ihm wohnt die ganze Kraft inne, um uns zu korrigieren, um uns zurück in die Welt Ejn Sof zu erheben.

Es gibt nur eine Kraft, die etwas verändern kann: es ist die Kraft des Lichtes. Dadurch, dass wir uns sowohl im Willen zu steigen befinden, als auch die Mittel erhalten- Lehrer, Bücher, Lerngruppe, bekommen wir die Wahl, die Option, zu steigen: das umgebende Licht heranzuziehen und mit dessen Hilfe aufzusteigen.

Deswegen müssen wir uns in diesem Moment nur konzentrieren; im Voranschreiten dieses kleinen Kurses, angefangen von der nächsten Lektion, nicht einfach zu lernen, sondern wie folgt zu lernen: wir studieren von einem Buch, mithilfe eines Lehrers, und wir sind letzten Endes eine Lerngruppe aus Studenten in der ganzen Welt; wir müssen auch an die Tatsache denken, dass wir viele sind, und jeder von uns zur gleichen Wurzel, aus der wir hinabstiegen, zurückkehren möchte.

Deswegen sollten wir von nächster Lektion an vor dem Antritt des Studiums daran denken, dass wir studieren, um das Or Makif (Umgebendes Licht) an uns heranzuziehen. 

 

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