Ich hörte am 2. Zwischentag von Sukkot, dem 12. Oktober 1938
„Die Überheblichkeit des Menschen wird ihn erniedrigen.“[1] Es ist bekannt, dass der Mensch in vollkommener Niedrigkeit erschaffen wurde. Wenn jedoch der Unwürdige seinen ihm zugehörigen Platz kennt, dann erleidet er wegen seiner Niedrigkeit keine Qualen, weil er ja dort hingehört. Ähnlich den Beinen, die keineswegs geringgeschätzt werden, weil sie etwa immer im Abfall wandern und gezwungen sind, die ganze schwere Last des Körpergewichts zu tragen, im Gegensatz zum Kopf, der immer Oben ist. Da sie ihren Platz kennen, fühlen die Beine keinerlei Erniedrigung und leiden nicht darunter, dass sie auf einer niedrigen Stufe stehen.
Wenn sie aber Oben sein wollten, jedoch gezwungen wären, unten zu sein, dann würden sie Leid empfinden. Und das ist die Bedeutung des Verses: „Die Überheblichkeit des Menschen wird ihn erniedrigen.“ Das heißt, wenn der Mensch in seiner Unwürdigkeit verbleiben wollte, dann würde er keinerlei Unwürdigkeit und Erniedrigung spüren, das heißt keinerlei Leiden, weil „der Mensch als wilder Esel geboren wird“. Weil sie aber überheblich sein wollen, fühlen sie die Erniedrigung und leiden.
Und die Leiden und die Niedrigkeit gehen Hand in Hand, das heißt, wenn der Mensch keine Leiden hat, dann hat er auch kein Gefühl der Niedrigkeit. Es ist genau gemäß seinem Maß an Überheblichkeit, die er hat oder die er besitzen will, aber nicht hat. So fühlt er die Niedrigkeit. Und diese Niedrigkeit wird später zu einem Kli für den Stolz, wie geschrieben steht: „Der Schöpfer ist König, in Stolz kleidet er sich.“ Wenn man dem Schöpfer anhaftet, hat man Kleider aus Stolz, wie geschrieben steht: „Der Stolz und die Größe sind des Schöpfers“, diejenigen, die dem Schöpfer anhaften, haben also Stolz und Größe. Und entsprechend dazu, wie der Mensch das Ausmaß seiner Niedrigkeit spürt, und gemäß den ihn plagenden Leiden wird er auch der Kleidung des Schöpfers würdig.