Kommen wir auf das zurück, was im Artikel 14 gesagt wurde. Im Buch „Sohar“ steht: „Wenn Israel würdig wird, dann wird Er wie ein Feuerlöwe hinabsteigen und die Opfer verschlingen, und wenn sie nicht würdig werden, so wird er wie ein Feuerhund hinabsteigen“. Daraufhin wurde die Frage gestellt: wie kann vom Himmel etwas Schlechtes hinabsteigen? Denn wir wissen, dass alles, was von oben hinabsteigt, zu unserem Nutzen ist. Und ein Feuerhund ist doch anscheinend etwas Negatives.
Erklären wir das mithilfe eines Gleichnisses. Ein Mensch hatte einen kranken Sohn. Also ging er zum Arzt, und dieser gab ihm ein Arzneimittel, doch es half seinem Sohn nicht. Danach empfahlen ihm seine Freunde, sich an einen sehr bekannten Arzt zu wenden, der allerdings sehr viel Geld für die Behandlung nahm, doch gleichzeitig ein sehr großer Spezialist war. Der Mann führte seinen Sohn zu diesem Arzt. Letzterer untersuchte ihn, stellte eine exakte Diagnose und sagte, dass es eine sehr gefährliche Krankheit sei, und bekam danach dafür die Bezahlung, die im Voraus vereinbart war.
Danach kam der Mann nach hause, rief nach seinen Freunden und sagte ihnen: „Ihr habt mir empfohlen, mich an diesen bekannten Arzt zu wenden und ihm eine riesige Summe zu zahlen. Und was tat dieser berühmte Arzt? Er sagte, dass mein Sohn an einer noch schlimmeren Krankheit erkrankt ist, als früher geglaubt wurde. Ich bin doch zum Arzt gegangen, damit er die Krankheit heilen würde, und nicht, damit er mit sagt, an welcher schlimmen Krankheit genau mein Sohn erkrankt ist“.
Darauf antworteten die Freunde, dass dieser Arzt eine richtige Diagnose stellte, und wir nun wissen, wie er zu heilen ist. Denn um die Krankheit zu heilen, bedarf es keinen großen Arzt. Weil es klar ist, welches Arzneimittel gegen welche Krankheit hilft. Das Wichtigste ist, zu wissen, an welcher Krankheit genau der Mensch erkrankt ist. Und folglich ist es besser, für die Feststellung einer richtigen Diagnose großes Geld an einen berühmten Arzt zu bezahlen, als sich an einen gewöhnlichen mittelmäßigen Heiler zu wenden.
Dementsprechend folgt, dass sogar das Bewusstsein für die Existenz eines Mangels bereits nützlich ist. Denn solange du nicht weißt, was genau zu korrigieren ist, wird es keine Korrektur geben. D.h. solange die Diagnose nicht bekannt ist, ist es unmöglich, die Krankheit zu heilen. Wenn daher der Feuerhund hinabsteigt (der Begriff „Hund“ verweist uns darauf, dass die „Unteren“ unter der Herrschaft der Selbstliebe sind, wie das Buch Sohar sagt: „Wau! Wau!“, wie ein Hund), dann ist das auch eine gute Erscheinung. D.h. nun wissen wir, was wir zu korrigieren haben- unsere Gefäße des Empfangens.
Dass von oben ein Feuerhund kam, dient ebenfalls zur Korrektur, und nicht zur Zerstörung. Daher gilt auch das als eine positive, und nicht als eine negative Erscheinung, da alles, was von oben herabgelassen wurde, den Bewohnern der unteren Welten zwar wie ein Mangel, wie etwas Schlechtes erscheinen kann, sie aber dennoch nach einiger Überlegung sehen können, dass all das zu ihrem Nutzen ist, dass es gegeben wurde, damit erkannt wird, was zu korrigieren ist.
Der Wunsch, etwas Materielles zu empfangen, ist lediglich ein kleiner Teil des gesamten Willens zu empfangen. Erst wenn der Mensch den Willen erwerben wird, Spirituelles zu empfangen, wird er über einen abgeschlossenen Willen zu empfangen verfügen. Wenn ich also folglich das Verlangen habe, Materielles zu empfangen, ist das gar nicht so schlimm. Wozu muss ich dann auch noch den Wunsch erwerben, Spirituelles zu empfangen? Denn dann wird es noch schlimmer sein.
Daher kann ich sagen, dass es schon besser ist, mit dem Willen zu verbleiben, Materielles als zu versuchen, den Willen nach dem Spirituellen zu erwerben und „schlechter“ zu sein. Wozu soll ich einen gefährlichen Bereich betreten, wenn ich nicht in der Lage sein werde, mich zu hüten, d.h. nicht in der Lage sein werde, den abgeschlossenen Willen zu empfangen zu korrigieren. Folglich ist es besser, mit dem Willen zu verbleiben, Materielles zu empfangen, d.h. dass alle meine Wünsche sich nur auf materielle Dinge beschränken würden, und es lohnt sich überhaupt nicht, das Spirituelle zu wollen.
Im „Vorwort zum Buch Sohar“ steht, dass man zunächst einen Willen zu empfangen erwerben soll, welcher grenzenlos zerstreut ist, mit seiner ganzen Verdorbenheit, und das kann man nur unter der Herrschaft der vier dunklen Welten ABJA tun (Azilut, Brija, Jezira, Assija de Tuma). Wenn wir aber nicht diesen Wunsch mit seiner ganzen Verdorbenheit haben, werden wir ihn nicht korrigieren können, da man nicht etwas korrigieren kann, was man nicht hat.
Daher haben wir keine andere Wahl, wir sind gezwungen, Handlungen auszuführen, die darauf ausgerichtet sind, den Willen, Spirituelles zu empfangen zu erwerben. Und das ist ebenfalls nicht einfach - den Willen, Spirituelles zu empfangen zu erwerben, denn auch das hängt vom Glauben ab.
Der Mensch muss zunächst daran glauben, dass Spirituelles existiert, und dass es wichtiger ist als alle materiellen Genüsse, und zwar muss er so weit daran glauben, dass er verstehen würde, dass man alle materiellen Genüsse für die Spirituellen vernachlässigen soll. Bei weitem kann nicht jeder das ohne große und Arbeit erreichen. Und dennoch bleibt der Mensch immer noch in einem unguten Zustand, d.h. er erwarb den Willen zu empfangen mit aller seiner Verdorbenheit (und das erforderte bereits großer Mühen).
Und das, wenn der Mensch aus dem Zustand Lo lischma (nicht um der Tora Willen, für sich) in den Zustand Lischma (um der Tora Willen) übergeht, d.h. zunächst muss der Mensch die Stufe von Lo Lischma erreichen, und danach kann er sich selbst korrigieren, um den Zustand von Lischma zu erreichen.
Denn es ist unmöglich, etwas mit einer Absicht zu tun, wenn es die Handlung selbst nicht gibt. Erst nachdem der Mensch bereits über die Handlung selbst verfügt, kann er sich bemühen, dass diese Handlung richtig ausgeführt werden würde, d.h. im Namen des Himmels (Lischma).
Dementsprechend folgt, dass im Allgemeinen vier Stufen in der spirituellen Arbeit eines Menschen existieren, in dem, was er erreichen muss, d.h. wofür er erschaffen wurde.
- empfängt um zu empfangen (mekabel bealmenat lekabel)
- gibt, um zu empfangen (maschpia bealmenat lekabel)
- gibt, um zu geben (maschpia bealmenat leaschpia)
- empfängt, um zu geben (mekabel bealmenat leaschpia)
Die erste Stufe ist „empfängt, um zu empfangen“, alle Geschöpfe kommen damit auf die Welt. Das bedeutet, dass alles, was sich hinter den Schranken der Selbstliebe befindet, dem Verständnis unzugänglich ist, d.h. es gibt keinerlei anderes Streben, etwas Gutes für jemand Anderes zu tun. Solche Geschöpfe stehen gemäß ihrer Natur in der Macht des Willens, nur für sich zu empfangen. Auf dieser Stufe befindet sich unsere ganze Welt.
Die zweite Stufe heißt „gibt, um zu empfangen“. Diese Stufe ist bereits höher als die Stufe, auf welcher sich die gesamte Welt befindet, deren Bewohner es gewohnt sind, Handlungen nur auszuführen um zu empfangen. Ein Mensch, der sich auf dieser Stufe befindet, kann bereits geben. Doch er muss für sich den Grund ausformulieren und erklären, warum er sich von der ganzen Welt unterscheiden möchte, d.h. Handlungen gegen seine Natur ausführen möchte.
Dann sagt er zu seinem Körper: „Wisse, dass ich dadurch, dass ich gebe einen noch größeren Genuss erhalten werde“. Und er gibt seinem Körper zu verstehen, dass es sich lohnt, sich damit zu befassen, dass es später auszahlen wird. Und wenn der Körper das glauben wird, wird er dem Menschen die Möglichkeit geben, in dieser Richtung zu handeln, doch nur in dem Umfang, wie der Körper daran glauben konnte, dass es sich für ihn auszahlen wird, d.h. dass er eine Bezahlung dafür bekommen wird, dass er nicht für den eigenen Verbrauch handeln wird, sondern geben wird. Und das heißt Lo Lischma, und davon sagten die Weisen, dass man aus dem Zustand heraus zum Zustand Lischma kommt (Psachim).
Der Übergang aus dem Zustand Lo lischma in den Zustand lischma gleicht einem Sprung von einem Sprungbrett, da Handlungen bei beiden dieser Zustände die gleichen sind. Der Unterschied besteht nur in der Absicht, das bedeutet, man muss nur daran denken, dass die Handlung, die vollbracht wird, tatsächlich ein Gebot des Schöpfers ist, dass Er uns befahl, die Gebote zu erfüllen, und wir sie erfüllen wollen, weil es für uns eine große Ehre ist, dass der Schöpfer uns zu erkennen gab, wie wir Ihm dienen können.
Und dann beginnt die Arbeit auf der Stufe von Birur (Aufklärung, Analyse), d.h. ob dieser Mensch tatsächlich so ist, dass seine ganze Absicht in der Throa und den Geboten nur darin besteht, zu geben, oder ob er noch irgendeine andere Berechnunghat, d.h. vielleicht erfüllt er Thora und die Gebote aus irgendwelchen egoistischen Absichten.
Und wenn der Mensch sieht, wie fern er noch davon ist, dass seine Handlungen tatsächlich im Namen des Himmels wären, dann braucht er einen Birur der Wahrheit. Denn es gibt viele Menschen, die diesen Birur der Wahrheit nicht haben, d.h. sie denken, dass sie tatsächlich Gebote im Namen des Himmels erfüllen, und wenn sie zwar vielleicht noch nicht die vollen 100% des Dienstes im Namen des Himmels erreicht haben, fühlen sie dennoch im Allgemeinen, dass all das für den Schöpfer ist, obwohl es noch etwas zu korrigieren gibt.
Doch in Wirklichkeit verfügen sie über keine wahre Empfindung, entweder aufgrund ihrer Natur, oder es gibt keinen guten Lehrer, der ihnen einen Weg zeigen würde, wie sie ihre Fähigkeiten und Errungenschaften nicht übertreiben. Denn Lischma heißt „Wahrheit“. Und Lo Lischma heißt „Lüge“. Es muss ein Zwischenglied zwischen der Wahrheit und der Lüge geben, welches zu einem Sprungbrett zwischen der Lüge und der Wahrheit werden könnte. Und dieses Zwischenglied ist die Lüge in der Wahrheit. Denn nur dann kann er in die tatsächliche Wahrheit „eintreten“, d.h. von der Wahrheit der Lüge zur Wahrheit der Wahrheit.
Und wenn ein Mensch nicht weiß, dass er den Weg der Lüge geht, wozu soll er dann seinen Weg ändern und anders gehen, denn er versteht nicht, dass er sich in der Lüge befindet. Nur wenn der Mensch versteht, dass er tatsächlich auf falschem Wege ist, nur dann kann er die Richtung ändern und den Weg des Wahrheit gehen. Und dementsprechend folgt, dass dieser Mensch bereits den Weg der Wahrheit geht, d.h. Lischma, ser ich aber erst in der Mitte des Weges befindet.
Sagen wir, ein Mensch will nach Jerusalem reisen, er setzt sich in einen Bus, auf dem es ein Schild gibt, dass er nach Jerusalem fährt, und obwohl er bereits 80% oder sogar 90% des Weges nach Jerusalem hinter sich hat, befindet er sich dennoch noch nicht in Jerusalem, und erst wenn er dort ankommen wird, wird man sagen können, dass er sich in Jerusalem befindet.
Gleiches in der Spiritualität - solange der Mensch nicht in Wirklichkeit in den Zustand Lischma, d.h. in den Zustand der Wahrheit übergeht, müssen wir sagen, dass er sich immer noch in der Lüge befindet, d.h. im Zustand Lo Lischma, obwohl dieser Mensch fast den ganzen Weg beschritten hat und vor den Toren steht, die „Wahrheit“ heißen, doch er befindet sich dennoch draußen.
Folglich kann ein Mensch nicht erfahren, dass er am Zustand von Lischma angekommen ist, solange er nicht dessen gewürdigt wurde, in ihn vollkommen einzutreten. Und wie kann der Mensch erfahren, dass er sich im Zustand von Lischma befindet? Welches ist das Merkmal dafür, dass er die Stufe der Wahrheit erklommen hat?
Eine Antwort darauf finden wir im Vorwort zur Lehre der Zehn Sfirot; dort steht, dass der Schöpfer bezeugen wird, dass dieser Mensch, der nun zurückgekehrt ist, keine Sünden mehr begehen wird. Und auf den ersten Blick ist das merkwürdig, wenn wer von uns kann in den Himmel aufsteigen, um dieses Zeugnis des Schöpfers zu hören? Und auch ist unverständlich, wem gegenüber der Schöpfer bezeugen wird? Reicht es etwa nicht aus, dass der Schöpfer Selbst weiß, dass dieser Mensch vom ganzen Herzen bereute und nicht wieder sündigen wird?
Die Antwort ist einfach: tatsächlich ist der Mensch sich nicht vollkommen dessen sicher, dass er nicht sündigen wird, wenn es sich noch immer im Zustand der Erkenntnis der Lenkung des Schöpfers in Form von Belohnung und StrafeOffenbarung des Antlitzes (Giluj Panim). Und dieser Zustand von Giluj Panim heißt vonseiten des Schöpfers „Zeugnis“. D.h. wenn der Mensch Giluj Panim befindet, d.h. im Zustand der (Offenbarung des Angesichts) des Schöpfers würdig wurde, hat er dadurch en Zeichen dessen erhalten, dass er sich in richtiger Richtung bewegt und nicht umdrehen wird.
Sobald folglich der Mensch an die Stufe des Willens zu geben herantritt, wird er der Offenbarung des Antlitzes des Schöpfers würdig, und das bedeutet, dass der Schöpfer ihm bezeugt, dass er die Stufe von Lischma erreicht hat.
Und das wird als die dritte Stufe bezeichnet, also „gibt um zu geben“. Dann gilt, dass der Mensch bereits im Zustand von Lischma angekommen ist, d.h. die Stufe der Wahrheit erreichte. Und das tat er mithilfe eines Sprungbrettes, d.h. aus dem Zustand von Lo Lischma gelangte er in den Zustand von Lischma.
Nachdem der Mensch die Stufe „geben um zu geben“ erreicht hat, kann er auf die vierte Stufe übergehen, also „empfangen um zu geben“. Und das ist die höchste, vollendete Stufe. Ein Mensch, der diese Stufe erreicht hat, kann sagen: „Ich will Vergnügen erhalten, weil ich weiß, dass ich damit dem Schöpfer Vergnügen bereite“. Der Schöpfer schuf das Geschöpf, weil er seinen Geschöpfen Genuss schenken wollte, darin bestand das Schöpfungsziel. Solch ein Mensch will Vergnügen und Heil vom Schöpfer in Empfang nehmen, weil so Sein Wunsch ist.
Überhaupt verfügt der Mensch wegen seines Egoismus über keinerlei Verlangen danach, und erst wenn der Mensch die Stufe von Ischtawut ha-Zura (Angleichung der Eigenschaften, Formen, qualitative Übereinstimmung) erreicht, welche als „gibt um zu geben“ bezeichnet wird, erst dann bekommt er ein Verlangen, den Wunsch des Schöpfers zu erfüllen, den Geschöpfen Genuss zu schenken.
Man muss anmerken, dass es zwei Begriffe gibt: das Schöpfungsziel und die Korrektur des Geschöpfes. Das Schöpfungsziel besteht darin, den Geschöpfen Genuss zu schenken, d.h. dass alle Geschöpfe Genuss und Heil empfangen würden. Je mehr also die Geschöpfe genießen, desto mehr „genießt“ der Schöpfer. Derjenige also, der die vierte Stufe, d.h. die Stufe der Vollendung, Perfektion erreicht hat, will stets so viel Vergnügen wie möglich bekommen, um damit dem Schöpfer mehr Vergnügen zu bereiten.
Derjenige aber, wer die Stufe „gibt um zu geben“ erreicht hat, d.h. die Stufe von Verschmelzung und von Ischtawut ha-Zura, hat lediglich eine Korrektur des Geschöpfes erwirkt. D.h. das Geschöpf muss zu einem Zustand gelangen, in dem es Genuss schöpft, und gleichzeitig auf der Stufe des Willens zu geben bleiben, d.h. nicht für sich empfangen. Und das heißt „empfangen um zu geben“.